Spuren in
5.000 Metern Tiefe
Redaktion
astronews.com
18. November 2004
Wissenschaftler der Technischen Universität in München haben an ungewöhnlicher
Stelle Spuren einer Supernova-Explosion in unser relativen kosmischen
Nachbarschaft entdeckt: auf dem Boden des Pazifik. Die Explosion vor drei
Millionen Jahren könnte auch Einfluss auf die Entwicklung der Menschen gehabt
haben.
Forscher entdeckten im Pazifik Spuren einer Supernova vor drei
Millionen Jahren.
Foto:
NSSDC / NASA |
Supernova-Explosionen gehören mit zu den gewaltigsten Explosionen im
Universum und stellen das gewaltsame Ende eines massereichen Sterns dar. Sie
sind für die Entstehung von schweren Elementen von entscheidender Bedeutung -
und damit auch für die Entwicklung von Leben auf der Erde. Eines der Isotope,
das bei einer solchen Explosion ins All geschleudert wird, ist das in unserem
Sonnensystem nicht existente Eisen-60.
Und genau dieses haben Physikern der TU
München nun mit Hilfe der Beschleuniger-Massenspektronomie (durchgeführt am
Beschleunigerlaboratorium der Ludwig-Maximilians- und Technischen Universität in
Garching) in Proben einer Tiefsee-Mangankruste nachgewiesen. Vor knapp drei
Millionen Jahren muss also eine Supernova stattgefunden haben, deren Auswurf
schließlich auch die Erde erreicht hat und hier abgelagert wurden.
Innerhalb unseres Sonnensystems kann Eisen-60 mit seiner Halbwertszeit von
1,5 Millionen Jahren praktisch nicht entstehen. Bei einer einzigen Supernova
werden hiervon allerdings Mengen vergleichbar der zehnfachen Erdmasse erzeugt.
Bei diesen Explosionen wird innerhalb weniger Sekunden eine Energie um die 1051
erg (ein Wert, den die Sonne in ihrer mehrere Milliarden Jahre währenden
Existenz insgesamt erbringt) frei. Das dabei ins All geschleuderte Material
lässt sich auch über Distanzen von mehreren hundert Lichtjahren
ausmachen. Um Ablagerungen dieses Radionuklids überhaupt aufspüren zu können, dürfte
die Erde vom Explosionsort nur verhältnismäßig gering entfernt gewesen sein,
also weniger als einige hunderte Lichtjahre.
Anhand verschiedener Schicht-Untersuchungen konnten die Wissenschaftler zum
einen Rückschlüsse auf das Alter der Mangankruste ziehen, zum anderen Messungen
hinsichtlich des vermuteten Eisen-60-Aufkommens durchführen. Die Probe, die aus
einer Tiefe von 5.000 Metern vom Grund des Pazifiks stammt, wurde hierfür
ionisiert und im Tandem-van-de-Graff-Beschleuniger, einem elektrostatischen
Teilchen-Beschleuniger, auf bis zu 14 Millionen Volt Spannung beschleunigt,
anschließend mittels eines 90 Grad-Magneten gefiltert und aussortiert. Spuren
von Eisen-60-Atomen wurden in den etwa drei Millionen Jahre alten Schichten
gefunden – ein Wert, der exakt mit dem erwarteten Niederschlag durch eine
Supernova in einer Distanz von 100 Lichtjahren übereinstimmt.
Für die Forscher, die über ihre Arbeit in der Fachzeitschrift Physical Review
Letters berichteten, ist der Fund auch aus einem anderen Grund interessant:
Letztlich würden ihre Ergebnisse, so schreiben sie in einer Pressemitteilung,
auch auf einen "kosmischen Klimawechsel" hindeuten, der vor etwa drei Millionen
Jahren stattgefunden und dabei Auswirkungen auf die Entwicklung des Menschen
gehabt haben könnte.
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