Beteiligung Deutschlands vor dem Aus?
von Stefan Deiters astronews.com
10. Juni 2014
In Südafrika und Australien soll mit dem Square Kilometre
Array (SKA) das weltgrößte Radioteleskop entstehen. Nun sieht es so aus, als
würde dieses Großprojekt ohne deutsche Beteiligung gebaut werden. Das zuständige
Ministerium kündigte nämlich in der vergangenen Woche die Mitgliedschaft
Deutschlands in der
SKA Organisation. Deutsche Astronomen zeigten sich überrascht.
So könnten die SKA-Antennen einmal aussehen.
Bild: SKA Organisation [Großansicht] |
Es soll das Großprojekt der Radioastronomie im kommenden Jahrzehnt werden:
Mit dem Square Kilometre Array (SKA) planen Astronomen den Bau des weltweit größten
Radioteleskops. Es soll aus unzähligen Einzelantennen in Australien und
Südafrika bestehen, die dann zu einem Teleskop zusammengeschaltet werden können.
Der Baubeginn für das Projekt ist für das Jahr 2018 vorgesehen, die Kosten
werden gegenwärtig auf rund zwei Milliarden Euro geschätzt. Beteiligt an dem
Projekt sind neben Australien und Südafrika die Länder Kanada, China, Indien,
Italien, Neuseeland, Schweden, die Niederlande, Großbritannien sowie die
Bundesrepublik Deutschland, die traditionell über eine sehr engagierte
Gemeinschaft von Radioastronomen verfügt, die sich im Vorfeld auch stark in das
Projekt eingebracht hatten.
Hinter der deutschen Beteiligung steht allerdings seit der vergangenen Woche
ein großes Fragezeichen: Am 5. Juni 2014 ging nämlich beim Generaldirektor
der SKA Organisation ein Schreiben von Staatssekretär Dr. Georg Schütte ein, der
im Bundesministerium für Bildung und Forschung für die europäische und die
internationale Zusammenarbeit zuständig ist. Er teilte darin mit, dass
Deutschland seine Mitgliedschaft in der Organisation zum 30. Juni 2015 beenden
wird. In einer Erklärung der SKA Organisation werden als Grund für den Ausstieg
Schwierigkeiten bei der Finanzierung von Großprojekten in Deutschland und Europa
angeführt.
Die SKA Organisation nennt die Entscheidung "enttäuschend", sie dürfte
aber -
angesichts der geringen bislang von Deutschland zugesagten Mittel - kaum einen
Einfluss auf das Projekt haben. Auch die Zusammenarbeit mit deutschen
Organisationen, Instituten und der Industrie bei den vorbereitenden Planungen
dürfte von der Austrittsankündigung zunächst einmal nicht betroffen sein.
Sobald der Austritt allerdings wirksam ist, wird sich das ändern: So dürfte die
deutsche Industrie kaum Chancen auf größere Aufträge in der Bauphase von SKA
haben und auch deutsche Astronomen werden das Großteleskop nach dessen
Fertigstellung nur in einem sehr geringen Umfang nutzen können.
Astronomen in Deutschland zeigten sich daher auch irritiert:
"Die Entscheidung wurde offenbar im Ministerium ohne Konsultationen der
Astronomen getroffen", sagte Michael Kramer, der Direktor des
Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn der Wissenschaftszeitschrift
Nature. Deutsche Astronomen würden dadurch, so Kramer, praktisch keine
Beobachtungen mit SKA durchführen können, da nur ein sehr kleiner Teil der
Beobachtungszeit an Wissenschaftler aus Ländern vergeben werden soll, die sich
nicht an der Finanzierung beteiligt haben.
Bislang wird von allen Seiten unterstrichen, dass der Rückzug Deutschlands
nicht etwa bedeuten würde, dass man an das Projekt nicht mehr glaubt. Die
Wissenschaftsministerin in Südafrika hofft zudem die Frage bei einem Treffen mit ihrer
deutschen Amtskollegin noch einmal besprechen zu können. Auch die deutschen
Astronomen wollen alles dafür tun, dass man in Berlin die Entscheidung noch
einmal überdenkt - Zeit dafür ist noch, der Austritt wird erst Ende Juni des
kommenden Jahres wirksam.
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