Grünes Licht von der ESA für LISA-Mission
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik
(Albert-Einstein-Institut) astronews.com
2. Februar 2024
LISA hat eine weitere wichtige Hürde genommen: Nach
ausführlicher Prüfung des Konzepts für einen Gravitationswellendetektor im All
durch Fachleute der europäischen Weltraumorganisation ESA, bestätigte deren
Science Programme Committee, dass die Entwicklung der Mission wie geplant
fortgesetzt werden kann. LISA soll Mitte der 2030er Jahre starten.
Künstlerische Darstellung der
LISA-Satelliten im Sonnensystem bei der
Beobachtung von Gravitationswellen aus einer
fernen Galaxie.
Bild: University of Florida / Simon Barke
(CC
BY 4.0) [Großansicht] |
"Mit der Entscheidung zur 'Adoption', zur Annahme als Mission, ist LISA nun
fest im Missionsprogramm der ESA verankert. Wir freuen uns darauf, LISA in enger
Zusammenarbeit mit der ESA, der NASA, den ESA-Mitgliedsstaaten und dem
erweiterten LISA-Konsortium zu verwirklichen", sagt Karsten Danzmann, Leiter des
LISA-Konsortiums, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik
(Albert-Einstein-Institut) Hannover und Direktor des Instituts für
Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover.
"Diese bahnbrechende Mission wird uns in einem wirklich spannenden Bereich
der Weltraumforschung auf die nächste Stufe heben und die europäischen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Spitzenposition der
Gravitationswellenforschung halten", ergänzt ESA-Wissenschaftsdirektorin Carole
Mundell. "Die Stärke, die Anzahl und die Art der Signale in den LISA-Daten
unterscheiden sich erheblich von denen der Detektoren auf der Erde",
unterstreicht Alessandra Buonanno, Mitglied des LISA-Konsortium-Boards. "Dank
der herausragenden Empfindlichkeit von LISA werden wir die gemessenen
Gravitationswellen mit außerordentlicher Präzision untersuchen können. Wir haben
jetzt ein Jahrzehnt Zeit, um sicherzustellen, dass alle 'Werkzeugkästen' für
eine möglichst ertragreiche wissenschaftliche Nutzung von LISA bereit sind."
Buonanno ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik
(Albert-Einstein-Institut) in Potsdam und Professorin an der University of
Maryland, College Park.
"Die Annahme der Mission durch die ESA ist in vielerlei Hinsicht ein neuer
Anfang. Jetzt ist es Zeit, all unsere großartigen Ideen, Prototypen und Modelle
zu echter Flughardware zu machen, die nicht nur einzeln, sondern gemeinsam als
großes Instrument auf drei Satelliten, die 2,5 Millionen Kilometer voneinander
entfernt sind, funktionieren", kommentiert Guido Müller den Erfolg. Müller ist "Principal
Investigator" des interferometrischen Messsystem (Interferometric Detection
System) von LISA, dem größten und komplexesten Nutzlastsystem der Mission,
Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik
(Albert-Einstein-Institut) in Hannover und Professor an der University of
Florida.
Die erfolgreiche Überprüfung der Annahme der Mission ("Mission Adoption
Review") von LISA und die Verabschiedung durch das Wissenschaftsprogrammkomitee
(Science Programme Committee) der ESA am 25. Januar stellen das offizielle Ende
der Studienphase dar. LISA wird nun in die Umsetzungsphase übergehen, in der die
nächsten wichtigen Meilensteine die Auswahl eines industriellen
Hauptauftragnehmers, die vorläufige Entwurfsprüfung ("Preliminary Design
Review") und die kritische Entwurfsprüfung ("Crititcal Design Review") sind.
Während der Studienphase konzentrierte sich das LISA-Team auf die Entwicklung
der Missionsanforderungen und der Schlüsseltechnologien bis zum erforderlichen
Technologie-Reifegrad. Alle Missionspartner und Auftragnehmer einigten sich auf
eine Reihe von Schlüsselschnittstellen und Leistungsanforderungen, die als
Grundlage für Verträge in der Implementierungsphase dienen werden. Die ESA und
ihre Missionspartner legten auch ihre künftige Zusammenarbeit in internationalen
Vereinbarungen fest, die beispielsweise die Bereitstellung von Hardware, die
Verantwortlichkeiten für die wissenschaftlichen Ergebnisse der Mission und die
Auswertung der Daten betreffen.
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Studienphase und der Überprüfung der
Missionsannahme wurde die Mission zusammen mit ihrem rechtlichen Rahmen von den
Beratungsgremien der ESA zur Annahme empfohlen. In seiner Sitzung am 25. Januar
hat der Ausschuss für das Wissenschaftsprogramm der ESA (SPC) nun die Annahme
von LISA genehmigt.
LISA, die Laser Interferometer Space Antenna, wird
Gravitationswellen im noch unerforschten Fenster zwischen 0,1 mHz und 1 Hz
aufspüren, bei Frequenzen, die Detektoren auf der Erde nicht beobachten können.
Wellen in diesem Frequenzbereich entstehen bei der Kollision und Verschmelzung
zweier massereicher Schwarzer Löcher, die mit Massen von mindestens einer
Million Sonnen in den Zentren ferner junger Galaxien lauern. LISA wird diese
Verschmelzungen in der gesamten Geschichte des Universums nachweisen und so den
noch unbekannten Ursprung und das Wachstum massereicher Schwarzer Löcher direkt
untersuchen. Einzigartig an LISA ist der Nachweis von Gravitationswellen, die
von stellaren Schwarzen Löchern stammen, die um massereiche Schwarze Löcher in
Galaxienkernen kreisen. Mit diesen Signalen lässt sich die Geometrie der
Raumzeit untersuchen und das Wesen der Gravitation testen.
LISA wird nicht nur eine große Anzahl von Doppel- und Mehrfachsystemen
kompakter Objekte in unserer Milchstraße aufspüren, die uns Aufschluss über die
Entwicklung von Doppelsternen geben, sondern auch die Galaxie jenseits des
galaktischen Zentrums "sehen". Dazu gehören viele Objekte, die für alle anderen
astronomischen Instrumente unsichtbar sind.
Da LISA nur die Schwerkraft als Signalquelle nutzt, wird die Mission unser
Wissen über den Beginn, die Entwicklung und die Struktur unseres Universums
vervollständigen. Die Untersuchung von Gravitationswellen bietet darüber hinaus
enormes Potenzial, bislang unzugängliche Teile des Universums zu entdecken; dazu
zählen unter anderem das Echo des Urknalls, also Kräuselungen der Raumzeit, die
durch Störungen des Plasmas kurz nach dem Urknall entstanden, und andere, noch
unbekannte Phänomene. Gemeinsam mit anderen astronomischen Methoden und
Gravitationswellen-Observatorien auf der Erde werden die LISA-Forschenden zu den
nächsten großen Entdeckungen beitragen, um Fragen wie "Was sind die
fundamentalen Gesetze des Universums?" und "Wie ist das Universum entstanden und
woraus besteht es?" zu beantworten.
Der LISA-Detektor ist das erste Gravitationswellen-Observatorium seiner Art
im All. Es besteht aus drei Satelliten in einer dreieckigen Konfiguration mit
2,5 Millionen Kilometern langen Armen, die sich auf einer erdähnlichen
Umlaufbahn um die Sonne bewegen. Gravitationswellen von Quellen im gesamten
Universum werden winzige Änderungen der Armlängen (kleiner als der Durchmesser
eines Atoms) hervorrufen. LISA wird diese Bewegungen messen und so
Gravitationswellen beobachten, indem es mithilfe von Laserlicht die Bewegungen
von Testmassen überwacht, die im Inneren der Satelliten frei fallen. Die
LISA-Satelliten werden von der ESA, ESA-Mitgliedsstaaten und der NASA gebaut.
Die LISA zugrundeliegende Messtechnik wurde zuvor mit dem LISA Pathfinder
(LPF) der ESA unter Beteiligung der NASA erfolgreich im Weltraum getestet. LPF
hat gezeigt, dass es möglich ist, Testmassen in einem nahezu perfekt ruhigen
freien Fall zu platzieren, und die Anforderungen der für LISA benötigten
hochpräzisen Messtechnik zu erfüllen. Das LISA-Konsortium ist eine große
internationale Kollaboration, die die Ressourcen und das Fachwissen von
Forschenden aus vielen Ländern der Welt vereint.
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