Eine halbe Million neue Sterne in Omega Centauri
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
10. Oktober 2023
Mit der Veröffentlichung von fünf neuen Datenprodukten
bietet die ESA-Mission Gaia viele neue und verbesserte Einblicke in
unsere Galaxie und darüber hinaus. Unter anderem hat die Mission eine halbe
Million neuer und schwacher Sterne in einem Sternhaufen kartiert. Diese neuen
Gaia-Sterne liegen in Omega Centauri, einer der am dichtesten besiedelten
Regionen des Himmels.
Der Kugelsternhaufen Omega Centauri in einer
Kombination der Daten der dritten Gaia-Datenveröffentlichung
mit dem neuen Gaia Focused Product Release: das Ergebnis ist
eine überwältigende Vielzahl von Sternen.
Bild: ESA / Gaia /
DPAC [Großansicht] |
Die dritte Datenveröffentlichung von Gaia enthält Daten zu über 1,8
Milliarden Sternen, die ein umfassendes Bild der Milchstraße und darüber hinaus
ergeben. Allerdings gab es in der Kartierung unserer Galaxie noch Lücken. Vor
allem in Bereichen des Himmels, die besonders dicht mit Sternen bevölkert sind,
erreichte Gaias normaler Beobachtungsmodus seine Grenzen, so dass diese
Regionen vergleichsweise unerforscht blieben – und man übersah Sterne, die
weniger hell leuchteten als ihre vielen Nachbarn.
Ein wichtiges Beispiel hierfür sind Kugelsternhaufen. Sie gehören zu den
ältesten Objekten des Universums, was sie für Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler, die sich mit unserer kosmischen Vergangenheit befassen,
besonders wertvoll macht. Leider sind ihre hellen Kerne voller Sterne eine große
Herausforderung für Teleskope und es ist schwierig, einen klaren Blick zu
erhaschen. Daher sind sie fehlende Puzzlestücke in den aktuellen Karten des
Universums.
Um diese Lücken zu schließen, hat Gaia Omega Centauri ausgewählt,
den größten Kugelsternhaufen, der von der Erde aus zu sehen ist, und ein gutes
Beispiel für einen "typischen" Haufen. Statt einzelne Sterne zu beobachten, wie
es normalerweise der Fall wäre, aktivierte Gaia einen speziellen
Beobachtungsmodus und zeichnete zweidimensionale Bilder mit dem
Sky-Mapper-Instrument auf. "In Omega Centauri entdeckten wir mehr als eine halbe
Million neuer Sterne, die Gaia zuvor nicht gesehen hatte – und das in
nur einem Sternhaufen", sagt Dr. Katja Weingrill, Projektleiterin für Gaia
am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP).
"Es geht nicht nur darum, Löcher in unserer Kartierung zu flicken, obwohl
dies an sich schon wertvoll ist", fügt Dr. Alexey Mints, Mitglied der Gaia-Kollaboration
und ebenfalls vom AIP, hinzu. "Unsere Daten haben es uns ermöglicht, Sterne zu
entdecken, die zu nahe beieinander liegen, um sie mit der regulären Gaia-Pipeline
richtig zu vermessen. Mit den neuen Daten können wir die Struktur des Haufens,
die Verteilung der einzelnen Sterne, ihre Bewegung und vieles mehr untersuchen
und so eine vollständige, großräumige Karte von Omega Centauri erstellen. Das
bedeutet volle Nutzung des Potenzials von Gaia – wir haben dieses
erstaunliche kosmische Werkzeug mit maximaler Leistung eingesetzt." Dieses
Ergebnis entspricht nicht nur den geplanten Zielen von Gaia, sondern
übertrifft diese sogar. "Wir haben nicht damit gerechnet, diese Bilder jemals
für wissenschaftliche Zwecke einzusetzen, was das Ergebnis noch spannender
macht", fügt Weingrill hinzu.
Gaia erforscht derzeit acht weitere Regionen auf diese Weise;
die Ergebnisse werden in der vierten Gaia-Datenveröffentlichung enthalten sein.
Die Daten werden Astronominnen und Astronomen helfen, zu verstehen, was in den
kosmischen Bausteinen vor sich geht. Es ist ein entscheidender Schritt für
Forschende, um das Alter unserer Galaxie zu bestätigen, ihr Zentrum zu
lokalisieren oder um herauszufinden, ob die Milchstraße in der Vergangenheit
Kollisionen erlebt hat oder wie sich Sterne im Laufe ihrer Lebenszeit verändern,
unsere Modelle der galaktischen Entwicklung einschränken und wie man schließlich
auf das potentielle Alter des Universums selbst schließen kann.
In der neuen Veröffentlichung identifiziert Gaia außerdem über 380
mögliche Gravitationslinsen, verbessert die Genauigkeit der Umlaufbahnen von
mehr als 150.000 Asteroiden innerhalb des Sonnensystems, kartiert die Scheibe
der Milchstraße durch das Aufspüren schwacher Signale im Sternenlicht und
charakterisiert die Dynamik von 10.000 veränderlichen roten Riesensternen.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen wird.
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