Superflares ungefährlicher als angenommen?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam astronews.com
9. August 2021
Superflares, extreme Strahlungsausbrüche von Sternen,
standen bisher im Verdacht, den Atmosphären und damit der Bewohnbarkeit von
Exoplaneten nachhaltig zu schaden. Jetzt gibt es Hinweise darauf, dass diese
Ausbrüche nur eine begrenzte Gefahr für Planetensysteme darstellen, da sie sich
in der Regel nicht in Richtung der Exoplaneten ausbreiten.
Bei Roten Zwergen werden häufig gewaltige
Strahlungsausbrüche beobachtet, die die
Atmosphären von sie umkreisenden Planeten
verändern und verdampfen können. Neue
Erkenntnisse deuten nun darauf hin, dass sie
jedoch meist in hohen Breitengraden auftreten.
Bild: AIP / J. Fohlmeister [Großansicht] |
Mithilfe von optischen, zeitaufgelösten Beobachtungen des
Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) haben Astronominnen und
Astronomen des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) in Zusammenarbeit
mit Forschenden aus den USA und Spanien große Superflares auf jungen, kleinen
Sternen untersucht. Diese Klasse von Sternen, auch "Rote Zwerge" genannt, haben
eine niedrigere Temperatur und Masse als unsere Sonne. Viele Exoplaneten wurden
um diese Art von Sternen entdeckt.
Die Frage ist, ob diese Exoplaneten habitabel, also bewohnbar sind, denn Rote
Zwerge sind aktiver als unsere Sonne und zeigen häufige und intensive
Strahlungsausbrüche. Diese sogenannten Flares sind magnetische Explosionen in
der Atmosphäre von Sternen, die intensive elektromagnetische Strahlung in den
Weltraum schleudern. Große Flares sind mit der Aussendung von energiereichen
Teilchen verbunden, die Exoplaneten in der Nähe des Sterns treffen und deren
Atmosphären verändern oder sogar zerstören können.
Ekaterina Ilin, Doktorandin am AIP, und ein Team entwickelten eine Methode,
um festzustellen, von wo auf der Oberfläche der Sterne die Flares entspringen.
"Wir entdeckten, dass extrem große Flares in der Nähe der Pole von Roten Zwergen
zünden und nicht an ihrem Äquator, wie es bei der Sonne typischerweise der Fall
ist", sagt Ilin. "Exoplaneten, die sich auf einer Bahn in der Ebene um den
Äquator des Sterns bewegen, so wie die Planeten in unserem eigenen Sonnensystem,
könnten daher weitgehend vor solchen Superflares geschützt sein, da diese nach
oben oder unten aus dem Exoplanetensystem heraus gerichtet sind. Dies könnte die
Aussichten für die Habitabilität von Exoplaneten um kleine Rote Zwerge
verbessern. Sie wären sonst durch die energetische Strahlung und Teilchen, die
mit Flares einhergehen, viel stärker gefährdet als Planeten in unserem
Sonnensystem."
Der Nachweis der polnahen Flares ist ein Beleg dafür, dass sich in der Nähe
der Rotationspole von schnell rotierenden Sternen starke und dynamische
Konzentrationen stellarer Magnetfelder bilden, die sich als dunkle Flecken und
Flares manifestieren können. Die Existenz solcher "polaren Flecken" wird seit
Langem durch indirekte Rekonstruktionstechniken wie (Zeeman)-Doppler-Imaging von
Sternoberflächen vermutet, konnte aber bisher nicht direkt nachgewiesen werden.
Dies gelang dem Team durch die Analyse von Weißlicht-Flares an schnell
rotierenden M-Zwergsternen.
Diese dauern lange genug an, um durch ihr Herein- und Herausrotieren auf der
Sternoberfläche in ihrer Helligkeit moduliert zu werden. Die Autorinnen und
Autoren konnten aus der Form der Lichtkurve direkt auf die geografische Breite
der Flares schließen und zeigten außerdem, dass die Nachweismethode für alle
Breitengrade gleichmäßig effizient ist. "Ich freue mich besonders, dass wir die
Existenz der polaren Flecken bei solchen schnell rotierenden Sternen endlich gut
belegen können. In der Zukunft wird uns dies helfen, die Magnetfeldstrukturen
dieser Sterne besser zu verstehen", ergänzt Katja Poppenhäger, Leiterin der
Abteilung Sternphysik und Exoplaneten.
Die Forschenden durchsuchten das gesamte Archiv der TESS-Beobachtungen nach
Sternen, die große Flares aufweisen, indem sie die Lichtkurven von über 3000
Roten Zwergen auswerteten, die insgesamt über 400 Jahren Beobachtungszeit
entsprechen. Unter diesen Sternen fanden sie vier, die für die neue Methode
geeignet waren. Ihre Ergebnisse zeigen, dass alle vier Flares oberhalb von rund
55 Grad geografischer Breite auftraten, also viel näher am Pol als Eruptionen
und -flecken, die bei unserer Sonne normalerweise unterhalb von 30 Grad
auftreten. Selbst bei nur vier Flares ist dieses Ergebnis bedeutend: Wären die
Flares gleichmäßig über die Sternoberfläche verteilt, würde die
Wahrscheinlichkeit, gleich vier von ihnen in solch hohen Breitengraden zu
finden, bei 1 zu 1000 liegen. Dies hat Auswirkungen auf Modelle der Magnetfelder
von Sternen und auf die Habitabilität von Exoplaneten, die sie umkreisen.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society erschienen ist.
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