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Bald schärferer Blick auf entfernte Schwarze Löcher
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
28. August 2024
Mit dem Event-Horizon-Teleskop wurden bereits die Schatten
um die supermassereichen Schwarzen Löcher in M 87 und in unserer Milchstraße
aufgenommen. Im Rahmen eines Pilotexperiments konnte nun durch Beobachtungen in
einem kürzeren Wellenlängenbereich eine deutlich höhere Winkelauflösung erzielt
werden, die künftig ganz neue Einblicke in diese Objekte erlauben sollte.
Computersimulierte Radiokarten der Strahlung
im Bereich des Ereignishorizonts um ein Schwarzes
Loch, das Sgr A* ähnelt, bei
Beobachtungswellenlängen von 1,3 mm (links) und
0,87 mm (rechts). Bei der kürzeren Wellenlänge
erscheint der Schatten des Schwarzen Lochs
schärfer und deutlicher ausgeprägt. Bild:
Christian Fromm, Julius-Maximilian-Universität,
Würzburg [Großansicht] |
Das Event-Horizon-Teleskop kombiniert Radioteleskope auf der ganzen Welt, um
supermassereiche Schwarze Löcher und die Strahlung aus ihrer unmittelbaren
Umgebung abzubilden. Diese Schwarzen Löcher befinden sich in den Zentren von
Galaxien, Regionen besonders extremer physikalischer Bedingungen im Universum.
Je höher die Winkelauflösung eines Teleskops ist, desto mehr Details kann es
sichtbar machen. Das bietet eine einzigartige Gelegenheit, einen Blick auf das
"Unbekannte" zu werfen und um bestehende Modelle und Vorstellungen von Schwarzen
Löchern und der Materie, die sie verschlingen, zu testen.
Die Event-Horizon-Teleskop (EHT) Kollaboration hat unter Beteiligung des
Atacama Large Millimeter/sub-millimeter Arrays (ALMA) neue Beobachtungen
durchgeführt, die die höchste Winkelauflösung liefern, die bislang mit
bodengebundenen Teleskopen erreicht werden konnte. Das gelang durch den Nachweis
von Radiostrahlung aus den Zentren entfernter Galaxien bei einer Frequenz von
etwa 345 GHz, was einer Wellenlänge von 0,87 mm entspricht. Die Kollaboration
schätzt, dass sie bald in der Lage sein wird, Bilder von Schwarzen Löchern zu
erstellen, die 50 Prozent detaillierter sein werden als bisher und die es
erlauben, die Gebiete am und in der Nähe des Ereignishorizonts noch schärfer
abzubilden. Außerdem werden die Wissenschaftler in der Lage sein, neben M 87*
und Sgr A* Bilder von weiteren Schwarzen Löchern zu erstellen.
Die jetzt vorgestellten Ergebnisse basieren auf den ersten Pilotbeobachtungen
in zwei Nächten in der Zeit vom 18. bis 21. Oktober 2018. Die Messungen wurden
ausgelöst, nachdem die kurzfristige Wettervorhersage geeignete Bedingungen für
Wasserdampfgehalt und Bewölkung ergeben hatten. Gemessen wurde mit zwei
Teleskopgruppierungen: einem östlichen Netzwerk, bestehend aus ALMA, APEX, dem
GLT, IRAM-30m und NOEMA (mit einer Antenne). Die westliche Teleskopgruppe
bestand aus ALMA, APEX, dem GLT und dem Sub-Millimeter-Array (SMA) auf Hawaii.
Die beiden Sub-Arrays beobachteten in zwei Nächten verschiedene Radioquellen
(sogenannte Blazare), die auf Grund von Helligkeit und Kompaktheit entsprechend
ausgewählt wurden.
Die interferometrischen Signale von fünf Blazaren wurden auf
Basislinienlängen von bis zu 9500 km mit Signal-Rausch-Verhältnissen von bis zu
~70 nachgewiesen. Bei der Beobachtungswellenlänge von 0,87 mm wird daher in
Zukunft das EHT, wenn alle Teleskope teilnehmen werden, Details von bis zu 13
Mikrobogensekunden Auflösung abbilden können. Das entspricht der Größe einer
Verschlusskappe einer Fruchtsaftflasche auf dem Mond, von der Erde aus
betrachtet. Das bedeutet, dass das EHT bei 0,87 mm Wellenlänge in naher Zukunft
Bilder mit einer um etwa 50 Prozent höheren Auflösung als die bisher
veröffentlichten 1,3-mm-Bilder von M 87* und Sgr A* erzeugen kann, was ein neues
Beobachtungsfenster für die Erforschung Schwarzer Löcher eröffnen wird.
"Mit dem EHT sahen wir die ersten Bilder von Schwarzen Löchern, indem wir
Radiowellen bei einer Wellenlänge von 1,3 mm aufspürten, aber der helle Ring,
den wir sahen und der durch die Lichtbiegung im Schwerkraftfeld des Schwarzen
Lochs erzeugt wurde, sah immer noch unscharf aus, weil wir an der absoluten
Grenze der Bildschärfe angelangt waren", so Alexander Raymond, der zuvor am
Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian (CfA) war und jetzt am Jet
Propulsion Laboratory der NASA tätig ist. "Bei 0,87 mm werden unsere Bilder
schärfer und detaillierter ausfallen, was wahrscheinlich neue Eigenschaften der
beobachteten Objekte offenbaren wird, sowohl solche, die zuvor vorhergesagt
wurden, als auch vielleicht solche, die nicht vorhergesagt wurden." Sheperd
Doeleman, Gründungsdirektor des EHT und Astrophysiker am CfA fügt hinzu: "Die
Beobachtung von Veränderungen des die Schwarzen Löcher umgebenden Gases bei
verschiedenen Wellenlängen wird uns helfen, das Rätsel zu lösen, wie Schwarze
Löcher Materie anziehen und verschlingen und wie sie energiereiche Radio-Jets
ausstoßen können, die weit über die Galaxie selbst hinausreichen."
"Es war eine echte Herausforderung, das APEX-Teleskop für VLBI-Beobachtungen
bei dieser höheren Frequenz aufzurüsten. Ich bin dem gesamten APEX-Team für die
gute Zusammenarbeit und Unterstützung dankbar, wodurch diese erfolgreichen
Beobachtungen erst ermöglicht wurden", sagt Alan Roy vom Max-Planck-Instituts
für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn, der Projektwissenschaftler für mm-VLBI am
APEX-Teleskop. "Mit diesen neuen Beobachtungsmöglichkeiten können wir in Zukunft
die 'Schatten' von Schwarzen Löchern noch detaillierter untersuchen, was
genauere Messungen ihrer Größe und Form beinhaltet, und was in direktem
Zusammenhang mit der Messung der Krümmung der Raumzeit in der Nähe des Schwarzen
Lochs steht", ergänzt Thomas Krichbaum vom MPIfR, Initiator von mm-VLBI am
APEX-Teleskop vor mehr als einem Jahrzehnt. "Darüber hinaus besteht das
Potenzial, zusätzlich zu den beiden bisher von der EHT-Kollaboration kartierten
Objekten auch weiter entfernte und schwächere Schwarze Löcher zu beobachten." In
diesem Zusammenhang ist die regelmäßige Beteiligung besonders empfindlicher
Teleskope wie ALMA und NOEMA sehr wichtig.
Dies ist das erste Mal, dass die VLBI-Technik erfolgreich bei 0,87 mm
Wellenlänge eingesetzt wurde. Die Möglichkeit, den Nachthimmel bei 0,87 mm zu
beobachten, bestand zwar schon vor den neuen Entdeckungen, aber die Anwendung
der VLBI-Technik bei dieser kurzen Wellenlänge war lange Zeit mit erheblichen
Schwierigkeiten verbunden, die aber im Lauf der Zeit durch technologischen
Fortschritt behoben werden konnten. Zum Beispiel absorbiert der Wasserdampf in
der Atmosphäre Radiowellen bei 0,87 mm Wellenlänge viel stärker als bei 1,3 mm,
was es für Radioteleskope schwieriger macht, die Signale von Schwarzen Löchern
bei der kürzeren Wellenlänge mit ausreichendem Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu
empfangen.
Der Schlüssel zum Erfolg war, die Empfindlichkeit des EHT noch mehr zu
verbessern, indem man die Beobachtungsbandbreite vergrößerte und flexible
Zeitfenster definierte, so dass die Messungen bei optimalen Wetterbedingungen
gestartet werden konnten. "Die einzige Möglichkeit, die Winkelauflösung und
damit die Schärfe der Bilder von bodengebundenen Radioteleskopen weiter zu
verbessern, ist die Beobachtung bei Radiowellenlängen von weniger als einem
Millimeter. Dies war eine große Herausforderung, aber unsere ständig
verbesserten Beobachtungstechniken haben es nun möglich gemacht. Dies eröffnet
neue Möglichkeiten für weitere spannende Entdeckungen", schließt Anton Zensus,
Gründungsvorsitzender der EHT-Kollaboration und Direktor am MPIfR.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomical Journal
erschienen ist.
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