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Das drehende Licht vom Rand eines Schwarzen Lochs
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
15. November 2023
Mithilfe des Event Horizon Telescope, einer
Zusammenschaltung mehrerer Radioteleskope, ist es zum ersten Mal gelungen, die
Spiralform des drehenden Lichts zu messen, das vom Rand eines supermassereichen
Schwarzen Lochs entweicht. Die Daten unterstützen frühere Erkenntnisse über das
rotierende Magnetfeld des Schwarzen Loch in der Galaxie M 87.
Computersimulation des Plasmas um das
supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie M 87.
Eine neue Analyse von zirkular polarisiertem (oder
spiralförmigem) Licht in EHT-Beobachtungen zeigt, dass in der
Nähe des Schwarzen Lochs starke Magnetfelder existieren. Diese
Magnetfelder wirken auf die einfallende Materie zurück und
tragen dazu bei, dass Materiestrahlen mit Geschwindigkeiten
nahe der Lichtgeschwindigkeit nach außen geschleudert werden.
Bild:
George Wong [Großansicht] |
Zum ersten Mal ist es gelungen, die Spiralform des drehenden Lichts zu
messen, das vom Rand eines supermassereichen Schwarzen Lochs entweicht. Diese
Ergebnisse hat die Event Horizon Telescope (EHT) Kollaboration kürzlich
veröffentlicht. Diese sogenannte zirkulare Polarisation ist eine Folge der
Rotation der Schwingungsrichtung des elektrischen Feldes in den Radiowellen. Auf
seiner Reise bringt das Radiolicht Informationen über die Magnetfeld-Struktur
und die Zusammensetzung der energetischen Teilchen nahe dem Schwarzen Loch mit
sich. Die neue Arbeit unterstützt frühere Erkenntnisse des EHT bezüglich eines
rotierenden Magnetfeldes, das stark genug ist das Schwarze Loch in der Galaxie M
87 zeitweise daran zu hindern, Materie zu "verschlucken".
"Die Untersuchung der zirkularen Polarisation war der letzte Teil unserer
umfassenden Analyse der Polarisation um das Schwarzen Loches in M 87 mit den
Daten aus dem Jahr 2017. Da die zirkulare Polarisation relativ schwach ist, war
es besonders schwierig dieses Signal zu extrahieren", sagt Andrew Chael,
Wissenschaftler der Gravity Initiative an der Princeton University,
der das kürzlich vorgestellte Projekt koordiniert hat. "Diese neuen Ergebnisse
bestätigen unser Bild eines starken Magnetfelds, welches das heiße Gas um das
Schwarze Loch durchdringt. Die EHT-Beobachtungen helfen uns, besser zu
verstehen, wie Schwarze Löcher Materie aufsaugen und gleichzeitig energiereiche
Jets ausstoßen, die weit über die Galaxie hinausreichen können, in der sich das
Schwarze Loch befindet."
Im Jahr 2019 erreichte das Event Horizon Telescope einen Meilenstein
als es zum ersten Mal ein Bild eines glühenden Rings aus heißem Plasma um das
zentrale Schwarze Loch in M 87 zeigte. Im Jahr 2021 veröffentlichten die
EHT-Wissenschaftler dann ein weiteres Bild, das die Ausrichtung der elektrischen
Felder des Lichts, zeigt also die lineare Polarisation aus dem Plasmaring. Diese
lineare Polarisation deutet auf die Existenz geordneter und starker Magnetfelder
in der Nähe des Ereignishorizonts des Schwarzen Lochs hin (astronews.com
berichtete).
"Darauf aufbauend liefern unsere neuen Messungen der zirkularen Polarisation,
die zeigen, wie sich die elektrischen Felder des Lichts spiralförmig drehen,
eine noch überzeugendere Bestätigung für die Existenz dieser starken
Magnetfelder", sagt Eduardo Ros, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für
Radioastronomie (MPIfR). "Das zirkular polarisierte Signal ist etwa 100 Mal
schwächer als die unpolarisierte Strahlung, die wir für das erste Bild des
Schwarzen Lochs verwendet haben", erklärt Ioannis Myserlis, Astronom am Institut
für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM). "Dieses schwache Signal in den
Daten zu finden war, als würde man versuchen, ein Gespräch neben einem
Presslufthammer zu verfolgen. Wir mussten unsere Methoden sorgfältig testen, um
herauszufinden, worauf wir uns wirklich verlassen konnten."
Um diese genaue Analyse durchführen zu können, entwickelte und testete das
Team mehrere neue Methoden, um aus den spärlichen und verrauschten EHT-Messungen
ein polarisiertes Bild zu rekonstruieren. "Es war entscheidend, unsere
verschiedenen Analysemethoden gegen simulierte Daten und gegeneinander zu
testen", sagt Freek Roelofs, Postdoktorand am Center for Astrophysics |
Harvard and Smithsonian. In einer ebenfalls parallel veröffentlichten
Studie stellte Roelofs fest, dass die Daten einen überraschenden Unterschied
zwischen den links- und rechtshändig zirkular polarisierten Anteilen des Lichtes
des Rings zeigen. Dieses Ergebnis basiert jedoch auf der (plausiblen) Annahme
einer ringförmigen Struktur der Emission – unter weniger stringenten Annahmen
über die Helligkeitsverteilung verschwanden diese Unterschiede.
"Zusammen zu arbeiten und herauszufinden, was und was nicht aus den Daten
abgeleitet werden kann, hat dieses Projekt unglaublich spannend und interessant
gemacht", sagt Roelofs. Das Team führte verschiedene Tests mit den Daten durch,
die alle auf die tatsächliche Präsenz zirkular polarisierten Lichtes in der Nähe
des Ereignishorizonts hinweisen. Maciek Wielgus, Wissenschaftler am MPIfR,
erklärt: "Da die Genauigkeit der EHT-Messungen der zirkularen Polarisation durch
die Messempfindlichkeit begrenzt war, konnte unser Team letztlich kein klares
Bild von der 'Händigkeit' des zirkular polarisierten Lichtes gewinnen.
Stattdessen konnten wir aber feststellen, dass der zirkular polarisierte (oder
spiralförmige) Anteil des Lichts nur einen kleinen Teil des gesamten Lichts
ausmacht, aus dem sich das Bild des Schwarzen Lochs zusammensetzt."
In einer kürzlich durchgeführten Studie hat das Team des EHT mit einer
speziellen Messtechnik verschiedene Hypothesen über die Form und das Verhalten
von Plasma- und Magnetfeldern in der Umgebung eines Schwarzen Lochs untersucht.
Dabei kamen auch modernste Supercomputer-Simulationen zum Einsatz. Die nun
vorliegende Messung der zirkularen Polarisation untermauert frühere Befunde, die
auf die Existenz starker Magnetfelder hindeuten. Diese Magnetfelder üben eine
beträchtliche Kraft auf die in das Schwarze Loch fallende Materie aus und
begünstigen die Bildung robuster Plasmajets, die sich weit vom Zentralbereich
der Galaxie M 87 entfernen.
Die kombinierte Analyse von Simulationen und Beobachtungen zeigt eine
turbulente und dynamische Umgebung nahe dem Ereignishorizont des Schwarzen
Lochs. In dieser Region kommt es zu heftigen Wechselwirkungen zwischen
Magnetfeldern, dem heißen Plasma und der Schwerkraft. "Obwohl die EHT-Daten von
2017 nicht empfindlich genug sind, um alle Details in der Struktur der
zirkularen Polarisation um das Schwarze Loch zu enthüllen, sind wir optimistisch
die momentanen Einschränkungen überwinden zu können", sagt Thomas Krichbaum vom
MPIfR, einer der Pioniere von Millimeter-VLBI Messungen. "Unsere laufende
Analyse neuerer und besserer EHT-Datensätze verspricht, dass wir dieses Signal
noch genauer messen können. Das würde uns Aufschluss darüber geben, ob
Materie-Antimaterie-Paare Teil des Plasmas am Ereignishorizont sind und welche
Mechanismen ihrer Beschleunigung auf nahezu Lichtgeschwindigkeit zugrunde
liegen", schließt er.
Unter den teilnehmenden Teleskopen in der Messung befindet sich auch das vom
MPIfR gebaute und betriebene Radioteleskop APEX in Chile. "Die Arbeit an diesen
bahnbrechenden Beobachtungen war zweifellos eine große Herausforderung, aber sie
hat uns auf die spannenden Perspektiven vorbereitet, die noch vor uns liegen",
ergänzt Anton Zensus, Gründungsvorsitzender der EHT-Kooperation und Direktor am
MPIfR. Er fügt hinzu: "Das EHT erlebt derzeit eine rasante Expansion mit neuen
Teleskopen und verbesserter Technologie an allen Observatorien, die auch auf den
Ergebnissen von unserem VLBI-Korrelator in Bonn basieren."
Über die Ergebnisse berichtet das Team in zwei Fachartikeln, die in The
Astrophysical Journal Letters erschienen sind.
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