Kein offenes Eis im Shackleton-Krater
von
Rainer Kayser
24. Oktober 2008
An den Polen des Erdtrabanten gibt es Regionen, die permanent im Dunklen liegen. Gibt es in diesen Bereichen gefrorenes Wasser? Die Antwort auf diese Frage ist bislang umstritten. Einem japanischen Forscherteam ist nun erstmals ein direkter Blick auf den im ewigen Dunkel liegenden Boden des Kraters Shackleton am lunaren Südpol geglückt. Ihr ernüchterndes
Fazit: Offenes Eis an der Oberfläche gibt es dort nicht - zumindest nicht in signifikanten Mengen.
Die Südpolarregion des Mondes. Das Mosaik wurde
aus rund 1.500 Aufnahmen der Sonde Clementine
zusammengestellt.
Bild: NASA / JPL / USGS [Großansicht] |
Da die Rotationsachse des Mondes fast senkrecht auf der Erdbahn steht, gibt es auf dem Erdtrabanten keine Jahreszeiten. Die Beleuchtungsverhältnisse an den Polen ändern sich nur unwesentlich, große Flächen werden von den Kraterwällen permanent vor dem Sonnenlicht abgeschirmt. Dort kann sich bei Temperaturen von minus 230 Grad dauerhaft Wasser im Mondboden ablagern, das in der Frühzeit des Sonnensystems durch Kometen auf den Erdtrabanten gebracht wurde.
1996 lieferten Radarmessungen der amerikanischen Sonde Clementine Hinweise darauf, dass es im Inneren des Kraters Shackleton am Mond-Südpol tatsächlich solche Eis-Ablagerungen geben könnte. Zwei Jahre später zeigten Messungen der ebenfalls amerikanischen Sonde
Lunar Prospector mit einem Gammastrahlungs-Spektrometer ein erhöhtes Wasserstoff-Vorkommen in den dunklen Regionen des lunaren Südpols.
Andererseits konnten Messungen mit dem großen Arecibo-Radioteleskop im Jahr 2006 kein Eis im Shackleton-Krater nachweisen.
Junichi Haruyama vom Institut für Weltraumforschung ISAS in Kanagawa und seine Kollegen hatten nun die Idee, mit der japanischen Mondsonde
Selene erstmals einen direkten Blick in den Shackleton-Krater zu werfen. Denn die Neigung der Rotationsachse des Mondes gegen die Ekliptik ist mit 1,5 Grad zwar gering, führt aber doch zu kleinen Schwankungen der Beleuchtungszustände an den Mondpolen.
So herrschte von Oktober bis Dezember 2007 am lunaren Südpol gewissermaßen "Sommer", die Sonne stand dort also etwas höher am Himmel als sonst. Dadurch trafen ihre Strahlen jeweils auf einer Seite auf die Innenwand des Kraterwalls von Shackleton und die Kraterwand warf einen Teil des Sonnenlichts zurück in das Innere des Kraters. Diese schwache Beleuchtung reichte Haruyama und seinen Kollegen, um sich ein Bild von der Beschaffenheit der Oberfläche am Boden des Shackleton-Kraters zu machen.
"Wir haben keine auffällig hellen Flächen innerhalb des Shackleton-Kraters gefunden", schreiben die Forscher in der Online-Ausgabe des Fachblatts
Science. Gibt es also kein Eis im Shackleton-Krater? Diese Frage kann auch diese Untersuchung nicht definitiv beantworten.
"Es gibt keine Flächen aus offenem Eis oberhalb der Auflösung der Kamera von Selene", so die Forscher, und diese Auflösung liegt bei zehn Metern. Allerdings sei es immer noch möglich, dass Eis in geringen Mengen dem Regolith an der Mondoberfläche beigemischt ist oder dass das Eis unter einer dünnen Regolith-Schicht verborgen ist.
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