Planeten-Atmosphären haben es schwer
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
25. April 2019
Viele tausend Planeten haben Astronomen bereits entdeckt und
immer häufiger taucht die Frage auf, auf welchen davon sich eventuell Leben
entwickeln konnte. Entscheidend dafür ist die Fähigkeit des Planeten, eine
Atmosphäre zu halten. Doch gerade bei massearmen Sternen, sogenannten M-Zwergen,
könnte dies für Planeten über einen langen Zeitraum sehr schwierig sein.
Auch unser Nachbarstern Proxima Centauri ist
ein M-Zwerg. Hier ein hypothetischer Blick von
der Oberfläche des Planeten um Proxima Centauri.
Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Eines der aktivsten Forschungsthemen der modernen Astronomie ist die Suche
nach Planeten mit erdähnlicher Atmosphäre und Oberflächenbeschaffenheit, die in
der Lage ist Leben zu beherbergen. Bisher lag einer der Schwerpunkte auf
Planeten, welche sogenannte M-Zwerge umkreisen. Diese M-Zwerge sind zwar
erheblich kleinere und kühlere Sterne als unsere Sonne, jedoch sind sie deutlich
häufiger in unserer Galaxie aufzufinden.
Die Sterne, um welche die Exoplaneten kreisen, sind der primäre Verursacher
der atmosphärischen Erosion. Besitzt der Stern ein sehr starkes Magnetfeld,
führt dies zu intensiver Emission hochenergetischer UV- und Röntgenstrahlung.
Bei unserer Sonne war diese sogenannte "solare Aktivität" in den ersten hundert
Millionen Jahren ausgesprochen hoch und verringerte sich mit fortschreitendem
Alter rapide. M-Zwerge können dieses extreme Aktivitätslevel jedoch für mehrere
Milliarden Jahre beibehalten.
Hochenergetische Strahlung wird in den äußeren Schichten der Atmosphäre, der
Thermosphäre, absorbiert und heizt diese, im Fall der Erde, auf mehr als 1000
Grad Celsius auf. In derselben Höhe befinden sich viele Satelliten und auch die
Internationale Raumstation ISS, welche in etwa 400 Kilometern Entfernung die
Erde umkreist. Im Falle von hochaktiven jungen Sternen oder M-Zwergen können
diese Temperaturen noch weitaus höher ausfallen, sodass die aufgeheizten Gase im
Extremfall an das Weltall verloren gehen. Die Geschwindigkeit mit der dies
geschieht ist für erdähnliche Planeten bisher nur wenig unzureichend erforscht.
Forschende der Universität Wien und des Instituts für Weltraumforschung der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz haben nun zum ersten Mal
die Zeitskala errechnet, in der ein erdähnlicher Planet seine Atmosphäre
verliert, würde er um einen sehr aktiven Stern kreisen. Die Berechnungen zeigen,
dass der Verlust der kompletten Erdatmosphäre im Extremfall in weniger als einer
Million Jahre vonstatten gehen kann, was bezogen auf die Evolutionszeitskala von
Planeten nahezu augenblicklich anmutet.
Diese Resultate haben schwerwiegende Auswirkungen auf das Bild der
Entwicklung der jungen Erde, sowie auf die Eignung von Planeten aktiver M-Zwerge
eine Atmosphäre, und somit uns bekanntes Leben, zu entwickeln. Im Falle der Erde
ist die wahrscheinlichste Erklärung für das Bestehenbleiben der Atmosphäre ihre
Zusammensetzung. Die Atmosphäre der junge Erde bestand vermutlich primär aus
Kohlendioxid, welches die hochenergetische Strahlung absorbierte und sie sehr
effizient als Infrarotstrahlung wieder an das All abgeben konnte. Dies begrenzte
die Aufheizung der äußeren Thermosphäre und den dazugehörigen Verlust der
Gaspartikel.
Weiter bedeutet es, dass sich die heutige Stickstoffatmosphäre erst nach
mehreren hundert Millionen Jahren bilden konnte – zu einer Zeit, als die Sonne
ein deutlich niedrigeres Aktivitätsniveau erreicht hatte. Dramatischer steht es
um Planeten, die M-Zwerge umkreisen. Diese könnten erst nach vielen Milliarden
Jahren in der Lage sein, erdähnliche Atmosphären und Oberflächen auszubilden und
zu behalten. Wahrscheinlicher ist aber, dass diese Planeten keine oder nur eine
sehr dünne Atmosphäre besitzen. In beiden Fällen ist die Wahrscheinlichkeit
Zeichen von Leben auf diesen Planeten zu finden geringer als bisher vermutet.
Die Ergebnisse ihrer
Untersuchung wurden jetzt in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics
veröffentlicht.
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