Milliarden Planeten in habitabler Zone?
von Stefan Deiters astronews.com
28. März 2012
Gesteinsplaneten, die nicht viel größer als die Erde sind,
sollten sich in der habitablen Zone um rote Zwergsterne sehr häufig finden
lassen. Dies ergab eine Analyse auf Grundlage von Daten des Instrumentes HARPS
aus den vergangenen sechs Jahren. Die Astronomen schätzen, dass es in der
Milchstraße mehrere zehn Milliarden solcher Planeten gibt. In unmittelbarer
Nachbarschaft der Sonne sollten es rund 100 sein.
So stellt sich
ein Künstler einen Sonnenuntergang auf der
Supererde Gliese 667 Cc vor.
Bild: ESO/L. Calçada |
Basierend auf Daten des Instruments HARPS am 3,6-Meter-Teleskop der
europäischen Südsternwarte ESO im chilenischen La Silla haben Astronomen jetzt
eine erste Abschätzung der Anzahl von terrestrischen Planeten um rote
Zwergsterne vorgelegt. Bei diesem Sternentyp handelt es sich um sehr massearme
und leuchtschwache Sterne und gleichzeitig um den häufigsten Sternentyp in
unserer Heimatgalaxie. Die jetzt vorgestellte Untersuchung ergänzt damit eine im
Januar veröffentlichte Studie, die gezeigt hatte, dass es in der Milchstraße
unzählige Planeten geben muss, allerdings keine Aussagen über Planeten von etwa
Erdgröße machen konnte (astronews.com berichtete).
Das Instrument HARPS, mit dem schon zahlreiche extrasolare Planeten
aufgespürt wurden, ist ein äußerst genauer Spektrograph, mit dem Astronomen das
leichte Wackeln eines Sterns registrieren können, das durch umlaufende Planeten
verursacht wird. "Unsere neuen Beobachtungen mit HARPS bedeuten, dass rund 40
Prozent aller roten Zwergsterne über Supererden verfügen, die in einer
habitablen Zone um den Stern kreisen. Auf der Oberfläche dieser Planeten kann
Wasser also in seiner flüssigen Form existieren", erläutert Xavier Bonfils vom
Observatoire des Sciences de l'Univers de Grenoble, der die
Untersuchung leitete. "Weil rote Zwergsterne sehr häufig sind - in der
Milchstraße gibt es ungefähr 160 Milliarden - kommen wir zu dem erstaunlichen
Ergebnis, dass es allein in unserer Galaxie mehrere zehn Milliarden dieser
Planeten geben muss."
Als Supererden bezeichnen Astronomen Planeten mit einer Masse, die zwischen
der ein- und der zehnfachen Masse der Erde liegt. Bei ihnen könnte es sich um
Gesteinsplaneten handeln, auf denen es - sollten sie in der habitablen Zone um
ihren Stern liegen - auch flüssiges Wasser geben kann, so dass sich auf ihnen
eventuell Leben entwickeln konnte.
Die Astronomen haben für ihre Untersuchung in den vergangenen sechs Jahren
102 rote Zwergsterne am südlichen Himmel beobachtet und dabei insgesamt neun
Supererden entdeckt. Zwei davon kreisten innerhalb der habitablen Zone um ihre
Sonne. Einer der beiden Sterne mit einem solchem Planeten ist der bekannte Stern
Gliese 581, der andere ist Gliese 667 C (astronews.com berichtete).
Durch die Kombination aller verfügbaren Daten aus den Beobachtungen haben die
Astronomen nun die Häufigkeit bestimmter Planetentypen um rote Zwergsterne
abgeschätzt. Das Ergebnis: um 41 Prozent der roten Zwergsterne sollte sich eine
Supererde in der habitablen Zone finden lassen. Im Gegensatz dazu dürften sehr
massereiche Planeten wie etwa Saturn oder Jupiter um rote Zwergsterne eher
selten sein. Nur zwölf Prozent der roten Zwerge sollten über Planeten mit der
100- bis 1.000-fachen Masse der Erde verfügen.
Die große Häufigkeit von Supererden in der habitablen Zone um rote Zwerge
könnte auch bedeuten, dass es in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft
eine ganze Reihe dieser Welten gibt, liegen doch zahlreiche dieser
leuchtschwachen Sterne in relativ geringer Entfernung von unserer Sonne. Das
Team schätzt, dass innerhalb eines Umkreises von 30 Lichtjahren rund 100 solcher
Supererden in habitablen Zonen existieren.
"Die habitable Zone um einen roten Zwerg, wo die Temperaturen auf der
Oberfläche eines Planeten die Existenz von flüssigem Wasser erlauben, befindet
sich in deutlich geringerem Abstand von dem Stern als etwa die Erde von der
Sonne", erläutert Stéphane Udry von der Sternwarte in Genf. "Rote Zwerge sind
für Eruptionen bekannt, durch die Planeten in der Umgebung große Mengen von
Röntgenstrahlen und ultravioletter Strahlung abbekommen könnten, was Leben dort
unwahrscheinlicher macht."
"Jetzt, wo wir wissen, dass es so viele Supererden um nahe rote Zwerge geben
muss, kommt es darauf an, mehr davon zu finden - mit HARPS und anderen
Instrumenten", blickt Teammitglied Xavier Delfosse vom Observatoire des
Sciences de l'Univers de Grenoble in die Zukunft. "Einige ziehen vielleicht
während eines Umlaufs vor ihrem Planeten vorbei. Damit würden sich neue
Möglichkeiten zur Untersuchung ihrer Atmosphäre und der Suche nach Lebensspuren
ergeben."
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