Eisvulkane auf Pluto?
von Stefan Deiters astronews.com
10. November 2015
Auf den Bildern und in den Daten von Pluto und
seinen Monden, die die Sonde New Horizons zur Erde funkt, entdecken
Wissenschaftler praktisch täglich Neues und Unerwartetes. So könnte es sein, dass es sich bei zwei hohen Bergen auf dem Zwergplaneten um
Eisvulkane handelt. Mindestens zwei Monde dürften zudem durch eine Kollision und
Verschmelzung entstanden sein.

Eisvulkane auf Pluto? Das Team von New Horizons
hält dies bei diesen zwei Bergen für möglich.
Bild: NASA / Johns Hopkins University
Applied Physics Laboratory / Southwest Research
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"Die Mission New Horizons hat praktisch alles was wir über Pluto zu wissen
glaubten, auf den Kopf gestellt", so Jim Green, der Direktor für
Planetenwissenschaften am Hauptquartier der amerikanischen Raumfahrtbehörde
NASA in Washington. "Das ist der Grund warum wir forschen - um unsere angeborene
Neugier zu befriedigen und grundlegende Fragen zu beantworten, wie etwa
woher wir kommen und was hinter dem nächsten Horizont liegt."
Aktuell berichtet das Team der NASA-Sonde New Horizons, die am 14. Juli 2015 am
Zwergplaneten Pluto und seinen Monden vorübergeflogen war, auf der Jahrestagung
der Abteilung für Planetenwissenschaften der American Astronomical Society (AAS)
über die jüngsten Erkenntnisse aus den Daten, die die Sonde in den letzten drei
Monaten zur Erde übermittelt hat.
"Es ist nur schwer vorstellbar, wie schnell sich unsere Ansichten über Pluto und
seine Monde durch die neuen Daten weiterentwickeln, die uns Woche für Woche
erreichen", so Alan Stern vom Southwest Research Institute, der verantwortliche
Wissenschaftler der Mission. "Die Entdeckungen aus diesen Daten machen Pluto zu
einem Star im Sonnensystem. Außerdem würde ich wetten, dass für jeden
Planetenwissenschaftler schon ein oder zwei unserer Entdeckungen auf einem
Objekt bemerkenswert wären. Aber alle zusammen sind einfach
unvorstellbar."
Eine dieser Entdeckungen basiert auf der Auswertung von
dreidimensionalen
Karten, die auf Grundlage der Bilder von Pluto erstellt wurden. Diese Karten,
die die Höhenunterschiede auf der Oberfläche zeigen, deuten darauf hin, dass es
sich bei zwei der prominentesten Berge um Eisvulkane handeln könnte.
"Es sind große Berge, die ein gewaltiges Loch am Gipfel haben. Auf
der Erde bedeutet dies in der Regel eines: es ist ein Vulkan", so Oliver White
vom Ames Research Center der NASA, der zum New-Horizons-Team gehört.
Eisvulkane kommen auf Himmelskörpern vor, auf denen die Temperatur bei deutlich
unter minus 100 Grad Celsius liegt. Statt geschmolzenen Gesteins, wie die Vulkane
auf der Erde, speien Eisvulkane eine Mischung von verschiedenen Arten von Eis in
ihre Umgebung - beispielsweise Eis aus Wasser, Stickstoff, Ammoniak oder Methan.
Das Team betont, dass die Interpretation der Oberflächenstrukturen als Eisvulkan
noch vorläufig ist. Sollte sie sich aber bestätigen, wäre die Entdeckung ein
wichtiger Hinweis zum Verständnis der geologischen und atmosphärischen
Entwicklung des Zwergplaneten.
Ein weiterer überraschender Fund ist, dass es auf Pluto offenbar Oberflächen
ganz unterschiedlichen Alters gibt. Dies deutet darauf hin, dass Pluto den
größten Teil seiner über vier Milliarden Jahre währenden Geschichte geologisch
aktiv war. Dass man auf der Oberfläche ungewöhnlich wenig kleinere Krater
gefunden hat, könnte ein Hinweis auf die Zusammensetzung des Kuipergürtels sein
und bedeuten, dass es hier generell weniger kleine Objekte gibt.
Bislang waren viele Wissenschaftler davon ausgegangen, dass die großen Objekte
des Kuipergürtels durch Kollisionen und Verschmelzungen von kleineren Objekten
mit Durchmessern von einem Kilometer und weniger entstehen. Wenn es tatsächlich weniger
kleinere Objekte in dieser Region gibt, könnten Modelle eher zutreffender sein,
nach denen
Objekte mit einem Durchmesser von deutlich über zehn Kilometern sich praktisch schon
in dieser Größe gebildet haben.
Viele Rätsel zu lösen gibt es auch in Sachen Plutomonde: So scheint es, dass
mindestens zwei Monde durch die Kollision von zwei oder mehreren früheren Monden
entstanden sind. Pluto könnte also einst, nach dem gewaltigen Einschlag, bei dem
der größte Mond Charon entstanden ist, noch über deutlich mehr Monde verfügt
haben als heute.
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New Horizons,
Webseite des Applied Physics Laboratory der JHU
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