Erste Bilder zeigen Leistungsfähigkeit des neuen Teleskops
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
7. November 2023
Die europäische Weltraumorganisation ESA hat heute die
ersten Bilder ihres neuen Weltraumteleskops Euclid vorgestellt. Sie
unterstreichen eindrucksvoll, dass das im Sommer gestartete Teleskop bereit für
seine eigentliche wissenschaftliche Aufgaben ist, die Erforschung der Dunklen
Materie und Dunklen Energie. Doch nicht nur die Kosmologie ist von den Bildern
begeistert.
Galaxien des Perseushaufens sind in der
Mitte des Bildes sichtbar und erscheinen als große Galaxien
mit Halos um sie herum in Gelb und Weiß. Der Hintergrund
dieses Bildes ist mit hunderttausend weiter entfernten
Galaxien gefüllt, deren Farbe von weiß über gelb bis rot (für
die am weitesten entfernten Objekte) reicht.
Bild:
ESA / Euclid / Euclid Consortium / NASA, Bildverarbeitung von
J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO [Großansicht] |
Die ersten Bilder des europäischen Weltraumteleskops Euclid geben
Einblick in nahegelegenen Regionen unseres Universums. Nie zuvor hat ein
Weltraumteleskop mit Einzelaufnahmen solch große Abschnitte des Himmels mit
einer derartigen Bildschärfe abbilden können. "Die ersten Bilder übertreffen
unsere Erwartungen – und das ist erst der Anfang", erklärt Dr. Alessandra Roy,
Euclid-Projektleiterin in der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR). Denn damit hat Euclid bewiesen, dass Sonde,
Teleskop und wissenschaftliche Instrumente für die eigentliche Mission bereit
sind: die Erforschung der Dunklen Materie und Dunklen Energie im Weltall.
Die Erwartungen an Euclid sind groß: In nur sechs Jahren soll die
Sonde der europäischen Weltraumorganisation ESA mehr als ein Drittel des Himmels
durchmustern und dabei eine dreidimensionale Karte von der Verteilung der
Galaxien im Universum erstellen, die sich über zehn Milliarden Lichtjahre
erstreckt. Diese Verteilung ähnelt einem gigantischen kosmischen Netz, in dem
Galaxienhaufen durch die Schwerkraft wie an Fäden miteinander verbunden zu sein
scheinen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden Teleskop und Instrumente vor allem
darauf ausgerichtet, einen möglichst großen Himmelsabschnitt pro Aufnahme
erfassen zu können. "Das Auflösungsvermögen von Euclid ist geringer als
das des Hubble Space Telescope", erläutert Roy. "Stattdessen ist die
die Sonde darauf spezialisiert, Himmelsbereiche zu beobachten, die mehr als
hundert Mal größer sind als das, was die Infrarotkamera des James-Webb-Teleskops
leisten kann."
Anhand der Aufnahmen wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die
bislang unbekannte Natur der Dunklen Materie und Dunklen Energie erforschen. Mit
rund 95 Prozent bilden diese beiden Komponenten den Hauptbestandteil des
Universums. Die Euclid-Daten sollen die Eigenschaften dieser Bestandteile genau
bestimmen, um die derzeitig anerkannte kosmologische Theorie zu verfeinern und
gegebenenfalls Abweichungen innerhalb der Allgemeinen Relativitätstheorie zu
erkennen.
Eines der fünf ersten Bilder von Euclid, die heute vorgestellt
wurden, ist eine Aufnahme des Perseus-Galaxienhaufens. Diese Struktur ist eines
der massereichsten Objekte im Universum. Röntgenbeobachtungen haben dort das
Vorhandensein von Dunkler Materie bereits nachgewiesen. Der Haufen enthält eine
riesige Anzahl von Galaxien, die in eine enorme Wolke überhitzten Gases
eingebettet sind. Euclid hat in der Aufnahme mehr als 50.000 Galaxien
abgebildet, von denen einige noch nie zuvor auf Bildern zu sehen waren.
Die Mission wird vor allem die Form der Hintergrundgalaxien erfassen. Anhand
von Verzerrung innerhalb dieser Form können Astronominnen und Astronomen die
Menge an Dunkler Materie messen, die sich zwischen den Galaxien und dem
Sonnensystem befindet. Die Verzerrung der Form der Hintergrundgalaxien ist ein
bekannter Effekt. Er wird durch den Einfluss massereicher Objekte verursacht,
die wie Glaslinsen wirken, die sich zwischen den Galaxien und dem Beobachter
befinden. Dieses Phänomen wird durch die Allgemeine Relativitätstheorie erklärt
und ist als schwacher Gravitationslinseneffekt bekannt. Die Mission wird sich
dieses Phänomen zunutze machen und im Rahmen seiner gesamten Durchmusterung die
Verzerrung der Formen von Milliarden von Galaxien messen. Darüber hinaus wird
Euclid die räumliche Verteilung dieser Galaxien untersuchen und
erforschen, wie sie sich in den letzten zehn Milliarden Jahren verändert haben.
Auf diese Weise wollen die Forschenden herausfinden, wie die Dunkle Energie die
Expansion des Universums beeinflusst hat.
Eine Aufnahme der sogenannten "versteckten Galaxie" IC 342 demonstrierte
zudem die Leistungsfähigkeit des Nahinfrarot-Spektrometer und Photometer (NISP)
von Euclid in Kombination mit dem Visible Instrument (VIS). Der Name
der Galaxie rührt daher, dass sie sich hinter der Scheibe der Milchstraße
befindet und daher im optischen Bereich des Lichts durch das Gas und den Staub
in unserer eigenen Galaxie verdeckt wird. Das Infrarot-Licht kann diese
kosmischen Wolken jedoch durchdringen.
Die Euclid-Aufnahme zeigt viele Details der einzelnen Sterne und Sternhaufen
in der Galaxie. "Obwohl die Kosmologie das Hauptziel dieser Mission ist, werden
Euclid-Daten wertvolle Informationen über die Physik von Sternen und Galaxien,
einschließlich der Milchstraße, enthalten", so Roy. Geplant ist zudem die
Untersuchung des Pferdekopfnebels, der Teil einer nahegelegenen gewaltigen
Sternentstehungsregion im Sternbild Orion ist. Hier könnte Euclid neue
Gasriesenplaneten wie Jupiter sowie Sterne in ihren Anfangsphasen entdecken. Das
Bild von IC 342 ist heute als unser
Bild
des Tages zu sehen.
Euclid ist die zweite M-Klasse-Mission aus dem Cosmic-Vision-Programm
der ESA. Die Mission wurde am 1. Juli 2023 mit einer Falcon-9-Rakete des
US-Raumfahrtkonzerns SpaceX vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral gestartet.
Ihre endgültige Position in 1,5 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde
hatte die Sonde Ende Juli erreicht und nach ihrer Inbetriebnahme mit der
Datenerfassung begonnen. Die erste Veröffentlichung der Euclid-Daten ist im Jahr
2025 geplant. Bis dahin werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des
Euclid-Konsortiums die Bilder analysieren und auswerten.
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