KUIPER-GÜRTEL
Eisige Welt
am Rande des Sonnensystems
von Stefan
Deiters
astronews.com
8. Oktober 2002
Einen Namen
haben die Forscher schon für die eisige Welt, die in 6,5 Milliarden Kilometern
Entfernung von der Erde die Sonne umrundet: das Kuiper-Gürtel-Objekt 2002 LM60
wird von den Entdeckern "Quaoar" genannt. Es ist der größte Körper im
Sonnensystem, der seit der Entdeckung von Pluto vor 72 Jahren aufgespürt wurde.
Der Fund gelang mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble.
So stellt sich ein Künstler das Kuiper-Gürtel-Objekt 2002 LM60
vor. Bild: NASA und G. Bacon (STScI) |
2002 LM60 ist etwa halb so groß wie Pluto und das weit entfernteste Objekt,
das je von einem Teleskop aufgelöst wurde. Zunächst war es nur als bloßer
Lichtfleck von einem Teleskop auf der Erde aufgespürt worden, bis es mit dem
Weltraumteleskop Hubble gelang, aufgelöste Bilder der fernen Welt zu machen -
obgleich diese auch nicht mehr als aus ein paar hellen Pixeln bestehen. Für die
Astronomen war dies aber ausreichend, um sich schon ein etwas genaueres Bild von
der fernen Welt machen zu können. 2002 LM60, von den Entdeckern vorläufig "Quaoar"
getauft, nach einem Schöpfungsgott amerikanischer Ureinwohner, umrundet die
Sonne auf einer nahezu kreisförmigen Bahn.
Nach Ansicht der Forscher dürfte das Objekt größtenteils aus Eis bestehen,
das mit Gesteinsbrocken vermischt ist. Damit ähnelt 2002 LM60 der
Zusammensetzung von Kometen, was für die Erforschung von Entstehung und Dynamik
des Sonnensystems recht interessant wäre. Michael Brown und Chadwick Trujillo
vom California Institute of Technology (Caltech) entdeckten "ihre" Welt vor
einigen Monaten mit Hilfe des Palomar Oschin Schmidt-Teleskops als einen
schwachen Lichtfleck. Mit einer Kamera an Bord des Hubble-Weltraumteleskops
machte Brown dann weitere Beobachtungen des Objektes und konnte so die
Größe des Scheibchens am Himmel bestimmen, aus der sich der wahre Durchmesser
des Objektes errechnen lässt. Damit wurde, dank Hubbles Leistungsstärke,
die Größe eines Objektes in dieser Region des Sonnensystems erstmals direkt
gemessen. 2002 LM60 hat danach einen Durchmesser von rund 1300 Kilometern.
Wie Pluto liegt 2002 LM60 im so genannten Kuiper-Gürtel, einem Band aus
eisigen Felsbrocken, das sich über mehrere Milliarden Kilometer jenseits der
Neptunbahn ins All erstreckt. Es handelt sich nach Ansicht der Astronomen dabei
um ein Überbleibsel aus der Entstehungszeit des Sonnensystems. Lange Zeit existierte
der Kuiper-Gürtel nur in den Theorien der Forscher, bis vor rund zehn Jahren die
ersten Objekte in dieser Region aufgespürt wurden. Seither wurden über 500
dieser Kuiper-Gürtel-Objekte entdeckt.
Die beiden bislang größten Kuiper-Gürtel-Objekt 2002 AW197 und Varuna können
der Neuentdeckung bei weitem nicht das Wasser reichen: Beiden erreichen
lediglich einen Durchmesser von etwa 900 Kilometern. Dabei wurde die Größe der
Objekte nicht wie im Fall von 2002 LM60 direkt gemessen, sondern nur aus
der Temperatur abgeschätzt, was ein sehr
ungenaues Verfahren ist.
2002 LM60 ist zu neu, um schon einen offiziellen Namen von der
Internationalen Astronomischen Union zu haben, die allein für die Benennung
zuständig ist. Allerdings berücksichtigt diese astronomische Weltorganisation
Namenswünsche der Entdecker. Vielleicht heißt also 2002 LM60 tatsächlich
bald auch offiziell "Quaoar".
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