Mit BASE auf der Suche nach Dunkler Materie
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik astronews.com
28. Januar 2021
Mit dem Experiment BASE am Antiprotonen-Entschleuniger des
CERN in Genf konnte nun eine neue Grenze für die Masse von Axion-ähnlichen
Teilchen bestimmt werden. Bei diesen hypothetischen Partikeln handelt es sich um
Kandidaten für Dunkle Materie. Die Ergebnisse sind auch deshalb bemerkenswert,
weil BASE nicht für solche Untersuchungen konzipiert wurde.
Jack Devlin arbeitet an der BASE-Elektronik.
Foto: BASE-Kollaboration/CERN [Großansicht] |
"BASE verfügt über extrem empfindliche Detektionssysteme mit abgestimmten
supraleitenden Schwingkreisen, um die Eigenschaften einzelner gefangener
Antiprotonen zu untersuchen. Wir haben erkannt, dass diese Detektoren auch für
die Suche nach Signalen von anderen Teilchen geeignet sind", erläutert Jack
Devlin, ein CERN-Forschungsstipendiat, der am BASE-Experiment arbeitet. BASE
steht für Baryon-Antibaryon-Symmetrie-Experiment. Nun hat das Team
einen der Detektoren als Antenne benutzt, um nach einer neuen Art von Axion-ähnlichen
Teilchen zu suchen.
Axionen oder Axion-ähnliche Teilchen sind Kandidaten für kalte Dunkle
Materie. Aufgrund astrophysikalischer Beobachtungen geht man davon aus, dass
etwa 26,8 Prozent des Materie-Energie-Gehalts des Universums aus Dunkler Materie
und nur etwa fünf Prozent aus normaler − sichtbarer − Materie bestehen; der Rest
ist die mysteriöse Dunkle Energie. Diese unbekannten Teilchen spüren die
Schwerkraft, reagieren aber kaum auf die anderen fundamentalen Kräfte, wenn sie
diese überhaupt erfahren.
Die etablierte Theorie der fundamentalen Kräfte und Teilchen, das
Standardmodell der Elementarteilchenphysik, enthält keine Teilchen mit den
passenden Eigenschaften für kalte Dunkle Materie. Da das Standardmodell jedoch
viele Fragen unbeantwortet lässt, haben Physiker darüber hinaus gehende Theorien
vorgeschlagen, von denen einige die Natur der Dunklen Materie erklären. Manche
dieser Theorien schlagen die Existenz von Axionen oder Axion-ähnlichen Teilchen
vor. Diese Theorien müssen getestet werden, und auf der ganzen Welt gibt es
viele Experimente, die nach diesen Teilchen suchen.
Das BASE-Experiment am CERN hat nun zum ersten Mal die Detektoren, die zum
Nachweis einzelner Antiprotonen entwickelt wurden, für die Suche nach Dunkler
Materie eingesetzt. Im Vergleich zu den großen Detektoren am LHC ist BASE ein
wesentlich kleineres Experiment. Der Antiprotonen-Entschleuniger des CERN
versorgt es mit Antiprotonen. BASE fängt diese Teilchen ein und speichert sie in
einer Penningfalle, einer Kombination aus elektrischen und starken magnetischen
Feldern. Um Kollisionen mit gewöhnlicher Materie zu vermeiden, wird die Falle
bei etwa fünf Kelvin (~−268 °C) betrieben, wo äußerst niedrige Drücke, ähnlich
denen im Weltraum, erreicht werden (10−18 mbar). In dieser extrem gut isolierten
Umgebung können Wolken von gefangenen Antiprotonen über Jahre hinweg existieren.
Durch sorgfältiges Einstellen der elektrischen Felder können die Physiker bei
BASE einzelne Antiprotonen isolieren und in einen separaten Teil der Falle
bringen. In diesem Bereich können sehr empfindliche resonante supraleitende
Detektoren die winzigen elektrischen Ströme nachweisen, die von einzelnen
Antiprotonen erzeugt werden, während sie sich in der Falle bewegen.
In der nun veröffentlichten Studie suchte das BASE-Team nach unerwarteten
elektrischen Signalen in ihren empfindlichen Antiprotonendetektoren. Das
Herzstück jedes Detektors ist eine kleine, etwa vier Zentimeter durchmessende,
Torus-förmige Spule, die ähnlich aussieht wie die Transformatorspulen, die man
in vielen gewöhnlichen elektronischen Geräten findet. Die BASE-Detektoren sind
jedoch supraleitend − haben also fast keinen elektrischen Widerstand, und alle
umgebenden Komponenten sind sorgfältig so gewählt, dass sie keine elektrischen
Verluste verursachen. Das macht die BASE-Detektoren extrem empfindlich gegenüber
elektromagnetischen Hochfrequenzfeldern.
Die Physikerinnen und Physiker nutzten jetzt erstmals das in der Penningfalle
gespeicherte Antiproton als Quantensensor, um das Hintergrundrauschen ihres
Detektors genau zu kalibrieren. Dann begannen sie, nach ungewöhnlichen aber
schwachen Signalen zu suchen, die möglicherweise von Axion-ähnlichen Teilchen
und ihren möglichen Wechselwirkungen mit Photonen verursacht werden. Im
untersuchten Frequenzbereich konnten sie bisher kein derartiges Signal
nachweisen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass es BASE gelungen ist, neue
Grenzen für die Masse Axion-artiger Teilchen zu setzen und ihre möglichen
Wechselwirkungen mit Photonen zu untersuchen.
Damit eröffnet BASE anderen Penningfallen-Experimenten die Möglichkeit, sich
an der Suche nach Dunkler Materie zu beteiligen. Verschiedene Änderungen können
die Detektionsempfindlichkeit weiter verbessern, um in Zukunft empfindlichere
Schranken an die Konversion der hypothetischen Axion-ähnlichen Teilchen in
Photonen zu setzen. "Mit dieser neuen Technik haben wir zwei bisher nicht
miteinander verbundene Zweige der Experimentalphysik kombiniert: die Axion-Physik
und die Hochpräzisions-Penningfallen-Physik. Unser Laborexperiment ist
komplementär zu astrophysikalischen Experimenten und besonders empfindlich im
niedrigen Axion-Massenbereich. Mit einem eigens dafür gebauten Messinstrument
könnten wir die Bandbreite und Empfindlichkeit erhöhen, um die Landschaft der
Axion-Suche mit Penningfallen-Techniken zu erweitern", hofft Stefan Ulmer,
Sprecher der BASE-Kollaboration.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Physical Review Letters erschienen ist.
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