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LICHTVERSCHMUTZUNG
Die Folgen von Kunstlicht für Algen im Meer
Redaktion / Pressemitteilung der Klaus Tschira Stiftung gGmbH
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26. April 2024

Die Lichtverschmutzung gilt längst schon nicht mehr als alleiniges Problem von Sternfreunden: Künstliches Licht kann auch das Verhalten der unterschiedlichsten Lebewesen beeinflussen. Im Rahmen des Studierendenprojekts GAME wird nun der Einfluss von Kunstlicht auf Algen untersucht. Die Beeinflussung anderer Meerestiere wurde bereits belegt.

Alge

Solche Algen nehmen die Studierenden im Projekt GAME des Geomar unter die Lupe. Bild: Mark Lenz / Geomar  [Großansicht]

Dass der Einfall von nächtlichem Kunstlicht Meerestiere beeinflusst, ist mittlerweile wissenschaftlich belegt. Zu diesem Erkenntnisgewinn trug unter anderem das Ausbildungsprogramm "Globaler Ansatz durch Modulare Experimente" (GAME) des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung bei. Doch können auch Meerespflanzen wie Großalgen betroffen sein? Beeinflussen ihre Reaktionen wiederum andere Lebewesen, die von ihnen abhängen? Wie weit können sich die Effekte im Nahrungsnetz fortpflanzen? Sind bestimmte Folgen auch für uns Menschen spürbar?

Die Teilnehmenden des diesjährigen GAME-Programms zählen zu den ersten Forschenden, die sich diesen Fragestellungen widmen. Dafür sind 16 Studierende in Zweierteams von April bis Oktober 2024 in Cabo Verde, Finnland, Japan, Kroatien, Malaysia, Portugal, Spanien und Wales im Einsatz. Entsprechend des speziellen Ansatzes von GAME vollziehen die Studierenden an ihren Einsatzorten einheitliche Experimente, um am Ende auch vergleichbare Daten zu gewinnen. In diesem Jahr setzen sie verschiedene Algenarten im Labor für mehrere Wochen teils dem natürlichen Wechsel von Tag und Nacht und teils nächtlichem Kunstlicht aus. Dabei sind einige der Algen ungestört in ihren Behältnissen, in anderen befinden sich zusätzlich Weidegänger wie Schnecken oder Seeigel. Anschließend soll in einem Fraßversuch getestet werden, ob die vorher beweideten Algen eine chemische Verteidigung gegen Fraß aufgebaut haben und ob diese Fähigkeit eventuell durch das nächtliche Kunstlicht beeinträchtigt wurde.

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"Von Landpflanzen ist bereits bekannt, dass nächtliches Kunstlicht sie beeinträchtigen kann. In den flachen Küstenmeeren übernehmen mehrzellige Algen, deren größte Vertreter ganze Unterwasserwälder bilden können, ähnliche Funktionen wie die höheren Pflanzen an Land. Bislang gibt es aber noch keine Untersuchungen dazu, wie sich nächtliches Kunstlicht, das an vielen Küsten der Welt weit verbreitet ist, auf diese Organismen auswirkt", erklärt Projektleiter Mark Lenz. "Denkbar wäre beispielsweise, dass das Fehlen von Dunkelheit in der Nacht den täglichen Wechsel von Photosynthese und Atmung stört oder andere physiologische Prozesse, die an den Wechsel von Tag und Nacht gekoppelt sind, beeinträchtigt. Das könnte zur Folge haben, dass die Algen eine geringere Photosyntheseleistung erzielen, weniger wachsen oder möglicherweise schlechter gegen Fraßfeinde verteidigt sind."

Die drei vorangegangenen GAME-Projekte untersuchten verschiedene Auswirkungen von nächtlichem Kunstlicht auf das Verhalten von Lebewesen am Meeresboden. Die Serie begann 2021 mit der Frage, ob der Lichteinfall die Aktivitätsmuster und Fraßraten mariner Weidegänger wie Schnecken und Seeigel beeinflusst. 2022 untersuchten Studierende, ob sich die Filtrationsleistung und die Aktivität von Muscheln unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht ändert. Der GAME-Jahrgang 2023 nahm das Siedlungsverhalten von Larven mariner Wirbelloser wie Nesseltiere, Muscheln, Manteltiere und Seepocken in den Blick. Seit 2021 GAME wird hauptsächlich von der Klaus Tschira Stiftung ermöglicht.

"Unsere bisherigen Untersuchungen zeigten teilweise deutliche Einflüsse des nächtlichen Kunstlichts. Diese waren jedoch nicht an allen Standorten gleich, sondern variierten zwischen den Untersuchungssystemen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Meeresorganismen auf verschiedenen geographischen Breiten unterschiedlich starke Veränderungen der Lichtverfügbarkeit im Jahreslauf erleben und daher auch unterschiedlich auf Veränderungen in der täglichen Lichtverfügbarkeit reagieren", fasst Lenz zusammen. "Beobachten konnten wir unter anderem eine Zunahme der Fraßraten bei Seeigeln oder eine Abnahme in der Fähigkeit Haftfäden zu produzieren bei Miesmuscheln. Außerdem setzten sich an einigen Standorten unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht die Larven bestimmter Arten bei der Besiedelung durch, was wiederum die Diversität der untersuchten Systeme reduzierte."

Derartige Reaktionen haben das Potenzial, sich auf höheren Organisationsebenen fortzupflanzen und können auch Folgen für die Funktionsweise ganzer Ökosysteme haben, die letztlich auch wir Menschen zu spüren bekommen würden. Sollten Makroalgen unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht beispielsweise weniger gut gegen Fraß verteidigt sein, könnten Algenbestände, die unter anderem Wasserbewegungen abbremsen und vielen anderen Meerestieren als Lebensraum dienen, langfristig abnehmen. Neben dem wissenschaftlichen Fortschritt fördert GAME auch die persönliche Entwicklung der Teilnehmenden. Schon während ihres Masterstudiums lernen sie, Experimente zu organisieren, Daten auszuwerten, zu interpretieren und darauf aufbauend eine wissenschaftliche Veröffentlichung zu verfassen. Durch den Einsatz im Ausland und den engen Austausch in der Gruppe eigenen sie sich wichtige interkulturelle Kompetenzen an und knüpfen erste internationale Kontakte. Seit dem Start von GAME im Jahr 2002 nahmen 286 Studierende aus 31 Ländern an 40 Partnerinstituten weltweit an dem Programm teil. Bewerbungen für GAME 2025 sind ab jetzt möglich.

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Links im WWW
GAME - Globaler Ansatz durch Modulare Experimente (geomar.de)
Klaus Tschira Stiftung
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