Weitere Verzögerungen für James Webb
von
Stefan Deiters astronews.com
15. Juni 2020
Eigentlich sollte der Nachfolger des Weltraumteleskops
Hubble, das James Webb Space Telescope, seine Mission inzwischen
schon erfolgreich abgeschlossen haben. In den letzten Jahren jedoch verzögerte
sich der Start des Teleskops immer weiter und die Kosten stiegen. In der letzten
Woche gab die NASA nun erstmals zu, dass auch der aktuelle Starttermin im März
2021 nicht zu halten sein wird.
Künstlerische Darstellung des James Webb Space Telescope.
Bild: Northrop Grumman [Großansicht] |
Das James Webb Space Telescope ist so etwas wie der Berliner
Hauptstadtflughafen der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA: Das als
wissenschaftlicher Nachfolger des Weltraumteleskops Hubble gedachte
Observatorium sollte, so sahen es zumindest die ursprünglichen Pläne vor, schon
längst im All sein und den größten Teil seiner Mission bereits hinter sich
haben. Ursprünglich planten NASA und Juniorpartner ESA nämlich einen Start im Jahr 2010.
Das Teleskop sollte dann mindestens 5,5 Jahre beobachten, wobei eine
Nutzungsdauer von zehn Jahren angestrebt war.
James Webb gilt zwar als Nachfolger des Weltraumteleskops Hubble,
ist allerdings kein verbessertes Hubble-Teleskop. Es wird nämlich
andere Beobachtungsschwerpunkte haben. Das Teleskop und seine Instrumente werden
besonders auf die Beobachtung im Infraroten ausgelegt sein, um die Strahlung
ferner Galaxien analysieren oder Wolken kosmischen Staubs durchdringen zu
können, die beispielsweise junge Sterne umgeben.
Anders als Hubble wird James Webb nicht von einer
Erdumlaufbahn aus beobachten, sondern von einem 1,5 Millionen Kilometer von der
Umlaufbahn der Erde um die Sonne entfernten Orbit aus, dem sogenannten
Lagrange-Punkt L2, wo sich die Schwerkraft der Sonne und der Erde die Waage
halten. Das Teleskop und seine Instrumente werden dort, geschützt durch einen
riesigen Sonnenschild von der Größe eines Tennisplatzes, auf Temperaturen unter
-233 Grad Celsius gekühlt.
Im Gegensatz zu Hubble werden daher Wartungsmissionen zum
James-Webb-Weltraumteleskop nicht möglich sein. Das James-Webb-Weltraumteleskop
wird über einen segmentierten Hauptspiegel mit einem Durchmesser von insgesamt
6,5 Metern verfügen, womit ein neuer Größenrekord für Weltraumteleskope
aufgestellt werden dürfte. Dieser Spiegel leitet die Lichtstrahlen an vier
komplexe wissenschaftliche Instrumente weiter.
Doch diese Komplexität, insbesondere von Spiegel und Sonnenschutz, erforderte
Technologien, die nie zuvor unter Weltraumbedingungen getestet worden waren und
sorgte in den vergangenen Jahren nicht nur für Verzögerungen, sondern auch für
dramatisch höheren Kosten: Sie stiegen seit Beginn des Projekts von unter einer
Milliarde auf inzwischen rund zehn Milliarden US-Dollar.
Der jüngste offizielle Starttermin lautete nun März 2021. Doch schon zu
Jahresbeginn ergaben interne Untersuchungen, dass die Chance, dass dieser Termin
zu halten ist, bei lediglich zwölf Prozent liegt. Die Covid-19-Pandemie, durch
die auch die Arbeiten am James Webb Space Telescope beim Hersteller
Northrop Grumman beeinträchtigt waren, hat nun dazu geführt, dass man auch bei
der NASA offiziell zugegeben hat, dass eine weitere Startverzögerung ansteht:
Der für Wissenschaft bei der NASA zuständige Administrator Thomas Zurbuchen
machte in der vergangenen Woche bei einem virtuellen Treffen des National
Academies' Space Studies Board entsprechende Aussagen. Er hoffe aber, so
wird Zurbuchen zitiert, dass James Webb noch im Laufe des Jahres 2021
gestartet werden kann.
Dank der Beobachtungen im Infrarotbereich verspricht man sich von James Webb
ganz neue Erkenntnisse über die Entstehung der ersten Galaxien. Durch die
Expansion des Weltalls ist nämlich das Licht, das uns aus dieser frühen Zeit
erreicht, inzwischen ins Infrarote verschoben. Außerdem soll der Hubble-Nachfolger
neue Erkenntnisse über die Entstehung von Planeten und über massereiche Schwarze
Löcher in anderen Galaxien liefern.
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