Detaillierter Blick auf den Jet von Centaurus A
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
26. Juli 2021
Ein internationales Forschungsteam hat im Rahmen der Event-Horizon-Teleskop-Kollaboration
nun das Herz der nahegelegenen Radiogalaxie Centaurus A in vorher nicht
erreichter Genauigkeit abgebildet. Dadurch konnte die Position des
supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum genau bestimmt und der
Ausgangspunkt des Jets lokalisiert werden.

Das aktuelle EHT-Bild der Startregion des
Jets von Centaurus A.
Bild: EHT / M. Janssen et al. [Großansicht] |
Im Bereich der Radiowellenlängen erscheint Centaurus A als eines der
größten und hellsten Objekte am Nachthimmel. Nachdem das Objekt 1949 als eine
der ersten bekannten extragalaktischen Radioquellen identifiziert werden konnte
(mit der Galaxie NGC 5128), ist Centaurus A über das gesamte elektromagnetische
Spektrum hinweg mit einer Vielzahl von Radio-, Infrarot-, optischen, Röntgen-
und Gammastrahlen-Observatorien ausgiebig erforscht worden.
Im Zentrum von Centaurus A liegt ein Schwarzes Loch mit einer Masse
entsprechend 55 Millionen Sonnenmassen, was genau zwischen dem Schwarzen Loch im
Zentrum der Galaxie M87 (sechseinhalb Milliarden Sonnenmassen) und dem im
Zentrum unserer Milchstraße (etwa vier Millionen Sonnenmassen) liegt. In einer
neuen Studie wurden nun Daten der Beobachtungen der Event-Horizon-Teleskop
(EHT-) Kollaboration aus dem Jahr 2017 analysiert, um Centaurus A in vorher
nicht erreichtem Detail abzubilden.
"Dies erlaubt uns zum ersten Mal, einen extragalaktischen Radiojet auf Skalen
zu untersuchen, die kleiner sind als die Entfernung, die das Licht an einem Tag
zurücklegt. Wir sehen hautnah, wie ein ungeheuer gewaltiger Jet, ausgehend von
einem supermassereichen Schwarzen Loch, geboren wird", sagt Astronom Michael
Janssen vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn und der
Radboud-Universität Nijmegen.
Centaurus A wurde bereits im Januar 2015 durch rekordverdächtige
Beobachtungen mit einem einzigen Teleskoppaar bei einer Wellenlänge von 1 mm
erforscht, als es vom APEX-Teleskop und dem Radioteleskop am Südpol gleichzeitig
beobachtet wurde. "Diese bahnbrechenden Beobachtungen, aus denen wir nur die
Kompaktheit des Kerns der Quelle abschätzen konnten, haben den Weg zu dem Bild
geebnet, das wir jetzt mit dem Einsatz des kompletten EHT-Netzwerks präsentieren
können", ergänzt Eduardo Ros, ebenfalls vom MPIfR.
Im Vergleich zu allen bisherigen hochauflösenden Beobachtungen wird der in
Centaurus A gestartete Jet mit einer zehnfach höheren Frequenz und sechzehnfach
schärferen Auflösung abgebildet. Mit dem Auflösungsvermögen des EHT können nun
die gewaltigen Ausmaße der Quelle dargestellt werden, deren großskalige Struktur
eine Gesamtausdehnung vom 16-fachen Durchmesser des Mondes am Himmel entspricht.
Im Gegensatz dazu erfolgt der Ursprung des Jets in der Nähe des zentralen
Schwarzen Lochs in einem Bereich von gerade einmal der scheinbaren Größe eines
Apfels auf dem Mond. Das entspricht insgesamt einem Vergrößerungsfaktor von
einer Milliarde (1.000 000.000 oder 109).
Supermassereiche Schwarze Löcher, die sich im Zentrum von Galaxien wie
Centaurus A befinden, "ernähren" sich von Gas und Staub, die von ihrer enormen
Anziehungskraft angezogen werden. Bei diesem Prozess werden gewaltige Mengen an
Energie freigesetzt, und man sagt, dass die Galaxie "aktiv" wird. Die meiste
Materie, die sich in der Nähe des Randes des Schwarzen Lochs befindet, fällt
hinein. Einige der umgebenden Teilchen entkommen jedoch kurz vor dem Einfangen
und werden weit hinaus ins All geblasen: dabei entstehen Jets, die eine der
geheimnisvollsten und energiereichsten Eigenschaften von Galaxien darstellen.
Die Astronomie versucht mit unterschiedlichen Modellen zu erklären, wie sich
Materie in der Nähe des Schwarzen Lochs verhält. Aber sie wissen immer noch
nicht genau, wie die Jets aus der Zentralregion der Galaxien gestartet werden
und wie sie sich über Skalen erstrecken, die ein gutes Stück größer sein können
als die Galaxien selbst. Mit dem EHT soll dieses Rätsel gelöst werden. Das neue
Bild zeigt, dass der aus dem Inneren von Centaurus A gestartete Jet an den
Rändern heller ist als im Zentrum. Dieses Phänomen ist von anderen Jets bekannt,
wurde aber noch nie so ausgeprägt gesehen.
"Jetzt können wir alle theoretischen Jet-Modelle ausschließen, die diese
Randaufhellung nicht reproduzieren können. Es ist ein auffälliges
Beobachtungsmerkmal, das uns helfen wird, Jets, die von Schwarzen Löchern
erzeugt werden, besser zu verstehen", sagt Matthias Kadler, Professor für
Astrophysik an der Universität Würzburg. Mit den neuen EHT-Beobachtungen der
Zentralregion von Centaurus A wurde die wahrscheinliche Position des Schwarzen
Lochs am Startpunkt des Jets identifiziert. Basierend auf dieser Erkenntnis
sagen die Forscher voraus, dass zukünftige Beobachtungen bei noch kürzerer
Wellenlänge und höherer Auflösung in der Lage sein werden, das zentrale Schwarze
Loch von Centaurus A abbilden zu können.
"Diese Daten stammen aus der gleichen Beobachtungskampagne, die das berühmte
Bild des Schwarzen Lochs in M 87 lieferte. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass das
EHT eine Fundgrube für Daten über die reiche Vielfalt von Schwarzen Löchern
darstellt", sagt Heino Falcke, EHT-Vorstandsmitglied und Professor für
Astrophysik an der Radboud-Universität Nijmegen.
Anton Zensus, Direktor am MPIfR und Gründungsvorsitzender der
EHT-Kollaboration, ist zuversichtlich: "Das EHT ermöglicht uns nicht allein
einen Blick auf die Schatten von Schwarzen Löchern. Es untersucht auch den
Ursprung der riesigen Materiejets in Galaxien. Relativität und Magnetfelder
wirken zusammen in den Jets, die aus der direkten Umgebung des Schwarzen Lochs
hervorgehen. Wir konzentrieren unsere Forschung jetzt verstärkt auf die
Magnetfelder in den Herzen von Radiogalaxien und Quasaren. Ich bin sicher, dass
wir die dafür nötigen verbesserten Methoden zur Auswertung der neuen
Beobachtungen bald beherrschen werden."
Um die Galaxie Centaurus A mit dieser beispiellos scharfen Auflösung bei
einer Wellenlänge von 1,3 mm zu beobachten, nutzte die Kollaboration die Very
Long Baseline Interferometry (VLBI), also dieselbe Technik, mit der auch das
berühmte Bild des Schwarzen Lochs in M 87 gemacht wurde. Ein Zusammenschluss von
acht Teleskopen auf der ganzen Welt (ALMA und APEX (Chile), IRAM-30-Meter
(Spanien), JCMT und SMA (Hawaii), LMT (Mexiko), SMT (Arizona) und das SPT am
Südpol) schlossen sich zusammen, um mit dem EHT ein virtuelles Radioteleskop von
Erdgröße zu schaffen, das später durch NOEMA (Frankreich), GLT (Grönland) und
KPT (Arizona) erweitert wurde. An der EHT-Kollaboration sind mehr als 300
Forscherinnen und Forscher aus Afrika, Asien, Europa, Nord- und Südamerika
beteiligt.
Über die Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
vergangenen Woche in Nature Astronomy veröffentlicht wurde.
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