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INSIGHT
NASA erklärt Mission des Marslanders für beendet
Redaktion / Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
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22. Dezember 2022

Am 20. Dezember 2022 hat die NASA die Mission InSight für beendet erklärt. Zuvor war zweimal erfolglos versucht worden, den Lander zu erreichen. Dies bedeutet mit großer Wahrscheinlichkeit, dass InSights solarbetriebene Batterien nicht mehr genug Strom liefern - ein Zustand, den Ingenieure als Dead Bus Mode bezeichnen. Der letzte Funkkontakt mit der Erde fand am 15. Dezember statt.

InSight

Das letzte Selbstportrait von InSight. Es entstand am 24. April 2022 mithilfe der Kamera des Roboterarms. Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht]

InSight nutzt Sonnenenergie zum Aufladen der Batterien, was aktuell aufgrund der verstaubten Solarpaneele nicht mehr ausreichend möglich ist. Falls der Wind die Solarpaneele reinigt und doch nochmals ein ausreichender Ladestand erreicht wird, würde sich InSight wieder hochfahren und zu kommunizieren versuchen. Dann wäre ein weiterer Kontakt möglich und sogar eine Wiederaufnahme des Betriebs. Wegen der zunehmenden Staubablagerung auf den Solarpanelen ist dies aber unwahrscheinlich. "Es ist immer wieder bedauerlich, wenn eine Planetenmission, auf die man sich mehr als ein Jahrzehnt vorbereitet und dann Jahre lange betrieben hat, schließlich keine Messdaten mehr liefert", blickt Prof. Dr. Heike Rauer, Direktorin des Berliner DLR-Instituts für Planetenforschung auf InSight zurück. "Auf der anderen Seite überwiegt absolut das Positive: Die wissenschaftlichen Früchte der Vorbereitung und Planung konnten geerntet werden. Wir haben so viel über den inneren Aufbau des Mars gelernt und nutzen dies auch für das Verständnis der anderen erdähnlichen Körper im Sonnensystem. Unsere Planetengeophysiker ziehen letztlich viele wichtige Erkenntnisse aus den Messungen."

Das Missionsende zeichnete sich im Verlauf der letzten Monate ab und kam nicht überraschend. Mit mehr als vier Jahren übertraf die Missionsdauer die Erwartungen um das Doppelte. InSight (der Name steht für "Interior Exploration Using Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport") war seit 1976 die achte Landemission der NASA auf den Mars und die erste, die sich fast ausschließlich geophysikalischen Untersuchungen widmete. Die Solarpanele waren so dimensioniert, dass sie trotz Staubablagerung genug Energie für die ursprünglich geplante Lebensdauer von einem Marsjahr (zwei Erdenjahre) liefern würden. Am Ende reichte es sogar für die Verlängerung der Missionsdauer um ein zweites Marsjahr.

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Im Vordergrund dieser besonderen Mission standen Messungen des Wärmehaushalts und der seismischen Aktivität im Inneren des Planeten, um wichtige Informationen über seinen Aufbau, den Fluss von Wärme von Kern und Mantel an die Oberfläche und davon abgeleitet über die thermische Entwicklung des Planeten zu gewinnen. Hauptinstrumente für diese Messungen waren das vom DLR beigestellte Wärmeflussexperiment HP3 (Heatflow and Physical Properties Package) und das von der französischen Weltraumorganisation CNES entwickelte Seismometer SEIS (Seismic Experiment for Interior Structures). Es ist die NASA-Marsmission mit dem mit Abstand bedeutendsten europäischen Beitrag bislang. NASA-Wissenschaftsdirektor Dr. Thomas Zurbuchen würdigte die Mission als großen Erfolg.

Zwar lieferte der "Marsmaulwurf" HP3 des DLR nicht vollständig die erwarteten Messungen, weil die Wärmeflusssonde nicht so tief wie erforderlich in den Boden vordringen konnte. Die Wärmeflusssonde HP3 mit dem "Mole", dem "Marsmaulwurf", hat das Team mehr als zwei Jahre lang in Atem gehalten. Ursprünglich sollte der Mole in eine Tiefe von fünf Metern vordringen und ein Messkabel mit Temperatursensoren hinter sich herziehen. "Damit hätten wir messen können, wie die Temperatur mit der Tiefe ansteigt. Mit Hilfe der beim Eindringen des Maulwurfs gemessenen Wärmeleitfähigkeit hätten wir direkt den Wärmestrom aus dem Inneren des Mars bestimmen können", erläutert Prof. Tilman Spohn. "Diese Größe hätte uns geholfen, die Entwicklung des Mars von einem heißen Ursprung zu seinem heutigen, fast kalten Zustand einzuordnen."

Der Marsmaulwurf, der als selbsthämmernde Sonde für den bekannten lockeren, sandigen Boden anderer Missionen entwickelt wurde, konnte in dem unerwartet harten Boden um InSight herum keinen Halt finden. Das Instrument war schließlich in der Lage, seine 40-Zentimeter-Sonde knapp unter der Oberfläche zu vergraben und dabei immerhin wertvolle Daten über die mechanischen und thermischen Eigenschaften des Marsbodens zu sammeln. "Diese Daten werden sehr hilfreich für die zukünftige Erkundung des Mars durch Menschen oder Roboter sein, die versuchen, im Mars-Untergrund zu graben", so Spohn weiter.

Dass der Maulwurf sich schließlich eingraben konnte, ist einer Teamleistung der Ingenieure von JPL und DLR zu verdanken. Sie setzten den Roboterarm des Landers auf kreative Weise ein, um dem Mole zusätzlichen Halt zu geben. Der Arm und seine kleine Schaufel waren in erster Linie dazu gedacht, wissenschaftliche Instrumente auf der Marsoberfläche abzusetzen. Schließlich halfen diese aber sogar dabei, InSights Solarpaneele etwas vom Staub zu befreien, als die Energie abnahm.

Beim Experiment SEIS indes waren die Aufzeichnungen von sich durch die Marskruste ausbreitenden Bebenwellen von enormem wissenschaftlichem Wert. Es wurden zwischen Anfang 2019 bis Missionsende seismische Wellen von mehr als 1300 "Ereignissen", also Erschütterungen des Marsbodens, aufgezeichnet. Darunter hauptsächlich von Marsbeben, die sich an unterschiedlichen Orten in der Marskruste bei der Entladung tektonischer Spannungen ereignet haben, aber auch von wenigen Bebenwellen, die durch den Einschlag von Asteroiden ausgelöst wurden: Dabei konnte sogar der Ort der Einschläge rekonstruiert und in mehreren Fällen durch Fotos des Mars Reconnaissance Orbiter bestätigt werden, wobei die beiden größten Krater mehr als 100 Meter Durchmesser hatten.

Vor allem die tektonisch verursachten Marsbeben lieferten wichtige Hinweise zum Aufbau des Roten Planeten. Durch Reflexionen von Wellen an der Grenze zwischen festem Gesteinsmantel und flüssigem Kern konnte die Größe des Marskerns endlich genau bestimmt werden. Sein Durchmesser beträgt zwischen 3600 und 3700 Kilometer, was am oberen Ende des vor der Mission geschätzten Größe liegt. Zum Vergleich: Der Gesamtdurchmesser des Mars beträgt knapp 6800 Kilometer. Durch den Kern hindurch gelaufene seismische Wellen geben Hinweise auf seine innere Struktur und Zusammensetzung. Auch die ergänzenden Hilfsinstrumente an Bord lieferten wichtige Daten, wie beispielsweise das zu HP3 gehörende DLR-Radiometer RAD, das den täglichen Verlauf der Oberflächentemperatur durch Messung der Infrarotabstrahlung aufzeichnete. Damit konnten wichtige Daten zur Charakterisierung der thermischen Eigenschaften des Marsbodens gesammelt werden.

Nach Inbetriebnahme des Seismometers Anfang 2019 wurde zunächst einige Wochen lang kein einziges Marsbeben in den Aufzeichnungen entdeckt – sehr zur Beunruhigung des InSight-Teams. "Wir haben schon Berechnungen drüber angestellt, was es für unsere Theorien bedeuten würde, keine Beben zu registrieren", erinnert sich Dr. Martin Knapmeyer, Seismologe im DLR-Institut für Planetenforschung und am SEIS-Experiment beteiligt, an eine "gewisse Nervosität" in den ersten Missionswochen 2019. "Als es dann viel später doch noch losging, wurde klar, dass im lokalen Winter, in dem InSight landete, das Rauschen des Windes alle Signale von Marsbeben überdeckte. Wir konnten dann am DLR obendrein nachweisen, dass die Häufigkeit von Marsbeben im Winter tatsächlich geringer ist als im Sommer."

Später, an "lauen" Frühlings- und Sommerabenden in der Landeregion Elysium Planitia, herrschte fast Windstille, so dass vorwiegend zwischen Sonnenuntergang und Mitternacht ideale Messbedingungen gegeben waren und letztlich die mehr als 1300 Marsbeben registriert werden konnten. Viele davon fanden in der Region Cerberus Fossae statt, 1500 Kilometer von InSight entfernt. Das entspricht etwa der Entfernung zwischen Köln und dem Ätna auf Sizilien. Im Gebiet von Cerberus Fossae fanden die letzten vulkanischen Aktivitäten vor weniger als 200.000 Jahren statt, und die beobachteten Beben weisen Eigenschaften auf, wie man sie aus vulkanischen Regionen der Erde kennt, beispielsweise auch der Eifel. "Allerdings bedeutet dies nicht, dass hier in nächster Zeit mit einem neuen Vulkanausbruch zu rechnen ist", ordnet Knapmeyer die Messungen ein.

 Aus der Untersuchung von Variationen im Schwerefeld des Mars, welche die Umlaufbahnen von Orbitern um Winzigkeiten in ihrer Flughöhe verändern, war lange bekannt, dass die Marskruste eine regional unterschiedliche Dicke aufweist. Seit Jahrzehnten wurde angestrebt, mit seismischen Messungen nicht nur die relative, sondern auch die absolute Dicke der Kruste zu messen. Mit InSight ist dies nun gelungen, zunächst nur für den Landeplatz selber. Durch die Registrierung von Oberflächenwellen von einigen der stärkeren Marsbeben wurde es aber auch möglich, die Krustendicke entlang des Weges dieser Wellen zu ermitteln. "Damit können an die 'Höhenlinien' der Krustendicke nun endlich auch Zahlen drangeschrieben werden", stellt Knapmeyer ein weiteres wichtiges Ergebnis der Mission heraus. Die mittlere Dicke der Kruste liegt zwischen 24 und 72 Kilometern, womit diese etwas dünner ist als frühere, indirektere Untersuchungen ergeben haben.

 Aktuell sind auf der Marsoberfläche nun noch drei Missionen aktiv: Die NASA-Rover Curiosity (2012 gelandet) im Krater Gale und der 2021 im Krater Jezero angekommene Marsrover Perseverance, sowie die chinesische Mission Tianwen 1 mit Rover Zurong und Landestation. In der Marsumlaufbahn befinden sich die NASA-Sonde 2001 Mars Odyssey (seit 2001), der Orbiter Mars Express der europäischen Weltraumorganisation ESA (seit 2003) mit der DLR-Stereokamera HRSC, der Mars Reconnaissance Orbiter der NASA (seit 2006), der NASA-Atmosphärenorbiter MAVEN (seit 2014), der ExoMars Trace Gas Orbiter der ESA (seit 2016) und der Orbiter der chinesischen Tianwen-1-Mission (seit 2021) sowie der Orbiter Al-Amal der Vereinigten Arabischen Emirate (seit 2021).

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Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten
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