Schwarzes Loch in
omega Centauri?
von Stefan Deiters astronews.com
2. April 2008
Dass der Kugelsternhaufen omega Centauri anders ist als
andere Kugelsternhaufen der Milchstraße, wissen Astronomen schon länger. Jetzt
könnte das Weltraumteleskop Hubble zusammen mit dem Gemini South-Teleskop
auch eine Erklärung dafür gefunden haben: Im Zentrum von omega Centauri verbirgt
sich offenbar ein Schwarzes Loch und der größte Kugelsternhaufen der Milchstraße
ist gar keiner.
Hubbles Blick auf omega Centauri.
Foto: NASA, ESA und das Hubble
Heritage Team (STScI/AURA) / A. Cool (San
Francisco State Univ.) und J. Anderson (STScI) [Großansicht] |
Omega Centauri ist der größte und hellste Kugelsternhaufen der
Milchstraße. Und seit langer Zeit streiten Astronomen darüber, ob omega Centauri
wirklich ein Kugelsternhaufen ist oder nicht vielleicht der Kern einer
Zwerggalaxie, die ihre äußeren Sterne verloren hat. Neue Beobachtungen des
Weltraumteleskops Hubble und des Gemini South-Teleskops
sprechen jetzt für letzteres. Sie deuten darauf hin, dass sich im Zentrum von
omega Centauri ein Schwarzes Loch mittlerer Größenklasse verbirgt - ein Typus
also, dessen Existenz schon seit einigen Jahren vermutet wird.
"Dieses Ergebnis zeigt, dass es ein kontinuierliches Spektrum von Schwarzen
Loch-Massen gibt, von den supermassereichen, über die mittleren bis hin zu den
kleinen stellaren Schwarzen Löchern", erläutert Eva Noyola vom
Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching. Die Astronomin
hatte das Forscherteam geleitet, das die Entdeckung gemacht hat.
Omega Centauri ist von der Erde aus mit bloßem Auge zu erkennen und ein
beliebtes Beobachtungsobjekt für Sternenfreunde auf der Südhalbkugel der Erde.
Der Haufen ist 17.000 Lichtjahre von uns entfernt, erscheint aber am Himmel
immer noch fast so groß wie der Vollmond. Um was es sich bei omega Centauri
genau handelt, ist seit der ersten Beobachtung des Haufens umstritten: Ptolemäus
hielt ihn für einen einzelnen Stern, Halley glaubte an einen Nebel und John
Herschel erkannte in den 1830er Jahren einen Kugelsternhaufen.
Kugelsternhaufen sind Ansammlungen von bis zu einer Millionen Sterne, die
alle durch ihre gegenseitige Anziehungskraft zusammengehalten werden. Sie
gehören mit zu den ältesten Bestandteilen der Milchstraße, doch auch in den
Außenbereichen anderer Galaxien wurden Kugelsternhaufensysteme nachgewiesen.
Omega Centauri fällt allerdings ein wenig aus dem Rahmen: Der Haufen hat
beispielsweise die zehnfache Masse von anderen massereichen Kugelsternhaufen und
ist damit fast so massereich wie eine kleine Galaxie. Zudem scheint er sich
schneller zu drehen und verfügt - untypisch für einen Kugelsternhaufen - über
Sterne ganz unterschiedlichen Alters (astronews.com berichtete).
So hatten manche Astronomen schon länger den Verdacht, dass es sich bei omega
Centauri vielleicht gar nicht um einen Kugelsternhaufen, sondern um eine
Zwerggalaxie handelt, die ihre äußeren Sterne bei der engen Begegnung mit der
Milchstraße verloren hat. "Der Fund eines Schwarzen Loch im Zentrum von omega
Centauri könnte wichtig sein, um die Wechselwirkungen des Haufens mit unserer
Milchstraße zu verstehen", so Noyola.
Die Astronomin und ihre Kollegen haben die Bewegung und die Helligkeit von
Sternen im Zentrum von omega Centauri studiert. Dabei waren die
Geschwindigkeiten der Sterne im Zentrum deutlich höher als man vermuten würde,
wenn man die Masse des Haufens nur durch Aufsummieren der sichtbaren Sterne
berechnet. Es muss also etwas sehr Massereiches im Zentrum von omega Centauri
geben, das für diese Geschwindigkeiten verantwortlich ist. Und dabei handelt es
sich sehr wahrscheinlich um ein Schwarzes Loch mit einer Masse von rund 40.000
Sonnenmassen.
"Vor diesen Beobachtungen hatte man nur ein anderes Beispiel für ein solches
mittleres Schwarzes Loch gefunden und zwar im Kugelsternhaufen G1 in der
Andromeda-Galaxie", erklärt Karl Gebhardt von der University of Texas
in Austin.
Die Astronomen haben aber auch andere Möglichkeiten in Erwägung gezogen, um
die hohen Geschwindigkeiten zu erklären, wie etwa einen Haufen von kompakten
leuchtschwachen Objekten wie Neutronensternen oder Weißen Zwergen oder eine
Gruppe von Sternen mit sehr ungewöhnlichen langgestreckten Bahnen ums
Haufenzentrum, durch die die Geschwindigkeitsmessungen verfälscht werden.
Doch alle alternativen Erklärungsversuche stellten sich als unwahrscheinlich
heraus: "Die normale Entwicklung eines Sternhaufens wie omega Centauri dürfte
solche Szenarien nicht ermöglichen", so Noyola. "Und selbst wenn es durch
irgendetwas dazu gekommen sein sollte, sind das alles sehr kurzlebige Phänomene.
Ein Haufen aus ausgebrannten Sternen würde bald aus dem Zentrum wandern, sehr
langgezogene Orbits würden bald kreisförmig werden."
Das in omega Centauri vermutete Schwarze Loch der Mittelklasse liefert damit
einen weiteren Beweis dafür, dass Schwarze Löcher dieser Größenordnung
tatsächlich existieren. Sie könnten die Bausteine für die noch erheblich
größeren Schwerkraftfallen in den Zentren von Galaxien sein. Schwarze Löcher der
Mittelklasse gelten bislang als relativ selten, könnten aber vielleicht doch
häufiger vorkommen als gedacht, wenn sie beispielsweise auch in Zentren von
Kugelsternhaufen zu finden sind.
Die Masse der Schwarzen Löcher in Galaxien steht in der Regel in einem
bestimmten Verhältnis zur Gesamtmasse der Galaxie. War omega Centauri einmal
eine Zwerggalaxie, sollte diese eine Masse von vielleicht zehn Millionen
Sonnenmassen gehabt haben. Gilt für Zwerggalaxien die gleiche Gesetzmäßigkeit
über die Schwarze Loch-Masse wie bei Galaxien hätte das jetzt entdeckte Schwarze
Loch genau die richtige Größe.
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