Unbekannte Struktur im Sagittarius-Arm entdeckt
von
Stefan Deiters astronews.com
20. August 2021
Die Struktur unserer Milchstraße zu bestimmen, ist alles
andere als einfach: Da wir uns mitten in der Scheibe dieser Spiralgalaxie
befinden, fehlt uns der Blick von oben. Nun wurden frühere Beobachtungen des
Weltraumteleskops Spitzer mit aktuellen Daten des Astrometriesatelliten
Gaia kombiniert und eine bislang unbekannte Struktur im Sagittarius-Arm
der Milchstraße entdeckt.
Die neu entdeckte Struktur zweigt vom Sagittarius-Arm der
Milchstraße ab.
Bild: NASA / JPL-Caltech
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Dass es sich bei unserer Milchstraße um eine Spiralgalaxie handelt, weiß die
Astronomie schon seit einiger Zeit. Dabei fehlt uns der Blick von oben auf
unsere galaktische Heimat: Während wir bei fernen Galaxien auf deren spektakulär geschwungene Spiralarme schauen können, gibt es vergleichbare
Bilder der Milchstraße nur als künstlerische Darstellungen. Wir befinden uns
nämlich mitten in einem dieser Spiralarme. So hat man auch erst in diesem
Jahrtausend sicher feststellen können, dass es sich bei der Milchstraße um eine
Balkenspiralgalaxie handelt.
Um die Struktur unserer Heimatgalaxie zu bestimmen, muss man die Position der
Sterne am Himmel und ihre Entfernung genau ermitteln, um daraus ein
dreidimensionales Bild der Verteilung der Sterne ableiten zu können.
Insbesondere die Entfernungsbestimmung ist aber oft noch sehr unpräzise, was die
Entdeckung kleinerer Strukturen schwierig macht.
Der europäische Astrometriesatellit Gaia soll hier - zumindest für
unsere galaktische Umgebung - Abhilfe schaffen und Positionen und Entfernungen
von Milliarden von Sternen mit bislang unerreichter Genauigkeit vermessen. Dies
kommt natürlich auch Forschenden zugute, die sich mit der Struktur der
Milchstraße befassen, wie eine jetzt vorgestellte Untersuchung zeigt: Darin
beschreibt das Team die Entdeckung einer Struktur, die vom Sagittarius-Arm der
Milchstraße abzweigt und sich über 3000 Lichtjahre erstreckt. Der Sagittarius-Arm
ist einer der Hauptarme der Milchstraße.
Das Team hatte mit dem Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer der NASA einen
nahegelegenen Bereich des Sagittarius-Arms ins Visier genommen und dort nach
jungen Sternen und Nebeln gesucht, die in der Regel die Form von
Spiralarmen sehr gut nachzeichnen. Um nun eine dreidimensionale Ansicht
dieses Bereichs erstellen zu können, griffen sie auf die neuesten Daten von Gaia
zurück und machten so eine Struktur sichtbar, die offenbar wie ein Stachel aus
dem Sagittarius-Arm herausragt. Solche manchmal als "Sporn" oder "Federn"
bezeichneten Strukturen kennt man bereits von anderen Galaxien, nur waren sie im
Falle der Milchstraße bislang nicht nachzuweisen.
"Entfernungen gehören zu dem, was in der Astronomie mit am
schwierigsten zu bestimmen ist", unterstreicht Alberto Krone-Martins von der
University of California in Irvine und Mitglied des Konsortiums, das die
Gaia-Daten
auswertet. "Erst durch die jüngsten, direkten Entfernungsmessungen mit Gaia wird
die Geometrie dieser neuen Struktur deutlich." In dem entdeckten Ausläufer befinden sich einige prominente Objekte, wie der
Adlernebel, der durch seine "Säulen der Schöpfung" bekannt ist, oder auch der Omeganebel, der Trifidnebel und der Lagunennebel.
Über ihre Entdeckung berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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