Neuer Starttermin für Hubble-Nachfolger
von
Stefan Deiters astronews.com
17. Juli 2020
Der wissenschaftliche Nachfolger des Weltraumteleskops
Hubble, das James Webb Space Telescope, soll am 31. Oktober des
kommenden Jahres starten. Das gab die amerikanische Weltraumbehörde NASA gestern
nach einer eingehenden Begutachtung der noch ausstehenden Arbeiten bekannt. Die
Verschiebung war allgemein erwartet worden.
Das James Webb Space Telescope in einem Reinraum von Northrop
Grumman im kalifornischen Redondo Beach im Juli 2020.
Foto: NASA/Chris Gunn [Großansicht] |
Das James Webb Space Telescope ist der wissenschaftliche Nachfolger des Weltraumteleskops Hubble.
Allerdings handelt es sich bei dem Teleskop nicht um ein verbessertes Hubble-Teleskop.
James Webb wird andere Beobachtungsschwerpunkte haben, um die Arbeit
von Hubble fortsetzen und vertiefen zu können: Das Teleskop und seine
Instrumente werden besonders auf die Beobachtung im Infraroten ausgelegt sein,
um die Strahlung ferner Galaxien analysieren oder Wolken kosmischen Staubs
durchdringen zu können, die beispielsweise junge Sterne umgeben.
Die gestern von der amerikanischen Weltraumbehörde NASA verkündete
Startverschiebung von März 2021 auf den 31. Oktober 2021 ist bei Weitem nicht
die erste Verzögerung des Projektes: Das
Observatorium sollte, so sahen es zumindest die ursprünglichen Pläne vor, schon
längst im All sein und den größten Teil seiner Mission bereits hinter sich
haben. Ursprünglich planten NASA und Juniorpartner ESA nämlich einen Start im Jahr 2010.
Das Teleskop sollte dann mindestens 5,5 Jahre beobachten, wobei eine
Nutzungsdauer von zehn Jahren angestrebt war.
Anders als Hubble wird James Webb nicht von einer
Erdumlaufbahn aus beobachten, sondern von einem 1,5 Millionen Kilometer von der
Umlaufbahn der Erde um die Sonne entfernten Orbit aus, dem sogenannten
Lagrange-Punkt L2, wo sich die Schwerkraft der Sonne und der Erde die Waage
halten. Das Teleskop und seine Instrumente werden dort, geschützt durch einen
riesigen Sonnenschild von der Größe eines Tennisplatzes, auf Temperaturen unter
-233 Grad Celsius gekühlt.
Im Gegensatz zu Hubble werden daher Wartungsmissionen zum
James-Webb-Weltraumteleskop nicht möglich sein. Das James-Webb-Weltraumteleskop
wird über einen segmentierten Hauptspiegel mit einem Durchmesser von insgesamt
6,5 Metern verfügen, womit ein neuer Größenrekord für Weltraumteleskope
aufgestellt werden dürfte. Dieser Spiegel leitet die Lichtstrahlen an vier
komplexe wissenschaftliche Instrumente weiter.
Doch diese Komplexität, insbesondere von Spiegel und Sonnenschutz, erfordert
Technologien, die nie zuvor unter Weltraumbedingungen getestet worden waren und
sorgte in den vergangenen Jahren nicht nur für Verzögerungen, sondern auch für
dramatisch höheren Kosten: Sie stiegen seit Beginn des Projekts von unter einer
Milliarde auf inzwischen rund zehn Milliarden US-Dollar.
Der neue Starttermin hat auch, aber nicht nur mit der Covid-19-Pandemie zu
tun, durch die die Arbeiten beim Hersteller
Northrop Grumman beeinträchtigt wurden. Allerdings hatte es schon vorher
Anzeichen dafür gegeben, dass ein Start im März 2021 immer schwieriger zu
realisieren sein würde. Eine gründliche Begutachtung der noch zu erledigenden
Arbeiten, die in dieser Woche abgeschlossen wurde, hat nun zur Festlegung des
neuen Termins geführt.
"Die Beharrlichkeit und die Innovationskraft des gesamten Webb-Telescope-Teams
hat es uns ermöglicht, herausfordernde Situationen zu bewältigen, die wir auf
unserem Weg zum Start dieser beispiellosen Mission nicht vorausgesehen haben",
sagte Thomas Zurbuchen, der bei der NASA zuständige Administrator für
wissenschaftliche Missionen. "Webb ist das komplexeste
Weltraumobservatorium der Welt und unsere oberste wissenschaftliche Priorität.
Wir haben uns sehr bemüht, auch trotz der Pandemie voranzukommen."
"Basierend auf aktuellen Prognosen erwarten wir, dass die verbleibenden
Arbeiten innerhalb des neuen Zeitplans abgeschlossen werden können, ohne dass
zusätzliche Mittel erforderlich sind", sagte Gregory Robinson, der für James
Webb zuständige Direktor bei der NASA. James Webb soll mit einer Rakete vom
Typ Ariane 5 vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou aus starten.
|