Möglicher Blick auf das Ende der kosmischen Mittagszeit
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
26. Juli 2022
Das Square Kilometer Array Observatory wird in der
Lage sein, Radioemissionen von normalen Spiralgalaxien im frühen Universum zu
erkennen. Das hat nun eine neue Studie von Forschenden ergeben, die sich mit dem
Ende der als "kosmische Mittagszeit" bekannten Epoche der Entwicklung des
Universums befassen. Sie führten dazu umfangreiche Simulationen durch.
Ein zusammengesetztes Bild des zukünftigen
SKA-Mid-Teleskops, das die bereits vor Ort
befindlichen Antennen des Vorläuferteleskops
MeerKAT mit einer künstlerischen Darstellung der
zukünftigen SKA-Mid-Teleskope verbindet.
Bild:
SKAO [Großansicht] |
Im Laufe der kosmischen Entwicklung erlebten die Galaxien nach einer
aktiveren Periode vor etwa zehn Milliarden Jahren, dem sogenannten "Kosmischen
Mittag", einen Rückgang der Sternentstehungsaktivität. Der Übergang von einer
goldenen Epoche der Sternentstehung zu einer geringeren Sternentstehungsrate ist
noch immer nicht vollständig verstanden. Ein Rückgang der Menge an kühlem Gas in
den Galaxien, das als Brennstoff für die Sternentstehung dient, wird oft als
Hauptgrund angesehen. Beobachtungen zeigen jedoch, dass viele Galaxien noch über
ausreichend große Gasreserven verfügten, um die Sternentstehung zu ermöglichen.
"Eine andere Möglichkeit ist, dass der Druck von Magnetfeldern,
hochenergetische Teilchen und Turbulenzen das kühle Gas in Galaxien zunehmend
stabilisierten", sagt Fatemeh Tabatabaei. Sie ist eine ehemalige Forscherin des
Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) in Heidelberg und aktuell
Fakultätsmitglied am Institute for Research in Fundamental Sciences
(IPM) in Teheran. "Um die Bedeutung dieser Faktoren zu verstehen, sind Studien
zur Energiebilanz in Abhängigkeit von der Rotverschiebung erforderlich."
Als Rotverschiebung bezeichnet man das Phänomen, dass die Spektren, die z. B.
von Galaxien ausgesendet werden, mit der Zeit aufgrund der Expansion des
Universums zu längeren Wellenlängen verschoben werden. Die Rotverschiebung kann
direkt in eine Entfernung oder das Alter seit dem Urknall umgerechnet werden. Um
zu beurteilen, ob das künftige Square Kilometer Array Observatory
(SKAO) zur Lösung dieses Rätsels beitragen kann, haben die Astronominnen und
Astronomen die physikalischen Prozesse im interstellaren Medium (ISM) von
Galaxien bei unterschiedlichen Rotverschiebungen simuliert. Das ISM besteht
hauptsächlich aus Gas und mikroskopisch kleinen Teilchen, die die Astronomie als
Staub bezeichnet, mit unterschiedlichen Temperaturen, die den Raum zwischen den
Sternen durchdringen.
Die Beobachtung der Radioemission ist ein wirksames Mittel, um energetische
Prozesse in Galaxien zu verfolgen. Diese Emission entsteht hauptsächlich durch
die Wechselwirkung von hochenergetischen Teilchen mit Magnetfeldern, einer
energetischen Komponente des ISM. Tiefe und räumlich aufgelöste Beobachtungen
bei verschiedenen Radiofrequenzen mit SKAO ermöglichen es, diese Prozesse in
nahen und fernen Galaxien zu kartieren. "Solche Beobachtungen sind der
entscheidende Schritt zum Verständnis der Energiebilanz und der Strukturbildung
in Galaxien im Laufe der kosmischen Zeit und geben Aufschluss über die Prozesse,
die die Galaxienentwicklung und den Rückgang der Sternentstehungsaktivität
bestimmen", erklärt Eva Schinnerer, Wissenschaftlerin am MPIA.
"Die Auswahl der Galaxientypen und kosmischen Entfernungen, die für die
Untersuchung dieser Prozesse erforderlich sind, ist ein wesentlicher Teil der
Vorbereitung auf die eigentlichen SKAO-Daten", erklärt Mark Sargent vom
International Space Science Institute in Bern, Mitautor der Studie und
ehemals Wissenschaftler am MPIA. "In einem ersten Schritt wollten wir die
Radio-Kontinuum-Emission aus dem ISM typischer hochrotverschobenen Galaxien
simulieren, wobei wir normale, heutige Spiralgalaxien wie M 51, NGC 6946 und M
33 als Vorlagen verwendeten. Unsere Simulation berücksichtigt zwei verschiedene
Strahlungsmechanismen, die thermische Bremsstrahlung und die nicht-thermische
Synchrotronstrahlung", beschreibt Masoumeh Ghasemi-Nodehi, Postdoc am IPM. "Wir
haben gezeigt, dass die SKAO-Phase 1 MID-Radiodurchmusterung (SKA1-MID) die
Synchrotronstrahlung in M-51-ähnlichen Galaxien bis zu einer Rotverschiebung von
3 kartieren kann, als das Universum nur 1/7 seines heutigen Alters hatte", fährt
sie fort. Solche Beobachtungen werden also damit bereits in der ersten
Ausbaustufe des SKAO durchgeführt werden können.
"Wir erwarten, dass sowohl die relativistischen Teilchen als auch die
Magnetfelder aufgrund der höheren Sternentstehungsaktivität in diesen frühen
Galaxien zu früheren Zeiten einen höheren Druck im interstellaren Medium
erzeugten. Diese Annahme, die sich aus unseren Studien ergibt, muss durch die
SKAO-Beobachtungen weiter bestätigt werden", so Tabatabaei.
Dank der Empfindlichkeit und Durchmusterungsgeschwindigkeit des SKAO wird
dieses Observatorium Beiträge zu zahlreichen wichtigen Themen der Astronomie und
Astrophysik liefern können. Zu seinen Zielen gehört es, die Entstehung von
Strukturen im frühen Universum, die Bildung der ersten Sterne und Galaxien sowie
die Entwicklung von Galaxien zu untersuchen. In den meisten Fällen werden diese
Phänomene mithilfe von Durchmusterungen mit mehreren Wellenlängen untersucht,
die verschiedene Himmelsbereiche in unterschiedlichen Entwicklungsstadien
abdecken.
Das Square Kilometer Array Observatory ist ein internationales
Projekt zum Bau des weltgrößten Radioteleskops. Es handelt sich um einen Verbund
aus zahlreichen Radioschüsseln, die in Afrika, in Australien und in Neuseeland
installiert werden. Über ihre Studie berichtet das Team in einem Fachartikel,
der in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
veröffentlicht wurde.
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