Schwarzes Loch mittlerer Masse in Omega Centauri
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
12. Juli 2024
Omega Centauri sieht auf den ersten Blick zwar aus wie ein
Kugelsternhaufen, ist aber wohl keiner: Stattdessen dürfte es sich um die Reste
einer Zwerggalaxie handeln, die vor langer Zeit mit der Milchstraße verschmolzen
ist. Neu entdeckte, extrem schnelle Sterne in Omega Centauri zeigen nun, dass
sich im Zentrum ein Schwarzes Loch mittlerer Masse befindet.
Ein Blick in den Sternhaufen Omega Centauri,
aufgenommen mit dem Weltraumteleskop Hubble,
zeigt die Position des zentralen Schwarzen
Lochs. Dieses Schwarze Loch wurde durch sieben
schnell bewegte Sterne in seiner Umgebung
identifiziert.
Foto:
ESA / Hubble & NASA, M. Häberle (MPIA) [Großansicht] |
Omega Centauri ist eine kugelförmige Ansammlung von etwa zehn Millionen
Sternen, die in südlichen Breitengraden als Fleck am Nachthimmel sichtbar ist.
Der Sternhaufen erscheint mit kleinen Teleskopen beobachtet zum Zentrum hin so
dicht, dass es unmöglich wird, einzelne Sterne zu unterscheiden. Jetzt bestätigt
eine neue Studie was Astronominnen und Astronomen schon lange vermutet hatten:
Omega Centauri enthält ein zentrales Schwarzes Loch. Mit seiner Masse stellt es
eine Art "fehlendes Bindeglied" zwischen den "leichten" stellaren Schwarzen
Löchern und den riesigen supermassereichen Schwarzen Löchern in den Zentren
großer Galaxien dar.
Das heutige Bild der Galaxienentwicklung geht davon aus, dass die frühesten
Galaxien zentrale Schwarze Löcher mittlerer Größe besaßen. Im Laufe der Zeit
wuchsen die Galaxien durch Verschmelzung mit größeren Galaxien oder indem sie
sich kleinere Galaxien einverleibten. Dabei gewannen auch ihre Schwarzen Löcher
an Masse. Deshalb ist es sehr schwierig, Schwarze Löcher mittlerer Masse im
heutigen Universum zu finden. Galaxien wie unsere Milchstraße sind längst
"ausgewachsen" und enthalten deutlich massereichere zentrale Schwarze Löcher.
Die kleineren Zwerggalaxien hingegen sind im Allgemeinen schwer zu
beobachten. Der Nachweis Schwarzer Löcher in ihren Zentren gestaltete sich mit
den bisherigen Technologien als problematisch. Es gab zwar vielversprechende
Kandidaten, aber noch keinen definitiven Nachweis eines mittelschweren Schwarzen
Lochs. Omega Centauri ist daher etwas ganz Besonderes. Als Kern einer ehemalig
eigenständigen Zwerggalaxie, die mit der Milchstraße verschmolz und dabei alle
Sterne außer jenen der Kernregion verlor, ist Omega Centauri eine Art
Momentaufnahme der Galaxienevolution. Mit dem Verlust der äußeren Sterne kam
ihre Entwicklung abrupt zum Stillstand und das Schwarze Loch in ihrem Zentrum
hatte keine Möglichkeit mehr, zu wachsen.
Hinweise auf ein zentrales Schwarzes Loch in Omega Centauri gab es bisher aus
großräumigen Modellen der Bewegung der Sterne in dem Haufen, doch sie ließen
Raum für Zweifel. Ein neues Forschungsprojekt von Nadine Neumeyer,
Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Astronomie, und Anil Seth von der
Universität Utah zur Untersuchung der Sternbewegungen sollte zu einem besseren
Verständnis der Entstehungsgeschichte von Omega Centauri beitragen und ein
mögliches Schwarzes Loch aufspüren, idealerweise durch Sterne im Zentrum, die
sich besonders schnell bewegen.
Nikolay Kacharov, Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam
(AIP) und einer der Ko-Initiatoren des Projekts, erklärt: "Wir hatten erwartet,
dass wir eine umfassende dynamische Modellierung der 3D-Bewegung von
Hunderttausenden von Sternen durchführen müssen, damit wir eventuell die kaum
bemerkbaren Gravitationsauswirkungen eines mittelschweren Schwarzen Lochs
aufzeigen können. Es ist schwierig, schnell bewegte Sterne in der Nähe der
dunklen Masse zu finden - sie könnten gar nicht existieren oder zu schwach sein,
um entdeckt zu werden."
Maximilian Häberle, Doktorand am Max-Planck-Institut für Astronomie, machte
sich dennoch auf die Suche nach schnellen Sternen und erstellte dazu den bisher
vollständigsten Katalog für die Bewegungen der Sterne in Omega Centauri. Anhand
von über 500 Archivbildern des Weltraumteleskops Hubble bestimmte er
die Geschwindigkeiten von 1,4 Millionen Sternen. Er entdeckte dabei sieben
Sterne mit hohen Geschwindigkeiten und unterschiedlichen Bewegungsrichtungen in
der zentralen Region. Diese lassen nur eine Erklärung zu: Der Sternhaufen Omega
Centauri enthält in seinem Zentrum tatsächlich ein Schwarzes Loch mit mindestens
8200 Sonnenmassen.
Damit liefert Häberle den bislang sichersten Beweis für die Existenz solcher
mittelschwerer Schwarzer Löcher als fehlendes Bindeglied zwischen stellaren und
supermassereichen Schwarzen Löchern. Mit einer Entfernung von etwa 18.000
Lichtjahren ist es sogar das uns nächstgelegene massereiche Schwarze Loch, 9000
Lichtjahre näher als das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der
Milchstraße.
Über die Ergebnisse berichten Häberle und seine Kolleginnen und Kollegen in
einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Nature erschienen ist.
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