Kein Eis auf dem Mond?
von Rainer Kayser
19. Oktober 2006
Wie versorgt man Astronauten auf dem Mond mit Wasser? Statt
das kostbare Nass mühsam und teuer von der Erde mitzubringen, hoffte die NASA
dort vorhandenes Wasser nutzen zu können, das sich als Eis in dunklen
Mondkratern verbirgt. Doch daraus dürfte nichts werden: Die Messergebnisse, die
auf die Wasservorkommen hindeuteten, wurden wohl falsch interpretiert.
Erdmond: Kein Wasser in dunklen Kratern? Foto:
NSSDC/NASA |
Aus der Traum: An den Polen des Mond scheint es doch kein gefrorenes Wasser
zu geben. Frühere Messungen hatten auf Eisablagerungen im ewigen Dunkel einiger
durch Kraterwände abgeschatteter Regionen hingedeutet. In den amerikanischen
Raumfahrtplänen spielt das Eis eine wichtige Rolle zur Versorgung einer
künftigen bemannten Mondbasis. Aber daraus wird wohl nichts. Jetzt im Fachblatt
Nature veröffentlichte Radarmessungen zeigen, dass offenbar Geröll in
jüngeren Einschlagkratern das für Eis typische Radarecho vorgetäuscht hat.
"Unsere Messungen besitzen eine erheblich höhere Auflösung als alle
früheren", erläutert Donald Campbell von der Cornell University in Ithaca
im US-Bundesstaat New York. Campbell und seine Kollegen hatten mit dem 300 Meter
großen Arecibo-Radioteleskop in Puerto Rico Radarstrahlen zum Mond
geschickt. Zweieinhalb Sekunden später empfingen sie die vom Erdtrabanten
reflektierten Radarstrahlen mit dem 100 Meter großen Green Bank Telescope
in West Virginia.
Auf den ersten Blick schienen die Radarechos die Messungen der amerikanischen
Sonde Clementine aus dem Jahre 1996 zu bestätigen. Auch Campbell und sein
Team empfingen aus der Südpol-Region des Mondes Radarechos, die auf Wassereis
hindeuteten. Doch dann zeigte sich dank der höheren Auflösung, dass die Echos
aus den falschen Gebieten kamen: zum Beispiel nicht aus dem ewig dunklen Krater
Shackleton, sondern aus dem im Sonnenschein liegenden Krater Schomberger. Dort
sind die Temperaturen mit rund 120 Grad Celsius aber zu hoch - Wassereis würde
sofort verdampfen. "Die Radarsignale stammen also vermutlich von der Reflexion
zwischen Geröll und Gesteinsbrocken in jungen Kratern und nicht von Eis", so
Campbells Kollege Bruce Hapke von der University of Pittsburgh.
Zwar hatte auch die Sonde Lunar Prospector 1998 ein erhöhtes Vorkommen
von Wasserstoff an den Polen des Mondes festgestellt. Doch eine vor einer Woche
auf einer Fachtagung in Pasadena von David Paige (University of California)
und Kollegen vorgestellte Analyse zeigt auch in diesem Fall, dass die höchsten
Wasserstoff-Vorkommen nicht - wie bei Eis zu erwarten - an den kältesten Stellen
des Mond-Südpols liegen. Die Forscher vermuten deshalb, dass der Wasserstoff aus
dem Sonnenwind stammt, einem ständig von der Sonne abgeblasenen Gasstrom.
Vollständig ausschließen lässt sich die Existenz kleinerer Eisablagerungen in
dunklen Regionen an den Mondpolen mit Radarmessungen allerdings nicht. "Es gibt
immer noch die Möglichkeit, dass es solche Ablagerungen in einigen wenigen
abgeschatteten Gebieten gibt, die von der Erde aus per Radar nicht sichtbar
sind", so Campbell, "aber ich würde empfehlen, bei den Planungen für bemannte
Mondlandungen oder Mondstationen nicht darauf zu zählen."
|