Noch besser als gedacht
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
12. Februar 2018
Mit der ESA-Mission LISA Pathfinder sollten Technologien
getestet werden, ohne die LISA, das geplante Gravitationswellenobservatorium im All, nicht möglich wäre. Bereits die ersten Daten hatten darauf hingedeutet,
dass die Mission die Erwartungen deutlich übertrifft. Nun wurden die finalen
Auswertungen vorgestellt - und die Ergebnisse sind noch besser.
LISA Pathfinder hat die Schlüsselelemente
eines Gravitationswellen-Observatoriums im
Weltraum getestet.
Bild: ESA–C.Carreau[Großansicht] |
Das Team der Sonde LISA Pathfinder hat in der vergangenen Woche die
endgültigen Ergebnisse der Mission veröffentlicht. Die ersten Resultate
von Mitte 2016 wurden dabei signifikant verbessert; zum Einsatz kamen neue
Daten, die vor dem Ende der Mission gewonnen wurden. LISA Pathfinder
hat nun die Anforderungen an Schlüsseltechnologien von LISA, dem zukünftigen
Gravitationswellen-Observatorium im All, um mehr als einen Faktor zwei im
gesamten Beobachtungsband übertroffen. LISA soll im Jahr 2034 als ESA-Mission
ins All starten und wird mit der Messung niederfrequenter Gravitationswellen von
verschmelzenden extrem massereichen Schwarzen Löchern aus dem gesamten Universum
und zehntausenden Doppelsternen in unserer Galaxie "lauschen".
"LISA Pathfinder hat die Schlüsseltechnologien für LISA, das zukünftige
Gravitationswellen-Observatorium im All, wundervoll gezeigt: der perfekte
ungestörte freie Fall zweier würfelförmiger Testmassen im Herzen des
Satelliten", sagt Prof. Karsten Danzmann, Direktor am Max-Planck-Institut für
Gravitationsphysik in Hannover und Direktor des Instituts für Gravitationsphysik
der Leibniz Universität Hannover, der außerdem Co-Principal Investigator des
LISA Technology Package ist. "Die Ergebnisse der ersten Missionswochen
haben uns schon total überwältigt, aber die Endergebnisse mit mehr und besseren
Daten und einem tieferen Verständnis unseres Weltraumlabors LPF sind ein
wirklich grandioser Anblick." Während die ersten LPF-Ergebnisse bereits die
LISA-Anforderungen bei hohen Frequenzen (über 0,01 Hertz) übertrafen, zeigt die
neue Veröffentlichung, dass die Anforderungen um mehr als einen Faktor zwei bis
hinunter zu 0,00002 Hertz – im gesamten LISA-Messband – übertroffen werden.
Eine Kombination von mehreren Effekten erlaubte den beteiligten
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die ersten Ergebnisse zu verbessern,
die verbleibenden Störquellen zu reduzieren und eine noch ruhigere Umgebung für
die zwei würfelförmigen Gold-Platin-Testmassen zu erstellen: Nach mehreren
Monaten des Belüftens der Testmassen-Vakuumkammern zum All fiel ihr
Restgasdruck, der bisher die Messungen begrenzte, um einen Faktor 10.
Zudem führte die Verfügbarkeit von mehr Daten zu einem besseren Verständnis
der kleinen Scheinkraft, die auf die Würfel wirkte und die von der Bahn des
Satelliten und seiner Ausrichtung im All verursacht wurde. Eine verbesserte
Steuerung in den künftigen LISA-Satelliten wird diesen Effekt weiter reduzieren.
Eine genauere Berechnung der elektrostatischen Kräfte der elektrischen Systeme
und magnetischen Felder an Bord des Satelliten eliminierte außerdem eine
systematische Quelle von niederfrequentem Rauschen und die Datenanalyse erlaubte
es, die Auswirkungen zusätzlicher sporadischer Ereignisse (sogenannter "glitches")
zu entfernen, um das Hintergrundrauschen bei noch niedrigeren Frequenzen als
erwartet zu vermessen.
Diese Demonstration von nahezu perfektem Freifall von zwei Testmassen über
ein breites Frequenzband ist ein entscheidender Meilenstein für die
LISA-Mission. Außerdem arbeitete das Laserinterferometer von LISA Pathfinder
– das erste jemals im All – mehr als 100-mal besser als die Anforderungen und
30-mal besser als jemals zuvor in irdischen Labors. Es ermöglichte die
detaillierte Untersuchung von winzigen unterschwelligen Rauschquellen und
Artefakten und half so in Vorbereitung auf LISA weitere Erfahrung zu sammeln und
Vertrauen zu gewinnen. Dieses optische Präzisionsmesssystem wurde unter
Federführung und mit maßgeblicher Beteiligung von Forschenden des
Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik und von der Leibniz Universität in
Hannover entwickelt und gebaut.
LISA soll 2034 als Mission der europäischen Weltraumagentur ESA ins All
starten. Unterstützt wird die Mission von vielen ESA-Mitgliedsstaaten, der NASA
und zahlreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in einer engen
transatlantischen Zusammenarbeit. LISA wird aus drei Satelliten bestehen, die
mit Lasern ein gleichseitiges Dreieck mit ca. 2,5 Millionen Kilometern
Kantenlänge aufspannen. Durch diesen Formationsflug im All laufende
Gravitationswellen verändern diese Abstände um ein Billionstel Meter.
LISA wird niederfrequente Gravitationswellen mit Schwingungsperioden von 10
Sekunden bis zu mehr als einem halben Tag messen, die mit Detektoren auf der
Erde nicht beobachtet werden können. Solche Gravitationswellen stammen
beispielsweise von extrem massereichen Schwarzen Löchern, millionenfach schwerer
als unsere Sonne, die im Zentrum von Galaxien verschmelzen, den Bahnbewegungen
zehntausender Doppelsternsysteme unserer Galaxie und möglicherweise von
exotischen Quellen wie kosmischen Strings.
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