Sternenstaub im antarktischen Schnee
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Technischen Universität München astronews.com
21. August 2019
Bei gewaltigen Sternenexplosionen entsteht das seltene
Isotop Eisen-60. Nur eine sehr geringe Menge davon gelangt von fernen Sternen
auf die Erde. Jetzt hat ein Forschungsteam erstmals Eisen-60 im antarktischen
Schnee gefunden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, dass das
Eisen-Isotop aus unserer interstellaren Nachbarschaft stammt.
In der Nähe der Kohnen-Station der Antarktis
wurden Schneeproben entnommen, die an der TUM
untersucht wurden.
Foto: S. Kipfstuhl / AWI [Großansicht] |
Mehrere Tausend bis Zehntausend Tonnen kosmischer Staub rieseln
jährlich auf die Erde. Die meisten der winzigen Teilchen stammen von Asteroiden
oder Kometen unseres Sonnensystems. Ein kleiner Teil kommt allerdings von fernen
Sternen. Für das darin befindliche Eisen-Isotop Eisen-60 gibt es keine
natürlichen irdischen Quellen, es entsteht ausschließlich bei
Supernova-Explosionen oder Reaktionen der kosmischen Strahlung mit dem
kosmischen Staub.
Den ersten Nachweis für Eisen-60 auf der Erde erbrachte ein Forschungsteam
der Technischen Universität München (TUM), darunter der Physiker Dr. Gunther
Korschinek, vor 20 Jahren in Tiefseeablagerungen. Korschinek vermutete auch im
reinen, unberührten antarktischen Schnee Spuren von Sternenexplosionen. Damit
sich diese Annahme überprüfen lässt, sammelte Dr. Sepp Kipfstuhl vom
Alfred-Wegener-Institut an der Kohnen-Station, einer Containersiedlung in der
Antarktis, 500 Kilogramm Schnee und ließ diesen zur Untersuchung nach München
transportieren.
Dort schmolz ein Team der TUM den Schnee und trennte das Schneewasser von den
festen Bestandteilen. Diese wurden am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
(HZDR) mit verschiedenen chemischen Methoden bearbeitet, sodass das für die
spätere Analyse benötigte Eisen im Milligrammbereich vorlag und die Proben
zurück nach München gebracht werden konnten. Im Beschleunigerlabor in Garching
bei München fanden Korschinek und Dominik Koll aus dem Fachbereich Kern-,
Teilchen- und Astrophysik der TUM fünf Eisen-60-Atome in den Proben. "Nach
unseren Untersuchungen konnten wir ausschließen, dass das Eisen-60 von
kosmischer Strahlung, Atomwaffentests oder Reaktorunfällen herrührt", sagt Koll.
"Da es keine natürlichen Quellen für dieses radioaktive Isotop auf der Erde
gibt, war uns klar, dass das Eisen-60 aus einer Supernova stammen muss."
Das Forschungsteam konnte relativ genau festlegen, wann das Eisen-60 auf die
Erde gerieselt ist: Die untersuchte Schneeschicht war nicht älter als 20 Jahre.
Auch schien das gefundene Eisen-Isotop nicht von besonders weit entfernten
Sternenexplosionen zu kommen, da sich der Eisen-60-Staub in dem Fall zu stark im
Universum verdünnt hätte. Aufgrund der Halbwertszeit von Eisen-60 müssten Atome,
die von der Entstehung der Erde herrühren, bis heute vollständig zerfallen sein.
Koll geht daher davon aus, dass das Eisen-60 im antarktischen Schnee aus der
interstellaren Nachbarschaft stammt – etwa aus einer Ansammlung von Gaswolken,
in denen sich unser Sonnensystem derzeit befindet. "Unser Sonnensystem ist vor
etwa 40.000 Jahren in eine dieser Wolken eingetreten", sagt Korschinek, "und
wird sie in einigen Tausend Jahren wieder verlassen. Sollte die
Gaswolken-Hypothese stimmen, würde Material aus Eisbohrkernen, das älter als
40.000 Jahre ist, kein interstellares Eisen-60 enthalten", ergänzt Koll. "Damit
könnten wir den Übergang des Sonnensystems in die Gaswolke nachweisen – das wäre
eine wegweisende Erkenntnis für Forscherinnen und Forscher, die sich mit der
Umgebung des Sonnensystems beschäftigen."
Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift Physical Review Letters
veröffentlicht.
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