Überraschend großer Mikrometeoroiden-Einschlag beschädigt Spiegelsegment
von
Stefan Deiters astronews.com
9. Juni 2022
Dass Mikrometeoroiden in den Hauptspiegel des
Weltraumteleskops James Webb einschlagen würden, war allgemein erwartet
worden und gilt als unvermeidlich. Ein im Mai registrierter Einschlag war
allerdings deutlich stärker als zuvor modelliert. Nach NASA-Angaben hat dies
zwar Einfluss auf die Qualität der Daten, diese läge aber noch immer deutlich
über den Erwartungen.
Der aus 18 Segmenten bestehende Hauptspiegel des Weltraumteleskops James Webb
in einem Reinraum des Goddard Space Flight Center der NASA im
April 2017.
Foto: NASA / Desiree Stover [Großansicht] |
Die Einschläge von Mikrometeoroiden in Satelliten und Sonden, die im Weltraum
unterwegs sind, lassen sich nicht vermeiden und ihre Folgen sind bei der Planung von
Missionen entsprechend berücksichtigt. Zwischen dem 23.
und 25. Mai traf es auch eines der Segmente des Hauptspiegels des James-Webb-Weltraumteleskops von NASA und ESA,
wie gestern mitgeteilt wurde. Nach einer ersten Bewertung des Schadens stellte das Team
aber fest, dass das Teleskop weiterhin auf einem Niveau arbeitet, das die zuvor
gesetzten Anforderungen sogar noch übertrifft.
Allerdings sei der Schaden in den Daten durchaus erkennbar. Weitere Analysen
werden gerade durchgeführt.
Der Spiegel von James Webb wurde so
konstruiert, dass er dem Bombardement von Mikrometeoroiden, also von staubgroßen Partikeln
im All mit extremen
Geschwindigkeiten, standhält. Dass es zu solchen Einschlägen auf der Umlaufbahn
von James Webb um den Lagrange-Punkt L2 des Systems Erde-Sonne kommen
würde, war erwartet worden. Daher wurden bereits während der Konstruktion von
Teleskop und Spiegel Einschläge von Mikrometeoroiden simuliert und im Labor
Spiegelsegmente mit Staubpartikeln beschossen. Der jetzt bekanntgewordene
Einschlag war allerdings stärker als die modellierten Einschläge.
"Wir wussten immer, dass Webb der
Weltraumumgebung standhalten muss, die aus hartem ultraviolettem Licht und
geladenen Teilchen von der Sonne, kosmischer Strahlung aus exotischen Quellen in
der Galaxie und gelegentlichen Einschlägen von Mikrometeoroiden in unserem
Sonnensystem besteht", erläutert Paul Geithner, stellvertretender technischer
Projektleiter am Goddard Space Flight Center der NASA.
"Wir haben Webb mit einer Leistungsreserve - optisch, thermisch,
elektrisch, mechanisch - entworfen und gebaut, um sicherzustellen, dass es seine
ehrgeizige wissenschaftliche Mission auch nach vielen Jahren im Weltraum
erfüllen kann."
Außerdem, so beschreibt die NASA auf ihrer Website, wäre
Webb in der Lage, die Position der Spiegelsegmente zu verändern,
wodurch sich die Folgen solchen Einschläge teilweise kompensieren lassen würden.
Das
Betriebsteam hat bereits eine erste derartige Anpassung für das
kürzlich getroffene Segment C3 vorgenommen. Weitere Anpassungen, die zu einer
noch besseren Korrektur führen sollen, sind geplant. Zum Maßnahmenpaket gegen Mikrometeoroiden-Einschläge gehört es auch, das Teleskop beim Auftreten
bekannter Meteoroidenschauer so zu drehen, dass die Optik geschützt ist. Der jüngste Einschlag war
allerdings nicht
die Folge eines Schauers und wird derzeit als unvermeidliches Zufallsereignis
betrachtet.
"Da die Spiegel von Webb dem Weltraum ausgesetzt
sind, haben wir erwartet, dass gelegentliche Mikrometeoroideneinschläge die
Leistung des Teleskops im Laufe der Zeit verringern würden", sagte Lee Feinberg
vom Goddard Space Flight Center, der für die Teleskopoptik von Webb
verantwortlich ist. "Seit dem Start
hatten wir vier kleinere, messbare Mikrometeoroideneinschläge, die den
Erwartungen entsprachen, und kürzlich einen Einschlag, der größer war als in
unseren Vorhersagen angenommen. Wir werden diese Daten nutzen, um unsere
Analyse der Leistung im Laufe der Zeit zu aktualisieren und auch betriebliche
Ansätze zu entwickeln, um die Abbildungsleistung von Webb über viele Jahre hinweg so gut wie möglich maximieren."
Der Einschlag hätte, so die NASA, keinerlei Einfluss auf den aktuellen
Zeitplan. Weiterhin sei vorgesehen, Mitte Juli die ersten Bilder von Webb zu
veröffentlichen (astronews.com berichtete) und dann mit dem wissenschaftlichen
Betrieb zu beginnen.
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