Die Planemo-Zwillinge
von Stefan
Deiters
astronews.com
7. August 2006
Europäische Astronomen haben die Liste von extrasolaren
Planeten um zwei bemerkenswerte Exemplare ergänzt: Mit Hilfe von ESO-Teleskopen
konnten sie den ersten Doppel-Planemo nachweisen, also zwei
Objekte, die nur wenig größer sind als Jupiter, allerdings keine Sonne, sondern
sich selbst umkreisen. Der Fund liefert wichtige Hinweise auf die Entstehung der
Planemos.

Künstlerische Darstellung des Oph 1622-Systems. Das Bild ist
nicht maßstabsgerecht. Bild:
ESO

VLT-Infrarot-Aufnahme des Oph 1622-Systems. Foto: ESO |
"Das ist wirklich ein bemerkenswertes Zwillingspaar", urteilt Ray Jayawardhana
von der University of Toronto, der jetzt über die Entdeckung zusammen mit
seinem ESO-Kollegen Valentin D. Ivanov in der Online-Ausgabe Science Express
des Wissenschaftsmagazins Science berichtete. "Jeder der Partner hat nur
etwa ein Prozent der Masse der Sonne. Ihr Existenz ist eine Überraschung, ihre
Herkunft und ihr Schicksal ein wenig rätselhaft."
Dass Sterne in Doppelsystemen vorkommen ist an sich nichts besonderes: Etwa
die Hälfte aller sonnenähnlichen Sterne sind Teil eines Doppelstern-Paares und
auch etwa ein Sechstel aller Braunen Zwerge. Braune Zwerge sind Objekte mit einer
Masse von weniger als der 75-fachen Masse des Jupiter. Dies ist zu wenig, um die
nuklearen Fusionsprozesse in ihrem Inneren zu zünden.
Doch inzwischen gibt es noch eine weitere Gruppe von Objekten, die so
genannten Planemos (astronews.com berichtete). Hierbei handelt es sich um
Planeten-große Objekte, die man in Sternentstehungsgebieten entdeckt hat, die im
Gegensatz zu wirklichen Planeten aber über keine zugehörige Sonne verfügen. Erst
im Juni legten Beobachtungen die Vermutung nahe, dass sich sogar um solche
Planemos Planeten bilden können, nachdem man schon um Braune Zwerge Planeten
aufgespürt hatte.
Doch nun ist auch der erste Doppel-Planemo aufgespürt worden. Die Forscher
entdeckten das Objekt mit dem etwas unhandlichen Namen Oph 162225-240515 mit
Hilfe des 3,5-Meter New Technology Telescope der ESO im chilenischen La
Silla. Um sicher zu gehen, dass es sich um ein wirkliches Paar handelte, machten
die Astronomen zusätzliche Beobachtungen von Oph 1622 mit dem Very Large
Telescope (VLT). Die VLT-Beobachtungen bestätigten, dass beiden
Objekte jung sind, die selbe Entfernung von uns haben und deutlich zu kühl sind, um
richtige Sterne zu sein. Starke Indizien also, dass es sich tatsächlich um ein Planemo-Paar handelt.
Nach Ivanovs Schätzungen hat der masseärmere Planemo etwa die siebenfache, sein Begleiter die 14-fache Masse des Jupiter. Beide sind
gerade einmal um die eine Millionen Jahre alt und etwa sechs Mal weiter
voneinander entfernt
als unsere Sonne vom äußersten Planeten Pluto. Sie befinden sich in einem
Sternentstehungsgebiet im Sternbild Schlangenträger (Ophiuchus), das etwa 400
Lichtjahre von der Erde entfernt ist.
Man geht davon aus, dass sich Planeten in Staubscheiben um Sonnen, Braune
Zwerge oder gar um Planemos bilden. Die beiden Planemos allerdings sollten zusammen aus einer kollabierenden
Gaswolke entstanden sein, die fragmentiert ist - wie eine Miniaturversion eines
Doppelsternsystems. "Wir wollen dieses Paar lieber nicht Doppelplaneten nennen,
weil es vermutlich nicht so entstanden ist, wie die Planeten unseres
Sonnensystems."
Der Fund erschüttert auch einen bislang populäre Theorie für die Entstehung
von Planemos: Diese Objekte könnten nämlich, so dachten Astronomen bis jetzt,
Sternenembryos sein, die aus Mehrfach-Systemen aus Protosternen
herausgeschleudert wurden. Allerdings kann diese Theorie dieses Plenemo-Paar
nicht erklären: Die Partner sind so weit voneinander entfernt, dass sie eine
solche chaotische Geburt nicht als Paar überstanden hätten.
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