Ist
`Oumuamua der Splitter eines Exo-Pluto?
von
Stefan Deiters astronews.com
17. März 2021
Das im Herbst 2017 entdeckte Objekt `Oumuamua, das aus
einem anderen Sonnensystem stammt, könnte der Splitter eines plutoähnlichen
extrasolaren
Zwergplaneten gewesen sein. Dies ergab eine jetzt
vorgestellte Studie. Danach entstand der Brocken bei einer Kollision vor rund
einer halbe Milliarde Jahren und dürfte vor 25 Jahren noch deutlich anders
ausgesehen haben.
Das Objekt `Oumuamua zeigte auf seinem Weg durch das innere
Sonnensystem kometenähnliche Eigenschaften.
Bild: ESA/Hubble, NASA, ESO, M. Kornmesser [Großansicht] |
`Oumuamua wurde am 19. Oktober 2017 mithilfe des Teleskops Pan-STARRS 1
entdeckt, das regelmäßig den Himmel nach Asteroiden und Kometen absucht, die
auf ihrer Bahn um die Sonne der Erde bedrohlich nahe kommen könnten. Schnell
bemerkten die Fachleute, dass es sich bei dem Brocken um etwas Besonderes
handelt, da seine Bahn auf einen Ursprung jenseits unseres Sonnensystems
hindeutete. Seitdem wird über die Heimat von `Oumuamua spekuliert.
Auffällig an `Oumuamua war insbesondere, dass er sich in mancherlei Hinsicht
wie ein Komet verhielt, es aber doch einige eigentümliche Unterschiede gab.
Außerdem hatte das Objekt eine längliche und vergleichsweise flache Form. Doch
genau diese, so die jetzt vorgestellte Studie von Alan Jackson und Steven Desch
von der
Arizona State University, könnte der
Brocken erst nach Eintritt in unser Sonnensystem erhalten haben.
Die Forscher vermuten, dass `Oumuamua einst Teil eines plutoähnlichen Objektes in
den äußeren Regionen eines anderen Sonnensystems war und vor rund einer halbe
Milliarde Jahren durch eine Kollision aus seinem Heimatsystem geschleudert wurde.
Der Brocken wäre damit das Bruchstück eines "Exo-Pluto". Als `Oumuamua dann um 1995
unser Sonnensystem erreichte, war er nicht so flach, wie er sich uns später
darstellte: Er muss durch die Wärme auf dem Weg durch das Sonnensystem rund 95 Prozent seiner
Masse verloren haben. Die Wissenschaftler vermuten, dass `Oumuamua aus gefrorenem
Stickstoff besteht.
Diese Zusammensetzung würde auch die ungewöhnliche Form des Brockens erklären:
"Als die äußeren Schichten des Stickstoffeises abdampften, wurde das Objekt
immer flacher, genauso wie ein Stück Seife, das durch ständige Benutzung
kleiner und flacher wird", erläutert Jackson.
Ausgangspunkt der Untersuchung des Teams waren die zahlreichen
Beobachtungsdaten und die festgestellten Unterschiede zwischen dem Verhalten von
`Oumuamua und dem eines Kometen im inneren Sonnensystem. Insbesondere blieb eine
eigentümliche Beschleunigung des Brockens ungeklärt, die Kometen zwar auch, aber
nicht in diesem Ausmaß zeigen wie der Besucher aus einem anderen Sonnensystem.
Desch und Johnson versuchten dieses Verhalten
aufzuklären, wobei die Forscher auf verschiedene Formen von Eis tippten, die die
bei `Oumuamua gemessenen Daten erklären könnten: Und tatsächlich fanden sie mit festem
Stichstoff, wie man ihn beispielsweise auf der Oberfläche von Pluto findet, einen
Kandidaten, mit dessen Hilfe sich praktisch alle Beobachtungen erklären lassen.
Sollte es sich bei `Oumuamua tatsächlich um ein Bruchstück eines Exo-Pluto
handeln, wäre das auch für Forschende interessant, die sich für die Entstehung
von fernen Planetensystemen interessieren. `Oumuamua wäre dann nämlich der erste
Hinweis darauf, dass es plutoähnliche Objekte auch um andere Sonnen gibt.
Die Ergebnisse der Studie stellt Jackson heute auf der 52. Lunar and
Planetary Science Conference vor. Sie sind außerdem in zwei Fachartikeln
zusammengefasst, die im Journal of Geophysical Research: Planets
erschienen sind.
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