Neue Hinweise auf Mittelklasse
von
Hans Zekl
für
astronews.com
9. Januar 2006
Millionen Schwarzer Löcher mit wenigen Sonnenmassen dürften
als Überreste massereicher Sterne in der Milchstraße zu finden sein. In den
Zentren von Galaxien hingegen finden sich wahre Schwerkraftmonster mit der Masse
von Hunderten Millionen Sonnen. Doch für eine Art Mittelklasse-Schwarzes Loch
fehlten die Beweise - bis jetzt.
Röntgenaufnahme
des Zentrums der Galaxie M82. Die Bilder zeigen die Region im
Abstand von drei Monaten. Das grüne Kreuz markiert das
dynamische Zentrum der Galaxie. Die Änderung der Helligkeit der
Quelle M82 X-1 ist deutlich zu erkennen. Foto:
NASA / SAO / CXC
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Gibt es Schwarze Löcher, deren Massen im Bereich zwischen den stellaren
Schwarzen Löchern und den supermassereichen Schwarzen Löchern liegt? Bislang
fehlten hierfür eindeutige Beweise. Doch in der Galaxie M82 fanden nun
amerikanische Astronomen Indizien für ein "mittelschweres" Schwarzes Loch.
Aufgefallen war die Quelle den Astronomen schon 1999, als das Röntgenteleskop
Chandra einen dramatischen Helligkeitsanstieg der Röntgenquelle M82 X-1
innerhalb von drei Monaten beobachtete – ein typisches Zeichen für die Aktivität
eines Schwarzen Lochs (astronews.com berichtete).
Schwarzer Löcher sind so dicht und ihre Anziehungskraft ist so stark, dass
nichts - auch nicht das Licht - aus ihnen entweichen kann. Deshalb erscheinen
sie schwarz. Aber wenn Materie in sie hereinstürzt, wird diese extrem
aufgeheizt und leuchtet hell auf.
Ein Team unter der Leitung von Philip Kaaret von der University of Iowa
fand jetzt mit dem Rossi X-ray Timing Explorer der NASA Hinweise auf
einen Stern, der ein mittelschweres Schwarze Loch umkreist. "Innerhalb von 62
Tagen schwankt die Röntgenhelligkeit regelmäßig. Ursache ist wahrscheinlich ein
Begleitstern, der das Loch umkreist," erklärt Melanie Simet, Studentin an der
University of Iowa. Damit war der erste Schritt getan, die Masse des
Schwarzen Lochs exakt zu bestimmen. Was nun fehlt, ist die Bestimmung der
Geschwindigkeit des Sterns, denn dann lässt sich über die Newtonschen
Bewegungsgesetze die Masse des Lochs berechnen.
Die Bestimmung der Geschwindigkeit des Sterns ist allerdings nicht leicht:
M82 X-1 befindet sich in einem ultradichten Sternhaufen mit etwa einer Millionen
Sternen, die sich in einem Gebiet von nur 100 Lichtjahren befinden. Außerdem
gibt es in dieser Region viel Staub, der den Blick auf den Stern stark
behindert.
Doch auch allein mit den vorhandenen Daten sind die Astronomen in Sachen
"Mittelklasse-Schwarzes Loch" ein großen Schritt weiter: Denn der Ort, an dem
M82 X-1 entdeckt wurde, passt exakt zur momentan favorisierten Theorie über die
Entstehung mittlerer Schwarzer Löcher: In solchen ultradichten Sternhaufen
sollten sich in relativ kurzer Zeit durch viele Sternkollisionen sehr
kurzlebige, gigantische Sterne bilden, die als Schwarze Löcher mit rund 1.000
Sonnenmassen enden. Ein ideales Umfeld also für ein Schwarzes Loch der
Mittelklasse.
Der Begleitstern von M82 X-1 muss sich ebenfalls in einem fortgeschrittenen
Entwicklungszustand befinden. Die Daten deuten auf einen so genannten Überriesen
hin. Das sind Sterne am Ende ihres Daseins, die sich im Laufe der Zeit kräftig
aufgebläht haben. Dadurch sind die äußeren Bereiche nur noch schwach gebunden.
Ein zusätzlich vorhandener kräftiger Sternwind sorgt für einen permanenten
Massenverlust. Damit kann das Schwarze Loch einen Teil des abströmenden Gases
einfangen, das dann zu leuchten beginnt.
"Mit der Entdeckung der Umlaufperiode besitzen wir endlich ein stimmiges
Bild über die Entwicklung Schwarzer Löcher mittlerer Masse in Doppelsystemen,"
erklärt Philip Kaaret. "Sie entstehen in superdichten Sternhaufen. Ein Schwarzes
Loch fängt dann einen Stern ein, der sich bis zum Riesenstadium entwickelt. Dann
können wir das Loch als extrem helle Röntgenquelle sehen, weil es vom
Begleitstern gefüttert wird."
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