Ein dritter Planet um den sonnennächsten Stern?
von
Stefan Deiters astronews.com
10. Februar 2022
Mithilfe des Very Large Telescope glauben
Astronominnen und Astronomen Hinweise auf einen weiteren Planeten entdeckt zu
haben, der den sonnennächsten Stern Proxima Centauri umkreist. Es wäre der
dritte bekannte Planet in dem System. Proxima d umrundet seine Sonne innerhalb
von fünf Tagen und dürfte nur ein Viertel der Masse der Erde besitzen.
Künstlerische Darstellung des um Proxima Centauri vermuteten
Planeten Proxima d. Im Hintergrund sind Proxima Centauri und
die Planeten Proxima b und Proxima c dargestellt.
Bild: ESO / L. Calçada [Großansicht] |
"Die Entdeckung zeigt, dass unser nächster stellarer Nachbar voller
interessanter neuer Welten zu sein scheint, die in Reichweite weiterer
Beobachtungen und zukünftiger Erkundungsmissionen liegen", unterstreicht João
Faria vom Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço in Portugal.
Proxima Centauri ist mit einer Entfernung von etwas mehr als vier Lichtjahren
der sonnennächste Stern. Der nun entdeckte Planet mit der Bezeichnung Proxima d
umkreist Proxima Centauri in einer Entfernung von vier Millionen Kilometern -
das ist nur rund ein Zehntel der Entfernung des Merkur von unserer Sonne.
Das erscheint auf den ersten Blick äußert nahe, doch handelt es sich bei
Proxima Centauri um einen roten Zwergstern, der deutlich kühler ist als unsere
Sonne. Die habitable Zone, in der es theoretisch flüssiges Wasser auf der
Oberfläche eines Planeten geben könnte, liegt in solchen Systemen sehr viel
näher am Zentralstern als beispielsweise im Sonnensystem. Proxima d, der für
einen Umlauf um seinen Stern fünf Tage benötigt, dürfte allerdings trotzdem nicht mehr innerhalb
dieser habitablen Zone liegen, sondern zu nahe an Proxima Centauri.
Das ist bei dem vor einigen Jahren entdeckten Planet Proxima b anders: Diese
Welt mit einer erdähnlichen Masse benötigt für eine Umrundung seines Sterns elf
Tage und befindet sich in der habitablen Zone. Proxima c schließlich umkreist Proxima
Centauri in deutlich größerem Abstand - er benötigt für eine Umrundung fünf
Jahre. Erste Hinweise auf Proxima b hatte man mit dem Spektrometer HARPS am
3,6-Meter-Teleskop der europäischen Südsternwarte ESO in La Silla entdeckt, die
Bestätigung seiner Existenz erfolgte dann 2020 mithilfe des Very Large Telescope.
Bei diesen Beobachtungen hatten Astronominnen und Astronomen auch erste
Hinweise auf die Existenz eines Objekts mit einer Umlaufzeit von nur fünf Tagen
gefunden. Es waren aber noch weitere Beobachtungen mit dem Very Large Telescope
nötig, um wirklich sicher zu sein, dass es sich dabei tatsächlich um das Signal
eines Planeten handelt. "Nachdem die neuen Beobachtungen vorlagen, konnten wir
dieses Signal als einen neuen Planetenkandidaten bestätigen", so Faria. "Es war
eine tolle und ganz besondere Herausforderung, ein so kleines Signal aufzuspüren
und damit einen Exoplaneten zu entdecken, der der Erde so nahe ist."
Mit seiner Masse von nur rund einem Viertel der Erdmasse ist Proxima d der
masseärmste extrasolare Planet, der bislang mit der sogenannten
Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt worden ist. Bei diesem Verfahren sucht
man nach einem leichten "Wackeln" des Zentralsterns, das durch die gravitative
Anziehungskraft eines umlaufenden Planeten verursacht wird. Man erkennt dieses -
im Falle von massearmen Planeten nur sehr geringe - Wackeln im Spektrum eines
Sterns, weshalb die jetzt vorgestellte Entdeckung auch mit dem leistungsfähigen
Spektrografen ESPRESSO am Very Large Telescope gemacht wurde.
"Dieser Erfolg ist sehr wichtig", unterstreicht auch Pedro Figueira,
ESPRESSO-Instrumentenwissenschaftler bei der ESO in Chile. "Er zeigt, dass die
Radialgeschwindigkeitstechnik das Potenzial hat, leichte Planeten wie unseren
eigenen zu entdecken, die vermutlich die häufigsten in unserer Galaxie sind und
die möglicherweise Leben, wie wir es kennen, beherbergen können."
Und Faria ergänzt: "Dieses Ergebnis zeigt deutlich, wozu ESPRESSO in der Lage
ist, und macht mich neugierig darauf, was es in der Zukunft noch alles finden
wird." Über die Entdeckungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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