Planetenfunde im Hubble-Archiv
von Stefan Deiters astronews.com
7. Oktober 2011
Bei einer aufwendigen Neuanalyse von Hubble-Daten aus dem Jahr 1998 haben Astronomen zwei extrasolare Planeten
entdeckt, die damals übersehen worden waren. Der
Vergleich mit aktuellen Beobachtungen liefert den Astronomen nun wichtige
Informationen über die
Bahnen der Planeten. Jetzt hoffen sie, mit der Methode auch
unbekannte Welten aufspüren zu können.

Das HR 8799-System: die unbearbeitete
NICMOS-Aufnahme aus dem Jahr 1998...

... und die bearbeitete Version, auf dem die
drei Planeten gut zu erkennen sind.

Die
vermutete Konfiguration des Systems HR 8799. Bild:
NASA, ESA, STScI, R. Soummer
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Dass es um den jungen massereichen und 130 Lichtjahre entfernten
Stern HR 8799 Planeten gibt, weiß man bereits seit 2007: Zunächst wurden durch
Beobachtungen mit dem Keck-Teleskop und dem
Gemini-Nord-Teleskop auf Hawaii im nahen Infrarot drei Planeten um die ferne Sonne aufgespürt (astronews.com
berichtete), im letzten Jahre dann fand das gleiche Astronomenteam noch den
vierten, innersten Planeten. Dabei handelte es sich nicht etwa um eine indirekte
Entdeckung, sondern um eine tatsächliche Beobachtung, so dass HR 8799 das
bislang einzige extrasolare Planetensystem mit mehreren Planeten ist, von dem es
tatsächlich Bilder gibt.
Schon 2009 gelang es David Lafreniere von der Universität im kanadische
Montreal den äußersten Planeten des Systems in Hubble-Daten
aufzuspüren, die das Weltraumteleskop im Jahr 1998 mit Hilfe des Near Infrared Camera and
Multi-Object Spectrometer (NICMOS) gemacht hatte. Damit war gezeigt, dass man
mit einem neuen Verfahren zur Datenanalyse tatsächlich leuchtschwache Planeten
sichtbar machen kann, die eigentlich im hellen Schein ihrer Zentralsterne
untergehen.
Remi Soummer von Space Telescope Science Institute in Baltimore hat sich die
NICMOS-Archivdaten jetzt auch noch einmal vorgenommen und konnte bei einer neuen
Analyse zwei weitere Planeten des Systems aufspüren. Nur der innerste
Planet ließ sich auf den Bildern nicht entdecken, da sein Orbit bereits am Rand
der Blende liegt, mit der bei NICMOS das Licht des Zentralsterns abgedunkelt wird.
Der Nachweis der Planeten auf Bildern, die im Abstand von mehreren Jahren
aufgenommen wurden, verrät den Astronomen einiges über ihre Bahnen und das
Verhalten von Multiplanetensystemen, in denen sich massereiche Planeten auch
stark
gegenseitig beeinflussen können. "Mit Hilfe der Hubble-Bilder können wir nun die
Form der Bahnen besser bestimmen und daraus mehr über die Stabilität des
Systems, die Masse der Planeten, die Exzentrizität der Orbits und ihre
Inklination erfahren", so Soummer, der seine Resultate in der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal veröffentlichen wird.
Die drei äußeren Gasriesen von HR 8799 haben Orbits mit einer Umlaufdauer von
etwa 100, 200 und 400 Jahren. Astronomen müssen also sehr lange warten, um
verfolgen zu können, wie sie sich auf ihrer Bahn fortbewegen. Die neuen
Hubble-Daten sind da eine wichtige Hilfe. "Dem Archiv verdanken wir zehn Jahre
Wissenschaft", so Soummer, "ohne diese Daten hätten wir ein weiteres
Jahrzehnt warten
müssen." Trotzdem hat sich die
Position des äußersten Planeten innerhalb dieser zehn Jahre kaum verändert. "Aber
beim nächsten Planeten sieht man dann schon etwas vom Orbit und beim dritten,
inneren Planeten ist die Bewegung sehr deutlich."
1998 hatte man die Planeten auf den Hubble-Bildern nicht entdeckt, weil
damals die entsprechenden Analysemethoden noch nicht zur Verfügung standen. Die
Astrononen haben zwar versucht, das Licht des Zentralsterns aus dem Bild
herauszurechnen, um so das schwache Leuchten der Planeten sichtbar zu machen,
doch das Streulicht war noch immer zu stark, um etwas erkennen zu können.
Lafreniere hat dann eine ganze Bibliothek von Referenzsternen benutzt, um den
"Fingerabdruck" des Zentralsterns präziser herausrechnen zu können. Soummer und
sein Team haben diese Methode weiterentwickelt und verwendeten für die
Korrektur der Daten 466 Bilder von Referenzsternen, die aus archivierten
NICMOS-Beobachtungen stammen. Außerdem bearbeiteten die Wissenschaftler die
Aufnahmen noch
weiter, erhöhten etwa den Kontrast und entfernten bestimmte Beugungsmuster. Auf
diese Weise wurden schließlich die beiden Planeten sichtbar, deren Helligkeit
nur etwa 1/100.000 der Helligkeit des Zentralsterns im nahen Infrarot beträgt.
Soummer plant nun 400 weitere Sterne aus dem NICMOS-Archiv mit der neuen
Methode zu analysieren. Die Bildqualität dürfte sich damit um einen Faktor
10 im Vergleich zu den damals zur Verfügung stehenden Analyseverfahren
verbessern. Die
Astronomen hoffen, so eine Liste mit potentiellen Planetenkandidaten erstellen zu
können, die sich dann mit bodengebundenen Teleskopen bestätigen lassen sollten.
Für den Fall, dass auf diese Weise ein neuer Planet entdeckt wird, stünde
sofort Datenmaterial über mehrere Jahre zur Verfügung, um den Orbit der fernen
Welten bestimmen zu können.
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