Ein Exoplanet im Detail
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
28. März 2019
Astronomen ist es erstmals gelungen, einen Exoplaneten
mithilfe interferometrischer Messungen zu untersuchen. Dadurch erfuhren sie
spannende und unerwartete Details über den Exoplaneten HR 8799e in rund 130
Lichtjahren Entfernung. So besteht die Atmosphäre nicht wie erwartet aus Methan,
sondern zu einem beträchtlichen Teil aus Kohlenmonoxid.
Fremde Welt: Der Exoplanet HR 8799e konnte
mithilfe der neuen Technik getrennt vom
Mutterstern HR 8799 spektroskopiert werden. So
könnte der Planet aussehen.
Bild: ESO/Luis Calçada [Großansicht] |
Exoplaneten im Detail und ohne störende Einflüsse zu untersuchen ist schwer.
Ganz allgemein wird es mit zunehmender Entfernung immer schwieriger, feine
Details eines Objekts abzubilden. Bei Exoplaneten kommt hinzu, dass sie
typischerweise von ihrem deutlich helleren Stern überstrahlt werden. Jetzt
konnte eine Forschergruppe unter der Leitung von Sylvestre Lacour vom Observatoire
de Paris und dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, zu der
auch Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie gehören, eine neue
Untersuchungsmethode demonstrieren, die einige dieser Probleme umgeht und damit
einen neuartigen Blick auf Exoplaneten ermöglicht.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Instrument GRAVITY am Very Large
Telescope Interferometer (VLTI) der Europäischen Südsternwarte am Paranal-Observatorium
in Chile, das 2016 in Betrieb genommen wurde. GRAVITY kann mithilfe sogenannter
Interferometrie das Licht mehrerer Teleskope zu einem gemeinsamen Bild
kombinieren. Im Zusammenspiel der vier Acht-Meter-Teleskope des Very Large
Telescope (VLT) lassen sich auf diese Weise Details sichtbar machen, wie
sie ein Einzelteleskop nur mit rund 100 Metern Spiegeldurchmesser liefern
könnte.
Die jetzt veröffentlichten Beobachtungen des Exoplaneten HR 8799e
demonstrieren erstmals, welches Potenzial interferometrische Beobachtungen für
die Untersuchung von Exoplaneten besitzen. Das Zielobjekt, HR 8799e, gehört zu
den vergleichsweise wenigen (rund 120 von 4000) Exoplaneten, von denen direkte
Abbildungen existieren. Die allermeisten Exoplaneten konnten bisher nur indirekt
nachgewiesen werden. HR 8977e ist Teil eines jungen Fünf-Körper-Systems, knapp
130 Lichtjahre von uns entfernt, welches aus dem Stern HR 8799 und vier
nachgewiesenen Planeten besteht. Bei ihnen handelt es sich um Gasriesen mit der
5- bis 10-fachen Masse des Jupiter.
Von den vier Planeten ist HR 8799e derjenige mit der geringsten Entfernung
zum Stern. Dieser Umstand machte es bisher umso schwieriger, den Planeten und
den Stern in Teleskopbeobachtungen sauber auseinanderzuhalten. Insbesondere ist
die Strahlung des Sterns rund 20.000-mal größer als die des Exoplaneten – der
Planet wird regelrecht überstrahlt. Durch die geringe Entfernung ist der
Störfaktor des Sterns besonders groß. GRAVITY hat nun viel schärfere Bilder des
Exoplaneten geliefert als seine Vorgängerinstrumente.
Mithilfe dieser hochauflösenden Bilder konnte die Entfernung des Sterns zum
Planeten zehn Mal genauer als zuvor ermittelt werden. Das erlaubt bereits jetzt
eine genauere Bestimmung der Umlaufbahn des Planeten, die den neuen Messungen
nach leicht gegen die Bahnebene der anderen Planeten des HR 8799-Systems geneigt
zu sein scheint. Das neue Verfahren erlaubt es auch, das Licht des Planeten
besonders trennscharf vom Licht des Sterns zu unterscheiden – deutlich besser
als mit herkömmlichen Methoden, die versuchen, das Licht des Zentralsterns
mittels einer Maske abzublocken.
Damit ließ sich insbesondere das Spektrum von HR 8799e ungleich genauer
bestimmen als bisher. Ergebnis: Die Atmosphäre des mit einem Alter von 30
Millionen Jahren relativ jungen Gasplaneten ist mit einer Temperatur von etwa
880 Grad Ceslius noch relativ heiß. Und das Spektrum barg eine Überraschung:
"Ausgehend von unserem eigenen Sonnensystem, würde man bei einem Gasplaneten mit
dieser Temperatur große Mengen an Methan in der Atmosphäre erwarten", so Silvia
Scheithauer vom Max-Planck-Institut für Astronomie. "Überraschenderweise enthält
die Atmosphäre von HR 8799e aber kaum Methan, aber dafür große Mengen an
Kohlenmonoxid."
Dies zeigt einmal mehr, dass die Astronomen noch viel über die
Planetenentstehung lernen müssen – und auch, wie wichtig die Spektroskopie von
Exoplaneten-Atmosphären für den weiteren Erkenntnisfortschritt sein dürfte.
Derzeit planen die Forscher langfristige Folgebeobachtungen mit GRAVITY. Die
sollten eine so genaue Rekonstruktion der Bahn von HR 8799e ermöglichen, dass
dann - erstmals in einem räumlich aufgelösten Exoplanetensystem - nicht nur der
Gravitationseinfluss des Zentralsterns, sondern auch die gegenseitige Anziehung
der Gasplaneten messbar wird. Daraus werden sich die Massen der vier Gasplaneten
genauer bestimmen lassen.
Nach derzeitigen Schätzungen benötigt HR 8799e zwischen 40 und 50 Jahren, um
einmal um seinen Stern zu laufen. Die neuen Beobachtungen sind auch im Hinblick
auf die zukünftige Suche nach den Spuren von Leben im Universum von Interesse.
Die Suchstrategien der Astronomen laufen darauf hinaus, im Spektrum der
Atmosphäre eines Exoplaneten Spuren von Leben nachzuweisen. Die jetzt gelungene
Beobachtung zeigt eine Möglichkeit dafür auf, derartige Spektren in Zukunft mit
größerer Genauigkeit aufzunehmen.
Die Ergebnisse hat das Team in einem Fachartikel beschrieben, der in der
Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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