Vier Atomuhren für die Weltzeit
Redaktion /
idw / Pressemitteilung des Physikalisch-Technischen Bundesanstalt astronews.com
30. Dezember 2009
Die genaue Uhrzeit ist auch in der kommenden Silvesternacht
von entscheidender Bedeutung: Wer will schon zu früh oder zu spät auf das neue
Jahr anstoßen? Die einheitliche Weltzeit wird mithilfe von mehreren Atomuhren
ermittelt, die auf der gesamten Erde verteilt sind. Vier davon stehen bei der
Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig.
Die Caesium-Fontänenuhren CSF1 und CSF2 in
der Uhrenhalle der PTB.
Foto: PTB |
Die besten Caesium-Atomuhren der Welt steuern die Koordinierte Weltzeit UTC (Universal
Time Coordinated), eine Atomzeitskala, die die Grundlage für die im
täglichen Leben verwendeten Zonenzeiten bildet. Aber auch bei der Navigation
(GPS), der Astronomie, der Telekommunikation, der Erdvermessung und in der
physikalischen Grundlagenforschung sind exakte Zeittakte von großer Wichtigkeit.
Bisher waren drei Uhren der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB)
Mitglied dieses exklusiven Clubs der primären Caesium-Atomuhren, nun ist eine
vierte hinzugekommen: die Caesium-Fontänenuhr CSF2. Ihre Daten werden in diesem
Monat erstmals zur Bestimmung von UTC mit berücksichtigt.
Damit sind die PTB und das französische Zeitinstitut weltweit die einzigen
Institute mit vier primären Atomuhren. Der traditionell große Beitrag von
PTB-Uhren zur Koordinierten Weltzeit wird damit deutlich erweitert. Die
Bestimmung der Koordinierten Weltzeit UTC ist eine komplizierte Angelegenheit,
der sich die Abteilung "Zeit, Frequenz und Gravimetrie" des Internationalen
Büros für Maß und Gewicht (BIPM, Bureau International des Poids et Mesures)
widmet. Das BIPM übernimmt die Aufgabe, ein weltweit einheitliches und
eindeutiges System von Maßen auf Basis des Internationalen Einheitensystems zur
Verfügung zu stellen.
Bei der Berechnung von UTC stützt sich das BIPM auf die Mittelung von
weltweit rund 300 Atomuhren in über 60 Zeitinstituten. Um zu garantieren, dass
die Sekunden von UTC so genau wie möglich der Sekundendefinition des
Internationalen Einheitensystems entsprechen, erfolgt eine Steuerung von UTC
durch wenige, besonders genaue so genannte "primäre" Caesium-Atomuhren. In den
Jahren 2008 bis 2009 bestand dieser vergleichsweise kleine Kreis primärer Uhren
aus insgesamt 12 Caesium-Atomuhren aus sieben Zeitinstituten. Dazu gehörten drei
primäre Uhren der PTB. In diesem Monat sind jetzt erstmals die Daten einer neu
entwickelten vierten primären PTB-Atomuhr mit dem Namen CSF2 für die
UTC-Steuerung verwendet worden.
Die vier primären Uhren in der PTB sind die beiden Caesium-Strahluhren CS1
und CS2 sowie die Caesium-Fontänenuhren CSF1 und CSF2. Die Strahluhr CS1 ist
jetzt seit 40 Jahren in Betrieb, während CS2 seit rund 25 Jahren als primäre Uhr
arbeitet. Die modernere und genauere Uhren-Generation bildet seit einigen Jahren
die Fontänenuhr CSF1, die neuerdings ergänzt wird durch CSF2. Beide
Fontänenuhren gehören bereits jetzt weltweit zu den zuverlässigsten und
genauesten primären Caesium-Fontänenuhren.
Ebenso wie ihre etwas ältere Schwester CSF1 geht CSF2 in 40 Millionen Jahren
höchstens um eine Sekunde falsch. In Fontänenuhren werden Caesium-Atome zunächst
mit Hilfe von Laserlicht stark abgekühlt und auf diese Weise auf
Geschwindigkeiten von Zentimetern pro Sekunde verlangsamt. Die sich dann
bildende Wolke aus langsamen Caesium-Atomen wird nach oben beschleunigt, so dass
die Atome wie Wassertropfen in einer Fontäne hochfliegen und schließlich nach
einer Steighöhe von einem knappen Meter wieder herunterfallen. Während dieses
Fluges werden die Atome mit Mikrowellen bestrahlt, um sie in einen anderen
energetischen Zustand zu bringen.
Caesium-Fontänen sind vor allem deshalb genauer als "normale" Caesium-Strahluhren,
weil in ihnen die Atome langsamer sind und so wesentlich mehr Zeit zur Verfügung
steht, die entscheidende Eigenschaft der Caesiumatome zu messen, die für die
"Zeiterzeugung" nötig ist: ihre Resonanzfrequenz. Nur wenn die Frequenz der
Mikrowellen mit dieser übereinstimmt, wechseln die Atomen ihren Zustand. Es sind
dann rund neun Milliarden Mikrowellenschwingungen, die ablaufen müssen, bis
genau eine Sekunde vergangen ist. So ist es durch das Internationale
Einheitensystem definiert. Erst durch die Verfügbarkeit zweier, ähnlich genauer
Fontänenuhren ist es den Forschern nun möglich, eine weitere Verringerung der
Unsicherheiten durch Vergleiche beider Uhren zu erreichen.
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