Der verdrillte Jet von M 87
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
6. Juli 2020
Messier 87 ist eine rund 55 Millionen Lichtjahre entfernte
elliptische Riesengalaxie im Sternbild Jungfrau. Bekannt wurde das System durch
die Abbildung des Ereignishorizonts seines zentralen Schwarzen Lochs.
Beobachtungen mit dem Nordic Optical Telescope lieferten nun neue
Erkenntnisse über den Jet von Messier 87, der mehrere tausend Lichtjahre ins All
hinausschießt.
Beobachtung der linearen Polarisation des
Zentrums (Nucleus) und des Jets von Messier 87.
Bild: A. Fresco/MPE; IAC [Großansicht] |
Eine von Alejandra Yrupe Fresco vom Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik während ihres Aufenthalts am Instituto de
Astrofísica de Canarias (IAC) geleitete Studie hat die Jet-Struktur in der
Kernregion von M 87, der hellsten Galaxie im Virgo-Haufen, aufgezeigt. Die
Beobachtungen wurden Anfang April 2017 aufgenommen, fast zeitgleich mit der
Kampagne des Event Horizon Telescope, die das weltberühmte erste Bild
des Ereignishorizonts in einem Schwarzen Loch im Kern der Galaxie M 87 lieferte.
Die komplexe Umgebung massereicher Schwarzer Löcher sind Bereiche der
Hochenergiephysik, in denen beschleunigte Teilchen entlang der Systemachse
kollimiert, also praktisch gebündelt werden. Diese Prozesse führen zur
Entstehung eindrucksvoller Jets, die sich über mehrere tausend Lichtjahre und
damit weit über die Grenzen ihrer Wirtsgalaxien hinaus erstrecken. Die
Polarisation des Lichts enthält wertvolle Informationen über die physikalischen
Bedingungen und die Konfiguration des Magnetfeldes in der Nähe des Schwarzen
Lochs, wo diese Strahlung emittiert wurde.
Bei der Beobachtung in polarisiertem Licht sieht der Kern von M 87 viel
schwächer und weniger polarisiert aus als der ausgedehnte Jet, der einen
bemerkenswerten Polarisationsgrad von über 20% erreicht. Dieser Unterschied
spiegelt die Komplexität des Kernbereichs wider, in dem die Jet-Struktur bis auf
die kleinsten physikalischen Skalen schrumpft.
"Indem wir den Orientierungswinkel des polarisierten Lichts abbilden, können
wir die spiralförmige Struktur der Magnetfeldverteilung im Jet nachzeichnen",
erklärt Alejandra Fresco, die zurzeit mit Andrea Merloni (MPE) und Celine Peroux
(ESO) ihre Doktorarbeit anfertigt. "Diese Struktur bildet sich normalerweise in
Jets aufgrund des Drehimpulses, den das ausgestoßene Material trägt und der die
Magnetfeldlinien in Jet-Richtung verdreht.“ Dies zeigt sich in einem
charakteristischen Muster, bei dem benachbarte Abschnitte im Jet polarisiertes
Licht mit senkrechter Ausrichtung abgeben.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist die geringe Aktivität in der Nähe des
Kerns während der Beobachtungen. HST-1, eine berühmte Rekollimationsregion, die
während einer Periode verstärkter Aktivität in den Jahren 2005-2007 noch heller
als der Kern wurde, ist in den Bildern vom April 2017 kaum zu erkennen.
Röntgenbeobachtungen mit dem Chandra-Teleskop während derselben Epoche
bestätigen diese Beobachtungen.
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit den IAC-Forschern Juan Antonio
Fernández Ontiveros, Almudena Prieto und Jose Antonio Acosta Pulido durchgeführt
und war dank der einzigartigen polarimetrischen Fähigkeiten des am Nordic
Optical Telescope montierten ALFOSC-Instruments am Roque de los Muchachos-Observatorium
in La Palma möglich.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel in der Zeitschrift
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
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