HARPS entdeckt 50 neue Exoplaneten
von Stefan Deiters astronews.com
13. September 2011
Mithilfe des Instruments HARPS am 3,6-Meter-Teleskop der europäischen Südsternwarte ESO
im chilenischen La Silla haben Astronomen 50 neue Exoplaneten entdeckt, darunter
auch 16 neue Super-Erden. Eine dieser fernen Welten liegt sogar am Rand der
habitablen Zone ihres Zentralsterns. Schlechte Nachrichten gibt es hingegen für
Freunde des Systems Gliese 581.
So könnte der jetzt entdeckte Planet um den
Stern HD 85512 aussehen. Bild:
ESO/M. Kornmesser [Großansicht] |
Den Status als weltbester Exoplaneten-Jäger hat das Instrument
HARPS (High Accuracy Radial Velocity Planet Searcher) am
3,6-Meter-Teleskop des ESO-Observatoriums in La Silla schon seit längerer Zeit
sicher (astronews.com berichtete). Nun stellte das Instrument erneut seine
Leistungsfähigkeit unter Beweis. Auf einer Konferenz im amerikanischen Wyoming
präsentierte das Team um Michel Mayor von der Universität in Genf gestern die
jüngsten HARPS-Entdeckungen : mehr als 50 Exoplaneten um nahegelegene Sterne,
darunter 16 sogenannte Super-Erden, also Planeten mit der ein- bis zehnfachen
Masse der Erde.
"Die Zahl von Entdeckungen mit HARPS hat unsere Erwartungen weit
übertroffen", so Mayor. "Unter den Entdeckungen findet sich eine große Anzahl
von Super-Erden und neptunähnlichen Planeten um Sterne, die unserer Sonne sehr
ähnlich sich. Und was noch wichtiger ist - die neuen Ergebnisse zeigen, dass die
Geschwindigkeit der Entdeckungen zunimmt." Die Wissenschaftler suchen seit rund
acht Jahren mit HARPS nach extrasolaren Planeten. In mehreren Hundert
Beobachtungsnächten konnten bislang über 150 Exoplaneten aufgespürt werden.
Die Suche nach Planeten mit HARPS beruht auf der sogenannten
Radialgeschwindigkeitsmethode: Man fahndet dabei nicht direkt nach einer fernen
Welt, sondern sucht nach einem leichten Wackeln eines Sterns, das durch einen
umlaufenden Planeten verursacht wird. Auch dieses Wackeln lässt sich nicht
direkt erkennen, sondern verrät sich durch die Dopplerverschiebung des
Sternenlichts. Sie entsteht, weil sich der Stern durch das Wackeln abwechselnd
auf uns zu und von uns weg bewegt. Um diese leichte Verschiebung im Spektrum
eines Sterns erkennen zu können, bedarf es eines sehr empfindlichen
Spektrografen - wie eben HARPS einer ist.
Die bisherigen HARPS-Beobachtungen von insgesamt 376 sonnenähnlichen Sternen
nutzte das Team auch für ein wenig Statistik und versuchte zu bestimmen, wie
wahrscheinlich es ist, dass sich um sonnenähnliche Sterne Planeten finden
lassen, die deutlich masseärmer sind als Gasriesen: Sie errechneten, dass etwa
40 Prozent dieser Sterne mindestens einen Planeten besitzen, der masseärmer ist
als Saturn. Die Mehrheit der extrasolaren Planeten mit einer Masse von Neptun
oder darunter befindet sich zudem in Systemen mit mehreren Planeten.
Dank laufender Verbesserungen am Instrument und an der Software erhöht sich
die Empfindlichkeit von HARPS ständig, so dass sich inzwischen auch
Gesteinsplaneten aufspüren lassen, auf denen eventuell Leben möglich ist. Zehn
vielversprechende nahegelegene sonnenähnliche Sterne wurden vor einiger Zeit für
besonders gründliche Beobachtungen ausgewählt. Nach zwei Jahren Arbeit hat das
Team auf diese Weise fünf Planeten mit einer Masse von weniger als fünf
Erdmassen entdeckt.
"Diese Planeten würden sich besonders für die Untersuchung mit künftigen
Weltraumteleskopen eignen, um etwa in ihrer Atmosphäre nach Indizien für Leben
zu suchen, wie etwa der chemischen Signatur von Sauerstoff," so Francesco Pepe
von der Sternwarte in Genf. Einer dieser neu entdeckten Planeten - HD 85512 b in
35 Lichtjahre Entfernung im Sternbild Segel des Schiffs - hat nur die 3,6-fache
Masse der Erde und befindet sich an der Grenze der habitablen Zone um seinen
Zentralstern, also am Rand des Bereichs, in dem Wasser in flüssiger Form
existieren kann.
Mit den neuen, empfindlicheren HARPS-Beobachtungen hoffen die Astronomen,
sogar Planeten mit nur der doppelten Erdmasse aufspüren zu können. HARPS ist
nämlich inzwischen so empfindlich, dass sich mit dem Instrument radiale
Geschwindigkeitsamplituden von weniger als 4 Kilometer pro Stunde nachweisen
lassen. "Für die Entdeckung von HD 85512 b brauchten wir noch nicht ans Limit
von HARPS gehen", so Mayor. "Sie zeigt aber, dass es möglich ist, andere
Super-Erden in der habitablen Zone um sonnenähnliche Sterne aufzuspüren."
Lange, so die Hoffnung der Wissenschaftler, sollte es nicht mehr dauern, bis
man kleine, potentiell lebensfreundliche Gesteinsplaneten um sonnenähnliche
Sterne entdeckt. Unterstützt wird diese Suche zukünftig auch durch neue
Instrumente wie einer Kopie von HARPS, die am Telescopio Nazionale Galileo
auf der kanarischen Insel La Palma montiert wird (astronews.com berichtete) oder
aber dem noch leistungsfähigeren Planetensucher ESPRESSO, der ab 2016 am
Very Large Telescope der ESO auf dem Paranal seine Arbeit aufnehmen
soll. Das Instrument CODEX am geplanten European Extremly Large Telescope
wird den Astronomen dann ganz neue Möglichkeiten eröffnen.
"In den nächsten zehn bis zwanzig Jahren sollten wir eine erste Liste von
potentiell lebensfreundlichen Planeten in der Nachbarschaft der Sonne zur
Verfügung haben", so Mayor. "Eine solche Liste ist wichtig, um später mit neuen
Experimenten nach möglicherweise vorhandenen spektralen Signaturen in der
Atmosphäre dieser Exoplaneten zu suchen, die auf Leben hindeuten könnten."
Schlechte Nachrichten vom HARPS-Team gibt es hingegen für Freunde des Systems
Gliese 581: Vor rund einem Jahr berichteten amerikanische Astronomen von der
Entdeckung zwei weiterer Planeten um Gliese 581 (astronews.com berichtete). Bis
dahin waren um den Stern bereits vier Exoplaneten bekannt. Insbesondere bei dem
Planeten Gliese 581 g sollte es sich um eine Super-Erde in der habitablen Zone
handeln. Mit HARPS wurden nun 121 neue Radialgeschwindigkeitsmessungen von
Gliese 581 gemacht. Diese ergaben, zusammen mit früheren Beobachtungen, dass
beide von den amerikanischen Astronomen vermuteten Planeten sehr wahrscheinlich
nicht existieren.
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