Immer
konstant oder nicht?
Redaktion
astronews.com
27. Oktober 2004
Naturkonstanten wie die Lichtgeschwindigkeit, die Elementarladung oder die
Planckkonstante stellen in gewisser Weise das Grundgerüst der physikalischen
Theorien dar. Doch sind diese Konstanten wirklich konstant? Präzisionsmessungen
mit Atomuhren haben nun eine Obergrenze für eine mögliche zeitliche Änderung
ergeben.
Hatten die Naturkonstanten in der Frühzeit des Kosmos (hier das Hubble Ultra Deep Field)
die gleichen Werte wie heute? Braunschweiger Physiker haben
nachgemessen. Foto: NASA / ESA / S.
Beckwith und das HUDF-Team |
Ändern sie sich oder ändern sie sich nicht? Diese Frage treibt Astrophysiker
und Theoretiker seit vielen Jahren um, wenn die Rede auf Naturkonstanten kommt.
Sind Lichtgeschwindigkeit, Elementarladung oder Planckkonstante vom Anbeginn der
Zeiten mit sich identisch geblieben – wie die Behauptung, Naturkonstante zu
sein, vermuten lässt – oder nagt auch an diesen ehernen Größen der Zahn der
Zeit? Physiker der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig
haben jetzt mit Hilfe von Atomuhren und optischen Frequenznormalen eine
zeitliche Änderung der Feinstrukturkonstanten Alpha aufzuspüren versucht.
Das
Ergebnis: Die Wissenschaftler konnten mit ihren Präzisionsmessungen keine
Variation feststellen. Sollte sich Alpha dennoch zeitlich ändern, dann lediglich
um weniger als einen Bruchteil von 2 mal 10–15 pro Jahr und damit
unterhalb der heute erreichbaren Messgenauigkeit. In der kommenden Ausgabe des
Fachjournals Physical Review Letters werden die Ergebnisse präsentiert.
Ein Experiment, um eine Veränderung einer Naturkonstanten tatsächlich zu
beobachten, sieht im Prinzip so aus: Miss eine Naturkonstante heute, warte eine
Weile, miss die Naturkonstante erneut und schau nach, ob sich das Messergebnis
verändert hat. Je kürzer die verstrichene Zeit zwischen den beiden Messungen, um
so ähnlicher werden sich die beiden Messungen sein und um so genauer muss der
Experimentator hinsehen, um eine Änderung überhaupt erkennen zu können – denn
Naturkonstanten "leben" auf einer Zeitskala, die sich in Milliarden von Jahren
misst. Schnelle Veränderungen innerhalb weniger Jahre sind da nicht zu erwarten.
Die PTB-Physiker aus der Gruppe um Ekkehard Peik haben sich daher Zweierlei
genommen: Erstens etwas Zeit – genauer gesagt: drei Jahre –, um ihre Messungen
durchzuführen, und zweitens die präzisesten Messgeräte, die weltweit zur
Verfügung stehen: Atomuhren und optische Frequenznormale.
Atomuhren und andere Frequenznormale basieren darauf, dass Elektronen eines
Atoms von einem Energieniveau auf ein anderes wechseln können. Soll es ein
höheres Energieniveau sein, muss das Elektron mit einer Portion Energie
angeschubst werden. Solche elektronischen "Sprünge" haben sich Peik und seine
Kollegen angesehen, da sich die Sprunghöhe verändern würde, sollte die
Feinstrukturkonstante Alpha sich als wankelmütig erweisen. Ein Ytterbium-Ion in
einer elektrischen Falle diente als Messobjekt und die Mikrowellenfrequenz aus
einer Cäsium-Atomuhr als Referenz.
Bei den drei Jahre auseinander liegenden
Messungen konnten keine signifikanten Änderungen dieser "elektronischen
Sprunghöhen" beobachtet werden. Sollte es dynamische Entwicklungen der
Konstanten in der Frühzeit des Universums gegeben haben, so sind diese in
unserer Zeit offensichtlich so weit abgeklungen, dass sie an der Grenze heutiger
Messpräzision nicht nachweisbar sind.
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