Neues Weltraumteleskop lieferte erste Testbilder
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
1. August 2023
Euclid, das jüngste Weltraumteleskop der ESA mit
starker deutscher Beteiligung, hat wenige Wochen nach seinem Start die ersten
Testbilder geliefert. Sie zeigen bereits eine hervorragende Bildqualität. Von
den Euclid-Daten erhofft man sich Aufschluss über den Einfluss der Dunklen
Materie und Dunklen Energie auf die Struktur des Universums und die ersten
Objekte in der Frühphase des Universums.
Testbild des gesamten Bildfelds des
VIS-Instruments aus der frühen Phase der Inbetriebnahme. Das
rechte Bild zeigt eine Detailvergrößerung des im linken Bild
markierten Bereichs. Bild:
ESA / Euclid / Euclid Consortium / NASA, CC BY-SA 3.0 IGO [Großansicht] |
Die Reaktionen der Mitglieder des Euclid-Konsortiums sind überschwänglich:
"Obwohl diese ersten Testaufnahmen noch nicht für wissenschaftliche Zwecke
verwendbar sind, freue ich mich, dass das Teleskop und die beiden Instrumente
jetzt im Weltall hervorragend funktionieren", sagt Knud Jahnke vom
Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg. Er ist einer der zwei
Instrumentenwissenschaftler des Near-Infrared Spectrometer and Photometer
(NISP) an Bord von Euclid. NISP und das VISible instrument
(VIS) sind die beiden Instrumente an Bord des Teleskops, mit denen nun erste
Tests absolviert wurden.
VIS setzt sich aus 36 einzelnen CCDs mit insgesamt 609 Megapixeln
zusammen und produziert hochpräzise Bilder von Milliarden von Galaxien im
sichtbaren Licht. Auf diese Weise bestimmen Astronominnen und Astronomen ihre
Gestalt. Die ersten Bilder geben bereits einen Eindruck von der Fülle, die die
Daten liefern werden. NISPs Detektor besteht aus 16 Chips mit insgesamt 64
Megapixeln und arbeitet im nahen Infraroten bei Wellenlängen zwischen ein und
zwei Mikrometern. Zusätzlich dient NISP als Spektrograf, der das Licht der
eingefangenen Objekte ähnlich wie einen Regenbogen aufspaltet und eine feinere
Analyse ermöglicht. Diese Daten werden die Kartierung der dreidimensionalen
Verteilung der Galaxien ermöglichen. Somit befindet sich an Bord von Euclid
die bislang größte Bildebene der Wissenschaftsgeschichte. Euclid wird
schon nach wenigen Tagen mehr wissenschaftliche Bildinformation zur Erde
gesendet haben, als dies das Weltraumteleskop Hubble in den über 33
Jahren seiner Arbeit bislang tat.
Das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) und das Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik (MPE) in Garching haben Schlüsselkomponenten zur Optik
beigetragen. Die vier bis zu 18 Zentimeter großen und 2,5 Kilogramm schweren
Linsen des NISP-Instrumentes bilden darüber hinaus das größte Objektiv, das je
in den Weltraum gestartet wurde. Mit einer Genauigkeit der Justage von weniger
als ein Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haares ist es zudem das am
besten justierte Objektiv aller Weltraummissionen.
Um die notwendigen Genauigkeiten zu erreichen, mussten völlig neue Methoden
der Fertigung und Ausrichtung der Linsen erarbeitet werden. Frank Grupp (MPE und
Ludwig-Maximilians-Universität München), der optische Architekt von NISP und
Verantwortliche für den Bau und die Justage der hauptsächlichen optischen
Komponenten des Instruments räumt ein: "Als ich beim Start der Falcon 9-Rakete
mit Euclid an Bord in fast neun Kilometern Abstand zum Startplatz das
Rumpeln der Triebwerke in Bauch und Brust spürte, musste ich doch an 'meine'
Linsen denken die nur gut 60 Meter von den Motoren entfernt weit größeren
Vibrationen ausgesetzt waren. Obwohl wir alles sehr gut und mit ausreichend
Sicherheit getestet haben, war ich doch froh, auf den ersten Bildern zu sehen,
dass unsere Optik intakt ist und gemäß den Erwartungen hervorragend
funktionieren wird."
Dieser Erfolg war nur durch die Zusammenarbeit der exzellenten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Euclid-Konsortium, dem Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) und den Partnern in der Industrie möglich. "Nach 16
Jahren Arbeit für Euclid können wir stolz sein, dass das Teleskop jetzt
auch dank unserer Anstrengungen die Augen öffnet und ins Weltall blickt",
ergänzt Grupp. Nun beginnt die Arbeit für die Ingenieurs- und
Wissenschaftsteams, um die am Erdboden entwickelten Einstellungen an die reale
Weltraumumgebung anzupassen und die Instrumente zu kalibrieren. Dadurch bekommt
die umfangreiche Euclid-Datenverarbeitungssoftware die notwendigen
Informationen, um optimierte Bilder der Instrumente VIS und NISP zu berechnen
und der Wissenschaft ein Werkzeug für die Erforschung des dunklen Universums zur
Verfügung zu stellen.
"Wir freuen uns sehr, dass die Phase der Inbetriebnahme von Euclid gut
voranschreitet", sagt Alessandra Roy, Euclid-Projektleiterin in der Deutschen
Raumfahrtagentur im DLR. "Die Sonde wird in Kürze ihre endgültige Position in
1,5 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde erreichen und mit den
wissenschaftlichen Beobachtungen beginnen. Dann wird Euclid Licht in
die dunkle Seite des Universums bringen."
Euclid wird zum ersten Mal vom Weltraum aus systematisch den
Einfluss von Dunkler Materie und Dunkler Energie auf die Entwicklung und
großräumige Struktur des Alls untersuchen. Diese weitgehend unbekannten und
unsichtbaren Bestandteile des Universums machen zusammen einen Anteil von 95
Prozent des Kosmos aus. Während die Dunkle Materie die Gravitationswirkung
zwischen und innerhalb von Galaxien bestimmt und zunächst für eine Abbremsung
der Ausdehnung des Weltalls sorgte, ist die Dunkle Energie für die derzeitige
beschleunigte Expansion des Universums verantwortlich.
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