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KOSMOLOGIE
Die Rotation der kosmischen Filamente
Redaktion / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam
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15. Juni 2021

Mithilfe von Daten des Sloan Digital Sky Survey könnte Astronominnen und Astronomen der Nachweis gelungen sein, dass sich die riesigen Filamente, die Galaxienhaufen miteinander verbinden und so ein kosmisches Netz bilden, auf Skalen von Hunderten von Millionen Lichtjahren drehen. Eine Rotation in dieser Größenordnung war bislang noch nie beobachtet worden.

Filamente

Künstlerische Darstellung der kosmischen Filamente: Riesige Brücken aus Galaxien und Dunkler Materie verbinden Galaxienhaufen miteinander. Bild: AIP / A. Khalatyan / J. Fohlmeister  [Großansicht]

Kosmische Filamente sind riesige Brücken aus Galaxien und Dunkler Materie, die Galaxienhaufen miteinander verbinden. Sie leiten Galaxien zu und in große Galaxienhaufen, die sich an ihren Enden befinden. "Indem wir die Bewegung von Galaxien in diesen riesigen kosmischen Autobahnen mithilfe des Sloan Digital Sky Survey – einer Himmelsdurchmusterung zur Vermessung von Hunderttausenden von Galaxien – untersuchten, fanden wir eine bemerkenswerte Eigenschaft dieser Filamente: Sie drehen sich", sagt Peng Wang vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP).

"Obwohl es sich um dünne Zylinder – ähnlich der Form eines Bleistifts – handelt, die Hunderte von Millionen Lichtjahren lang sind, aber nur wenige Millionen Lichtjahre im Durchmesser, drehen sich diese fantastischen Materieströme", ergänzt Noam Libeskind, Initiator des Projekts am AIP. "Auf diesen Skalen wirken die Galaxien in ihnen wie Staubkörnchen. Sie bewegen sich auf helix- oder korkenzieherartigen Bahnen, rotieren um die Achse des Filaments, während sie sich in ihm in Längsrichtung bewegen. Eine solche Drehung wurde noch nie zuvor auf solch enormen Skalen beobachtet und impliziert, dass es einen noch unbekannten dafür verantwortlichen physikalischen Mechanismus gibt."

Wie der für die Rotation verantwortliche Drehimpuls entsteht, ist eines der ungelösten Schlüsselprobleme der Kosmologie. Im Standardmodell der Strukturbildung im Universum wachsen kleine "Überdichten", die im frühen Universum vorhanden sind, durch gravitative Instabilität, da Materie von unter- zu überdichten Regionen fließt. In der Theorie ist eine solche Strömung drehungs- oder wirbelfrei: Da es keine ursprüngliche Rotation im frühen Universum gibt, muss diese bei der Bildung von Strukturen erzeugt werden.

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Das kosmische Netz im Allgemeinen und Filamente im Besonderen sind eng mit der Entstehung und Entwicklung von Galaxien verbunden. Sie haben zudem einen starken Einfluss auf den Spin, die Eigenrotation, von Galaxien und regulieren oft die Richtung, in der Galaxien und ihre Halos aus Dunkler Materie rotieren. Es ist jedoch nicht bekannt, ob nach dem derzeitigen Modell der Strukturbildung die Filamente selbst, als nicht kollabierte quasi-lineare Objekte, sich drehen.

"Angeregt durch die Vermutung des Theoretikers Dr. Mark Neyrinck, dass Filamente sich drehen könnten, untersuchten wir die beobachtete Galaxienverteilung im Hinblick auf Filamentrotation", erläutert Libeskind. "Es ist fantastisch, die Bestätigung dafür zu sehen, dass intergalaktische Filamente sowohl im realen Universum als auch in Computersimulationen rotieren."

Mithilfe einer ausgeklügelten Kartierungsmethode segmentierten sie die beobachtete Galaxienverteilung in ihre zugrunde liegende Filamentstruktur und betrachteten jedes Filament näherungsweise als einen langgestreckten Zylinder. Die Galaxien darin unterteilten sie in zwei Bereiche entlang der Achse des Filaments und ermittelten sorgfältig die mittlere Rotverschiebungsdifferenz zwischen den beiden Regionen. Die mittlere Rotverschiebungsdifferenz gibt Aufschluss über die Geschwindigkeitsdifferenz (die Dopplerverschiebung) zwischen den Galaxien auf der sich von uns weg rotierenden und der in unsere Richtung rotierenden Seite der Röhre des Filaments. Somit ist die Bestimmung der Rotation des Filaments möglich.

Die neue Studie impliziert, dass Filamente im Universum je nach Beobachtungswinkel und der Masse der sich an ihren Endpunkten befindlichen Galaxienhaufen ein deutliches Signal zeigen, das auf eine Rotationsbewegung schließen lässt.

Über die Ergebnisse der Untersuchung, an der auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in China und Estland beteiligt waren, berichtet das Team in einem Fachartikel, der jetzt in der Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.

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siehe auch
Very Large Telescope: Filamente des kosmischen Netzwerks - 22. März 2021
eROSITA: Blick auf das kosmische Netz - 18. Dezember 2020
Keck: Das kosmische Netz durchleuchtet - 22. Oktober 2014
Keck: Quasar beleuchtet kosmisches Netz - 21. Januar 2014
Links im WWW
Wang, P. et al. (2021): Possible observational evidence for cosmic filament spin, Nature Astronomy, https://doi.org/10.1038/s41550-021-01380-6 
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam
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