Objekte im
Kuiper-Gürtel kleiner als gedacht
von Stefan
Deiters
astronews.com
15. November 2004
Objekte des
Kuiper-Gürtels könnten kleiner sein als bislang angenommen wurde. Dies folgt aus
der ersten Analyse von Daten, die mit Hilfe des Infrarot-Teleskops Spitzer
gewonnen wurden. Das Objekt 2002 AW197 hat danach einen Durchmesser von nur 700
Kilometern - zuvor hatte man gedacht, dass es mehr als doppelt so groß ist und
damit an die Größe des Pluto heranreicht.
Die Kuiper-Gürtel-Objekte liegen in den äußeren Bereichen des
Sonnensystems. Sie könnten wesentlich kleiner sein als bislang
angenommen wurde. Bild: NASA / JPL / University of
Arizona |
Im Februar 1999 zog die Internationale Astronomische Union (IAU) einen
energischen Schlussstrich unter eine hitzige Debatte (astronews.com berichtete):
Konnte man den neunten Planeten Pluto angesichts der zahlreichen im
Kuiper-Gürtel entdeckten ähnlich großen Objekte noch guten Gewissens als
Planeten bezeichnen? Ja, meinte die IAU, doch die Diskussion über die Natur von
Pluto verstummte nicht. Jetzt ergaben neue Beobachtungen, dass der Status von
Pluto offenbar weniger gefährdet ist, als es zunächst schien: Die Größe der
Kuiper-Gürtel-Objekte könnte nämlich überschätzt worden sein.
Kuiper-Gürtel-Objekte (kurz KBO genannt) ähneln in gewisser Weise Asteroiden und
umkreisen die Sonne auf Bahnen jenseits der Neptunbahn. Sie sind Quelle einiger
Kometen und gelten gemeinhin als eisige Überbleibsel von der Entstehung unseres
Sonnensystems. Mit Hilfe leistungsfähiger Teleskope hat man in den letzten
Jahren rund 1.000 dieser KBOs aufgespürt. Die Gesamtmasse aller Objekte in jenem
Bereich des Sonnensystems schätzen Astronomen ungefähr auf ein Zehntel der Masse
der Erde. Sie vermuten über 10.000 Objekte, die einen Durchmesser von mehr als
100 Kilometern haben.
"Man hat KBOs gefunden, die riesig waren - nahezu halb so groß wie Pluto",
erläutert John Stansberry, Astronom an der University of Arizona die Debatte vor
einigen Jahren. "Aber die damaligen Größenabschätzungen basierten darauf, dass
diese Objekte eine sehr niedrige Albedo haben, wie etwa Kometen." Die Albedo ist
ein Maß dafür, wie viel Licht ein Objekt zurückstrahlen kann: Je mehr Licht es
reflektiert, desto höher ist seine Albedo. Für KBOs ist die Albedo sehr schwer
zu ermitteln, da diese Objekt sehr weit entfernt und lichtschwach sind.
Astronomen vermuteten daher, dass ihre Albedo bei rund vier Prozent liegt,
ähnlich der Albedo von Kometen. Mit Hilfe dieser Albedo wurde dann die Größe der
jeweiligen Objekte bestimmt.
Diese Annahme könnte sich aber als fehlerhaft erweisen: Stansberry ist dabei
zusammen mit Kollegen und dem Infrarot-Teleskop Spitzer 30 Objekte des
Kuiper-Gürtels zu untersuchen. In einer ersten Analyse der Daten zeigte sich,
dass ein Objekt mit der Bezeichnung 2002 AW197 rund 18 Prozent des Lichtes
reflektiert und damit nur einen Durchmesser von rund 700 Kilometern hat. Damit
hat das Objekt ein deutlich höheres Reflexionsvermögen als gedacht und ist
kleiner als angenommen.
"2002 AW197 ist nach allgemeiner Ansicht eines der
größten KBOs die bislang entdeckt wurden", so Stansberry. "Unsere Ergebnisse
deuten nun darauf hin, dass dieses Objekt größer als alle Asteroiden des
Asteroidengürtels mit Ausnahme von Ceres ist, aber nur etwa halb so groß wie
Plutos Mond Charon." Im Vergleich zu Pluto dürfte 2002 AW197 nur rund ein
Drittel der Größe und ein Zehntel der Masse aufweisen. Die Ergebnisse beruhen
auf Untersuchungen mit dem Multiband-Imaging Photometer von Spitzer
am 13. April 2004. Das Gerät ermöglicht es, die Wärmeabstrahlung von extrem
kalten Objekten zu messen.
Vor diesen Messungen hatten die Astronomen den Durchmesser von 2002 AW197
- unter Annahme einer Albedo von vier Prozent - auf 1.500 Kilometer geschätzt,
was etwa zwei Dritteln des Plutodurchmessers entspricht. "Wir beginnen nun
langsam, grundlegende physikalischen Parameter der KBOs zu bekommen", so
Stansberry. "Das wird uns dabei helfen, mehr über die Zusammensetzung dieser
Objekte zu erfahren, wie sie sich entwickelt haben, wie massereich sie sind, wie
die Massenverteilung aussieht und wie schließlich Pluto in dieses Bild passt." Wenn 2002 AW197 kein Ausnahmefall ist, dürfte Pluto sich von der Größe her
sehr deutlich von den Kuiper-Gürtel-Objekten unterscheiden und daher vorläufig
vor einer weiteren Diskussion um seinen Status sicher sein.
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