Naturkonstanten bleiben konstant
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) astronews.com
8. Januar 2021
Einige moderne Stringtheorien, die beispielweise eine
Erklärung für die Dunkle Materie liefern könnten, stellen die Konstanz von
Naturkonstanten infrage. Nun hat ein Forschungsteam mithilfe von hochgenauen Atomuhren
nachgemessen: Trotz einer 20-fach verbesserten Genauigkeit fanden sie keinen
Hinweis dafür, dass die Konstanten nicht konstant sind.
Vergleiche zwischen Ytterbium- und
Cäsium-Atomuhren an verschiedenen Orten (x) und
zu verschiedenen Zeiten (t) untermauern die
Konstanz von Naturkonstanten.
Bild: PTB [Großansicht] |
Es klingt eigentlich trivial: Eine Naturkonstante sollte immer den gleichen
Wert besitzen, unabhängig davon, zu welcher Zeit oder an welchem Ort sie
bestimmt wird. Auch Einsteins berühmte Allgemeine Relativitätstheorie nutzt
diese grundlegende Annahme, die als lokale Positionsinvarianz (LPI) bekannt ist.
Mit einer jetzt vorgestellten Studie wird die Gültigkeit der LPI mit einem
deutlich verbesserten experimentellen Test nun untermauert.
Motiviert sind die Untersuchungen der Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) durch moderne
Stringtheorien, die LPI-Verletzungen, zum Beispiel zeitliche Variationen von
Naturkonstanten, vorhersagen. Auf der Suche nach einer experimentellen
Bestätigung solcher "neuen Physik" nutzten die Forschenden der PTB den Vergleich
ihrer hochgenauen Atomuhren und konnten Ergebnisse früherer Experimente bis zu
20-fach verbessern. Der Ausgang eines Experiments, das nicht von der Gravitation
abhängt, sollte unabhängig davon sein, zu welcher Zeit und an welchem Ort es
ausgeführt wird.
Grund für die Beschäftigung mit neuen theoretischen Modellen über den Aufbau
unserer Welt ist, dass das bisherige Verständnis der Physik mancherorts an seine
Grenzen stößt, zum Beispiel bei der Beschreibung von Dunkler Materie oder dem
Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie im All. Moderne Theorien, die
sich um eine Beschreibung dieser Phänomene bemühen, sagen Verletzungen der LPI
voraus, welche sich beispielsweise in Veränderungen von Naturkonstanten
manifestieren könnten.
Bekannte Naturkonstanten sind etwa die Feinstrukturkonstante α, die die Stärke der
elektromagnetischen Wechselwirkung beschreibt, und das Massenverhältnis von
Proton und Elektron µ. Diese Größen gehen in den Aufbau aller Atome und Moleküle
ein. Sie beeinflussen die atomaren Energieskalen und damit auch
Energieunterschiede zwischen atomaren Zuständen, die in Atomuhren als
Referenzfrequenz genutzt werden. Die Empfindlichkeit der Energieunterschiede
gegenüber den Naturkonstanten hängt stark vom jeweiligen atomaren System ab.
So verändert sich die Frequenz der Cäsium-Uhr, mit der die Basiseinheit der
Zeit - die Sekunde - realisiert wird, bei einer Variation von µ und von α.
Frequenzen optischer Atomuhren zeigen keine Abhängigkeit von µ, können aber zur
Detektion von α-Variationen genutzt werden. Besonders geeignet hierfür erscheint
das Ytterbium-Ion, das zwei optische Referenzübergänge mit stark
unterschiedlicher Abhängigkeit von α besitzt. Ein kombinierter Vergleich von
Ytterbium- und Cäsium-Uhren erlaubt somit eine Suche nach Veränderungen sowohl
von α als auch von µ.
Diesem Ansatz folgend verglichen Forscher der PTB ihre hochgenauen Atomuhren
über einen Zeitraum von mehreren Jahren und stellten fest, dass Änderungen im
Wert von α (α=0,007297...) pro Jahr höchstens ab der 21. Nachkommastelle
auftreten können. Dies ist die erste signifikante Verbesserung der Grenze einer
möglichen zeitlichen Variation von α seit über zwölf Jahren, mit einer um den
Faktor 20 höheren Genauigkeit. Für Änderungen von µ wurde das bisherige Limit um
den Faktor 2 verbessert.
Neben der Einschränkung einer potenziellen zeitlichen Veränderung begrenzen
die Daten ebenfalls eine mögliche räumliche Abhängigkeit der Naturkonstanten vom
Gravitationspotential der Sonne auf der Erdumlaufbahn. Im Rahmen der Messungen
wurde außerdem die Frequenz einer der beiden Ytterbium-Uhren mit höchster
Präzision bestimmt: Die bei 642 x 1012 Hz liegende Frequenz wurde mit einer
Genauigkeit von 0,08 Hz ermittelt und stellt die bisher genaueste Messung einer
optischen Frequenz mit Cäsium-Uhren dar.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Physical Review Letters erschienen ist.
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