Deutsches Know-how für Hubble-Nachfolger
Redaktion / MPG
astronews.com
6. Dezember 2005
2013 soll es soweit sein: Mit einer Ariane 5-Rakete
wird der Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops zu seinem Einsatzort gebracht
werden. Die Vorbereitungen für den Bau des Teleskops, das den Astronomen einen
Blick auf das "erste Licht" im Universum erlauben soll, laufen auf Hochtouren -
auch bei den Wissenschaftlern des Heidelberger Max-Planck-Instituts für
Astronomie.
Das "James Webb Space Telescope" ist wie Hubble ein
europäisch-amerikanisches Projekt. Seine Leistungsfähigkeit wird
die seines Vorgängers weit übertreffen. Bild: NASA |
Carl Zeiss Optronics Oberkochen und das Max-Planck-Institut für Astronomie in
Heidelberg (MPIA) entwickeln das feinmechanisch-optische Herzstück für zwei
Instrumente des neuen James Webb Weltraum-Teleskops (JWST). Im Auftrag
der Weltraumbehörden ESA und NASA wird das JWST mit einem 6,5-Meter-Spiegel als
Nachfolger des legendären Weltraumteleskops Hubble in den kommenden acht
Jahren Gestalt annehmen. Am 29. November wurden die Verträge zwischen Carl Zeiss
und dem Max-Planck-Institut für Astronomie über die gemeinsame Arbeit an den
Instrumenten MIRI und NIRSpec für das JWST unterzeichnet.
Das Weltraum-Teleskop James Webb wird das Weltraumteleskop Hubble
im nächsten Jahrzehnt als erfolgreichstes astronomisches Beobachtungsinstrument
ablösen. Das wichtigste wissenschaftliche Ziel dieser Mission ist die Entdeckung
des "ersten Lichts" im frühen Universum, also der Entstehung der ersten Sterne
aus dem langsam abkühlenden Feuerball des Urknalls.
Das Licht dieser ersten
Sterne und Galaxien ist extrem in den roten Spektralbereich verschoben, weil es
durch die laufende Ausdehnung des Universums um das etwa zwanzigfache in der
Wellenlänge gedehnt ist. Deshalb kann das frühe Universum nur im infraroten
Spektralbereich beobachtet werden. Hier würden die schwachen kosmischen Quellen
durch die Infrarot- (Wärme-) Strahlung des Teleskops und der Instrumente
überblendet. Um die winzigen Signale von dieser Störstrahlung zu befreien, muss
das Teleskop tief gekühlt werden.
Das JWST wird daher im "Lagrange-Punkt L2" stationiert, der sich 1,5
Millionen Kilometer außerhalb der Erdbahn befindet. Weil sich dort die Anziehung
von Sonne und Erde addieren, läuft das JWST synchron mit der Erde um die Sonne
und ist stets von der Sonne abgewandt. Hier kühlen sich das Teleskop und die
Instrumente durch den Blick in den kalten Kosmos auf -230 Grad Celsius ab.
Die
extrem hohe Empfindlichkeit, kombiniert mit der hohen Auflösung des sehr großen
Teleskops, wird auch zu ganz neuen Einsichten bei der Entstehung von Sternen und
Planeten in unserem eigenen Milchstraßensystem führen. Diese Untersuchungen sind
nur im infraroten Licht möglich, da dieses - anders als sichtbares Licht - die
dichten Gas- und Staubwolken, in denen die Sterne und Planeten entstehen, fast
ungeschwächt durchdringen kann.
Die Anforderungen an das Teleskop und seine Instrumente sind immens. Nach
einer Startbelastung mit einem Vielfachen der Erdbeschleunigung werden die
Instrumente im All bis nahe an den absoluten Temperatur-Nullpunkt (-273 Grad
Celsius) gekühlt. Nach der Entfaltung des Teleskops am Zielort sollen dann die
astronomischen Instrumente mit einer Genauigkeit ausgerichtet und festgehalten
werden, die in etwa dem Zielen auf einen einem Stecknadelkopf in einem Kilometer
Entfernung entspricht.
Zur Datenaufnahme wird die Weltraum-Sternwarte drei Instrumente an Bord haben
- MIRI, NIRSpec und NIRCam. MIRI und NIRSpec werden in Europa entwickelt und
gebaut. Carl Zeiss und das MPIA werden als einzige europäische Vertreter zu
beiden Instrumenten einen entscheidenden Beitrag leisten. Für das
MIRI-Instrument wird C. Zeiss an das MPIA die Filter- und
Gitterwechsler-Mechanismen liefern, durch die das Instrument für verschiedene
Beobachtungsarten präzise konfiguriert werden kann. Dazu leistet das MPIA selbst
einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und Test. Ferner wird C. Zeiss zwei
Filter- und Gitterwechsler-Mechanismen für das NIRSpec-Instrument an EADS
Astrium liefern. Hier wird das MPIA gleichermaßen sein Know-How einbringen.
Beide Themen waren Gegenstand der Vertrags-Unterzeichnungen.
Aufgrund ähnlicher Anforderungen können die MIRI- und NIRSpec-Mechanismen als
verwandt betrachtet werden. Entwicklung und Test der Mechanismen werden die
kommenden zweieinhalb Jahre in Anspruch nehmen. Danach werden die von C. Zeiss
und MPIA entwickelten Mechanismen in die jeweiligen Instrumente eingebaut. Eine
europäische Ariane-5-Trägerrakete soll das JWST im Jahre 2013 an seinen
Bestimmungsort auf der L2-Bahn bringen. Diese Vorhaben werden durch die
Europäische Weltraum-Agentur ESA, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
DLR und die Max-Planck-Gesellschaft gefördert.
Bereits in der Vergangenheit haben C. Zeiss und das Max-Planck-Institut für
Astronomie erfolgreich an anspruchsvollen Instrumenten für den Einsatz im
Weltraum zusammengearbeitet, so zum Beispiel bei der Entwicklung der Isophot-Mechanismen,
welche wesentlich zum Erfolg des europäischen Infrarot-Weltraum-Observatoriums
ISO beigetragen haben. In jüngster Zeit ist die Zusammenarbeit am
PACS-Instrument des europäischen Weltraumobservatoriums Herschel, das im
Jahre 2008 starten wird, hervorzuheben.
Im Laufe dieser Kooperationen gelang es sowohl C. Zeiss als auch dem MPIA ein
hohes Maß an Vertrauen bei ihren internationalen Partnern zu erwerben. Beide
Partner werden jetzt Neuland betreten. Die Heidelberger Astonomen wollen die
Grenze des Dunklen Zeitalters des Universums erreichen, in dem es noch keine
Sterne gab. Gemeinsam möchten sie optomechanische Systeme bisher unerreichter
Qualität entwickeln, die den Erfolg der astronomischen "Flagschiff"-Mission JWST
sichern, und die auch die Grundlage für hohe Wettbewerbsfähigkeit bei vielen
denkbaren Anwendungen in der Zukunft bilden.
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