Staub ließ Betelgeuse kurzzeitig dunkler werden
von
Stefan Deiters astronews.com
17. Juni 2021
Vor eineinhalb Jahren sorgte Betelgeuse für Aufregung in der
Astronomieszene: Der Riesenstern erschien einige Monate lang
deutlich dunkler als gewohnt. Seitdem rätselt man über die genauen Ursachen.
Beobachtungen mit dem Very Large Telescope bestätigten nun eine
Vermutung: Grund war offenbar eine gewaltige Staubwolke.
Die Oberfläche des Riesensterns Betelgeuse, aufgenommen mit
dem Instrument SPHERE am Very Large Telescope. Die Bilder im
Januar (links) und März 2020.
Bild: ESO / M. Montargès et al. [Weitere
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Sogar mit dem bloßem Auge konnten erfahrene Beobachter in den ersten
Monaten des Jahres 2020 erkennen, dass mit dem Stern Betelgeuse im Sternbild
Orion irgendetwas nicht stimmte: Der prominente Schulterstern des
Himmelsjägers war deutlich dunkler, als man dies eigentlich gewohnt war.
Manche spekulierten gar, dass die Verdunkelung ein Hinweis auf eine
bevorstehende Explosion des Sterns sein könnte. Zwar wird Betelgeuse sein Leben
tatsächlich in einer Supernova-Explosion beenden, die plötzliche Verdunklung
aber, da waren sich praktisch alle Experten einig, war kein Hinweis auf eine
bevorstehende Explosion. Wieso sich der Stern, der mit einer Entfernung von etwa
725 Lichtjahren unserem Sonnensystem relativ nahe ist, aber verdunkelte, blieb
unklar.
Miguel Montargès vom Laboratoire d’Etudes Spatiales et d’Instrumentation en
Astrophysique des Observatoriums in Paris und sein Team haben sich Betelgeuse
Ende 2019 mit dem Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte
angesehen, um mehr über die Ursache der Verdunklung herauszufinden. Dabei
stellten die Forschenden zunächst fest, dass die Oberfläche des Sterns -
insbesondere in ihren südlichen Regionen - dunkler erschien als auf früheren
Aufnahmen. Eine sichere Ursache ließ sich durch den Vergleich der Bilder
aber nicht ausmachen.
Montargès und sein Team haben daher Betelgeuse in den ersten Monaten des Jahres 2020
noch mehrfach ins Visier genommen: "Erstmalig konnten wir dabei zuschauen, wie
sich das Erscheinungsbild eines Sterns in einem Zeitraum von nur Wochen
veränderte", so der Astronom. Eine detaillierte Auswertung der Beobachtungen mit
dem Instrument SPHERE (für Spectro-Polarimetric High-contrast Exoplanet
REsearch) am Very Large Telescope und von Daten des Instruments
GRAVITY am Very Large Telescope Interferometer lieferte dann auch die
Ursache für die Verdunklung: eine Staubwolke, die sich wegen eines
Temperaturabfalls auf der Oberfläche Betelgeuses gebildet hatte.
Betelgeuse ist wie alle Riesensterne auf der Oberfläche äußert aktiv und gibt auch
regelmäßig Material ins All ab. Genau dies muss kurz vor der Verdunklung des
Sterns passiert sein. Kurze Zeit später kühlte die Oberfläche des Sterns in
einem Bereich etwas ab, wodurch sich die Temperatur des ausgestoßenen Gases so
weit reduzierte, dass sich darin Staubkörner bilden konnten.
"Wir haben hier die Bildung von sogenanntem Sternenstaub direkt beobachtet",
sagt Montargès, der mit der Studie seines Teams gleichzeitig den Nachweis
lieferte, dass sich Staub sehr schnell und nahe an der Oberfläche eines Sterns
bilden kann. "Der Staub, der von kühlen, entwickelten Sternen ausgestoßen wird,
wie der Auswurf, den wir gerade beobachtet haben, könnte später zu den
Bausteinen von terrestrischen Planeten und Leben werden", ergänzt Emily Cannon
von der Katholieke Universiteit Leuven, die ebenfalls an der Studie beteiligt
war.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der jetzt in der
Zeitschrift Nature erschienen ist.
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