Schwarzes Loch mittlerer Masse in der Nähe des Zentrums vermutet
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Köln astronews.com
19. Juli 2024
Bisher sind im Universum nur rund zehn Schwarze Löcher
mittlerer Masse entdeckt worden. Jetzt glaubt man, in einem Sternhaufen in
unmittelbarer Nähe des galaktischen Zentrums ein weiteres Schwarzes Loch dieser
Größenklasse gefunden zu haben. Die Entdeckung könnte Hinweise auf den
Wachstumsprozess des zentralen Schwarzen Lochs der Milchstraße geben.
Das Zentrum der
Milchstraße über einem der Teleskope des Very
Large Telescope. Für die Beobachtungen wird
gerade ein Laserleitstern verwendet.
Foto: ESO / Y.
Beletsky [Großansicht] |
Ein internationales Team von Forschenden unter Leitung von Dr. Florian
Peißker von der Universität zu Köln hat einen Sternenhaufen in direkter Umgebung
des supermassiven Schwarzen Lochs Sgr A* (sprich: Sagittarius A Stern) im
Zentrum unserer Galaxie untersucht und darin Anzeichen für ein Schwarzes Loch
mittlerer Masse gefunden. In unserem ganzen Universum sind trotz enormer
Anstrengungen der Forschung bisher nur ungefähr zehn Schwarze Löcher in diesem
Massenbereich gefunden worden. Die Wissenschaft nimmt an, dass sie sich schon
kurz nach dem Urknall gebildet haben und durch Verschmelzung als "Samen" für
supermassive Schwarze Löcher fungieren.
Der untersuchte Sternenhaufen namens IRS 13 liegt in einer Entfernung von 0,1
Lichtjahren vom Zentrum unserer Galaxie. Für astronomische Verhältnisse ist dies
sehr nah, allerdings müsste man unser Sonnensystem dennoch zwanzig Mal von einem
Ende zum anderen bereisen, um diese Strecke zurückzulegen. Den Forschenden war
aufgefallen, dass die Sterne, die in IRS 13 enthalten sind, sich unerwartet
geordnet bewegen. Eigentlich hätte man eine zufällige Anordnung der Sterne
erwartet. Die geordnete Bewegung lässt zwei Schlüsse zu: Zum einen scheint IRS
13 mit Sgr A* zu interagieren, was zu der geordneten Bewegung der Sterne führt.
Zum anderen muss es etwas innerhalb des Sternenhaufens geben, damit dieser seine
beobachtete kompakte Form behalten kann.
Multiwellenlängenbeobachtungen mit dem Very Large Telescope sowie
den Teleskopen ALMA und Chandra deuten nun darauf hin, dass der Grund
für die kompakte Form von IRS 13 ein Schwarzes Loch mittlerer Masse sein könnte,
welches sich im Zentrum des Sternenhaufens befindet. Dafür würde sprechen, dass
die Forschenden charakteristische Röntgenstrahlung sowie ionisiertes Gas
beobachten konnten, das mit einer Geschwindigkeit von mehreren 100 km/s in Form
eines Rings um die vermutete Position des Schwarzen Lochs rotiert. Ein weiteres
Indiz für die Anwesenheit eines Schwarzen Lochs mittlerer Masse ist die
ungewöhnlich hohe Dichte des Sternenhaufens, die höher ist als jede andere
bekannte Dichte eines Sternenhaufens in unserer Milchstraße.
"Es scheint sich bei IRS 13 möglicherweise um einen essentiellen Baustein für
das Wachstum unseres zentralen Schwarzen Lochs Sgr A* zu handeln", so Peißker.
"Dieser faszinierende Sternenhaufen überrascht die wissenschaftliche Community
immer wieder, seitdem er vor rund zwanzig Jahren entdeckt wurde. Zunächst dachte
man, dass es sich um einen ungewöhnlich schweren Stern handelt. Mit den
hochaufgelösten Daten können wir nun aber die bausteinartige Zusammensetzung mit
einen mittelschweren Schwarzen Loch im Zentrum belegen." Die Masse des Schwarzen
Lochs schätzt das Team auf ungefähr 30.000 Sonnenmassen. Stellare Schwarze
Löcher haben lediglich eine Masse von wenigen Sonnenmassen, während
supermassereiche Schwarze Löcher eine Masse von Millionen oder Milliarden
Sonnenmassen aufweisen.
Geplante Beobachtungen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop sowie dem sich im
Bau befindenden Extremely Large Telescope werden weitere Einblicke in
die Vorgänge innerhalb des Sternenhaufens liefern. Über ihre Ergebnisse
berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift The
Astrophysical Journal erschienen ist.
|