Rätselhafte Ausbrüche bei zwei Galaxien
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
3. Mai 2021
In den Daten der SRG/eROSITA-Himmelsdurchmusterung haben
Forschende zwei bisher unauffällige Galaxien identifiziert, die jetzt
quasi-periodische Ausbrüche zeigen. Alle paar Stunden leuchten die Kerne dieser
Galaxien im Röntgenlicht auf und erreichen dabei eine Leuchtkraft, die mit denen
einer ganzen Galaxie vergleichbar ist. Die Ursache dieses pulsierenden
Verhaltens ist noch unklar.
Optisches Bild einer der beiden Galaxien,
die in den eROSITA-All-Sky-Daten aufgrund ihrer
quasi-periodischen Ausbrüche gefunden wurde, die
NICER-Röntgenlichtkurve ist grün überlagert. Die
Galaxie wurde als 2MASS 02314715-1020112 bei
einer Rotverschiebung von z~0,05 identifiziert.
Etwa 18,5 Stunden vergehen zwischen den Maxima
der Röntgenausbrüche.
Bild: MPE; optische Bild: DESI Legacy Imaging
Surveys / D. Lang (Perimeter Institute) [Großansicht] |
Quasare oder "aktive galaktische Kerne" (AGN) werden oft als die
Leuchttürme des fernen Universums bezeichnet. In ihrem Zentrum verschluckt ein
massereiches Schwarzes Loch große Mengen an Material und leuchtet dabei bis zu
tausend Mal heller als eine Galaxie wie unserer Milchstraße. Doch im Gegensatz
zu einem Leuchtturm leuchten die AGN kontinuierlich. "In der eROSITA-Himmelsdurchmusterung
haben wir nun zwei bisher unauffällige Galaxien gefunden, deren Röntgenemission
enorm und fast periodisch pulsiert", berichtet Riccardo Arcodia, Doktorand am
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE).
Diese Art von Objekten ist ziemlich neu: Nur zwei solcher Quellen waren
bisher bekannt; beide wurden entweder zufällig oder in Archivdaten der letzten
Jahre gefunden. "Diese neue Art von pulsierenden Quellen scheint besonders im
Röntgenbereich auffällig zu sein. Deshalb haben wir uns entschlossen, eROSITA
quasi 'blind' einzusetzen, anstatt gezielt zu suchen. Bei unserer Analyse der
Daten haben wir sofort zwei weitere Quellen gefunden", fügt er hinzu.
Das eROSITA-Teleskop scannt derzeit den gesamten Himmel im Röntgenbereich ab.
Der kontinuierliche Datenfluss ist gut geeignet, um veränderliche Ereignisse wie
diese Eruptionen zu finden. Beide neue Quellen, die von eROSITA entdeckt wurden,
zeigten innerhalb weniger Stunden eine Röntgenvariabilität mit hoher Amplitude,
was durch Folgebeobachtungen mit den Röntgenteleskopen XMM-Newton und
NICER bestätigt wurde. Im Gegensatz zu den beiden bereits bekannten, ähnlichen
Objekten waren diese neuen, von eROSITA gefundenen galaktische Kerne bisher
nicht aktiv.
"Es waren ganz durchschnittliche Galaxien mit einer recht kleinen Masse und
inaktiven Schwarzen Löchern", erklärt Andrea Merloni vom MPE, leitender
Wissenschaftler bei eROSITA. "Ohne diese plötzlichen, sich wiederholenden
Röntgeneruptionen hätten wir sie ignoriert." Die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler haben nun die Gelegenheit, die Umgebung der kleinsten
supermassereichen Schwarzen Löcher zu erforschen. Diese haben 100.000 bis 10
Millionen Mal die Masse unserer Sonne.
Quasi-periodische Emissionen, wie sie jetzt von eROSITA entdeckt wurden,
werden typischerweise mit Doppelsternsystemen in Verbindung gebracht. Wenn die
Ausbrüche auch in diesem Fall durch die Anwesenheit eines umkreisenden Objekts
ausgelöst werden, muss dessen Masse viel kleiner sein als die des Schwarzen
Lochs – in der Größenordnung eines Sterns oder eines Weißen Zwerges, der bei
jedem Umlauf durch die enormen Gezeitenkräfte in der Nähe des Schwarzen Lochs
teilweise auseinander gerissen werden könnte.
"Wir wissen immer noch nicht, was diese Röntgenausbrüche verursacht", räumt
Arcodia ein. "Aber wir wissen, dass die Nachbarschaft des Schwarzen Lochs bis
vor Kurzem ruhig war. Eine bereits existierende Akkretionsscheibe, wie sie in
aktiven Galaxien vorhanden ist, ist also nicht erforderlich, um diese Phänomene
auszulösen." Zukünftige Röntgenbeobachtungen werden helfen, das Szenario eines
um das Schwarze Loch kreisenden Objektes einzuschränken oder auszuschließen und
mögliche Änderungen der Umlaufzeit zu beobachten. Diese Art von Objekte könnten
auch mit Gravitationswellen beobachtbar sein und neue Möglichkeiten der
Multi-Messenger-Astrophysik eröffnen. Da diese Galaxien relativ nah und klein
sind, könnte diese Entdeckung zudem helfen, besser zu verstehen, wie Schwarze
Löcher in massearmen Galaxien aktiviert werden.
Über ihre Beobachtungen berichtete das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature erschienen ist.
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