Dunkle Materie bleibt weiterhin dunkel
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) astronews.com
23. Juni 2023
Könnte es eine Wechselwirkung von Photonen mit ultraleichter
Dunkler Materie geben? Dieser Frage ist nun ein Forschungsteam durch
Vergleichsmessungen von optischen Atomuhren nachgegangen. Sie fanden zwar keinen
Hinweis auf entsprechende Wechselwirkungen, das Ergebnis ist für die
Wissenschaft aber trotzdem nicht unwichtig.
Dunkle Materie macht einen großen Teil des Universums aus.
Bild: NASA, ESA, G. Illingworth, D. Magee und
P. Oesch (University of California, Santa Cruz),
R. Bouwens (Leiden University) und das
HUDF09-Team [Großansicht] |
Kann Dunkle Materie mit Photonen wechselwirken und die Atomstruktur
beeinflussen? Ein Fall für optische Atomuhren: Zwei verschiedene Typen von ihnen
wurden an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) im Rahmen des
Sonderforschungsbereichs DQ-mat und des Exzellenzclusters QuantumFrontiers
verglichen. Es ist die bisher genaueste Suche nach einer Wechselwirkung von
ultraleichter Dunkler Materie mit Photonen. Bestehende experimentelle
Nachweisgrenzen für eine mögliche Kopplung wurden durch die Arbeit um mehr als
eine Größenordnung verbessert – über einen weiten Bereich möglicher Massen der
Dunklen Materie-Teilchen. Deren Beschaffenheit und mögliche Wechselwirkungen
konnten damit weiter eingegrenzt werden, auch wenn noch kein entsprechender
Nachweis gelungen ist.
Astronomische Beobachtungen weisen auf die Existenz sogenannter Dunkler
Materie hin, die über 80 % der gesamten Materie ausmacht und, soweit bisher
bekannt, nur über Gravitation mit der uns bekannten, sichtbaren Materie
wechselwirkt. Insbesondere wurde bisher keine Wechselwirkung mit Photonen, den
Elementarteilchen, aus denen auch Licht besteht, nachgewiesen – daher auch die
Bezeichnung "dunkel" für diesen Typ von Materie. Es ist ein großes Rätsel,
woraus Dunkle Materie besteht und ob es bisher unbekannte Wechselwirkungen mit
herkömmlicher Materie gibt. Ein besonders vielversprechender theoretischer
Ansatz besagt, dass Dunkle Materie aus Teilchen bestehen könnte, die extrem
leicht sind und sich nicht wie einzelne Teilchen, sondern wie eine Welle
verhalten: sogenannte "ultraleichte" Dunkle Materie. In diesem Fall würden
bisher unentdeckte, schwache Wechselwirkungen der Dunklen Materie mit Photonen
zu kleinsten Oszillationen der Feinstrukturkonstanten führen.
Die
Feinstrukturkonstante ist diejenige Naturkonstante, die die Stärke der
elektromagnetischen Wechselwirkung beschreibt. Sie legt die atomaren
Energieskalen fest und beeinflusst damit auch die Übergangsfrequenzen, die in
Atomuhren als Referenz genutzt werden. Da verschiedene Übergänge unterschiedlich
empfindlich auf mögliche Änderungen der Konstanten reagieren, können Vergleiche
von Atomuhren für die Suche nach ultraleichter Dunkler Materie genutzt werden.
Zu diesem Zweck haben Forschende der PTB erstmals eine Atomuhr, die besonders
empfindlich gegenüber möglichen Änderungen der Feinstrukturkonstanten ist, in
einer solchen Suche eingesetzt.
Dafür wurde diese besonders sensitive Atomuhr
mit zwei anderen Atomuhren von geringerer Sensitivität über mehrere Monate in
Messungen verglichen. In den resultierenden Messdaten wurden Oszillationen
gesucht – die Signatur der ultraleichten Dunklen Materie. Da keine signifikanten
Oszillationen gefunden wurden, blieb Dunkle Materie auch bei genauerer
Untersuchung "dunkel". Eine Detektion der rätselhaften Dunklen Materie ist
demnach nicht gelungen. Durch die Abwesenheit eines Signals konnten neue
experimentelle Obergrenzen für die Größe einer möglichen Kopplung von
ultraleichter Dunkler Materie an Photonen gefunden werden. Bisherige Limits
wurden in einem weiten Bereich um mehr als eine Größenordnung verbessert.
Gleichzeitig gingen die Forschenden auch der Frage nach, ob sich die
Feinstrukturkonstante nicht doch im Laufe der Zeit verändert, indem ihr Wert zum
Beispiel sehr langsam zu- oder abnimmt. Eine solche Änderung wurde in den Daten
nicht detektiert. Auch hier wurden bestehende Limits verschärft – die Konstante
bleibt demnach auch über lange Zeiten konstant. Im Gegensatz zu bisherigen
Uhrenvergleichen, bei denen jede Atomuhr ein eigenes experimentelles System
benötigte, wurden in dieser Arbeit zwei der drei Atomuhren in einem einzigen
experimentellen Aufbau realisiert. Dafür wurden zwei unterschiedliche
Übergangsfrequenzen eines einzelnen, gefangenen Ions verwendet: Das Ion wurde
abwechselnd auf den beiden optischen Übergängen abgefragt. Damit ist ein
wichtiger Schritt gelungen, um optische Frequenzvergleiche noch kompakter und
robuster zu gestalten – zum Beispiel für eine zukünftige Suche nach Dunkler
Materie im Weltall.
Die Ergebnisse der Untersuchung sind in der aktuellen Ausgabe der
Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.
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