Fehlschlag für kleine europäische Trägerrakete
von
Stefan Deiters astronews.com
17. November 2020
Rückschlag für die europäische Raumfahrt: Der Start eines
französischen und eines spanischen Satelliten an Bord einer Trägerrakete von Typ
Vega ist in der vergangenen Nacht gescheitert. Wegen eines Problems mit
der Oberstufe erreichten die Satelliten nicht die vorgesehene Umlaufbahn. Schuld
waren offenbar zwei vertauschte Kabel.
Start der Vega-Trägerrakete von Kourou in Französisch-Guayana
aus.
Bild: Arianespace [Großansicht] |
Raketenstarts sehen heute nach Routine aus, sind aber noch immer ein
gefährliches Geschäft, bei dem sich jeder auch noch so kleine - oder größere - Fehler bitter
rächen kann. Das zeigte sich wieder in der vergangenen Nacht, als es nicht
gelang, mit einer europäischen Vega-Rakete einen spanischen und einen
französischen Satelliten in die vorgesehene Umlaufbahn zu bringen. Nach einem
zunächst problemlosen Flug kam es nach dem
ersten Zünden der Avum-Oberstufe zu einer Abweichung von der vorgesehenen
Flugbahn. Wenig später erklärte das Unternehmen Arianespace die Mission für
gescheitert.
An Bord der Vega befanden sich mit SEOSAT-Ingenio der erste spanische
Erdbeobachtungssatellit sowie mit TARANIS (für Tool for the Analysis of
RAdiation from lightNIng and Sprites) ein Forschungssatellit der
französischen Raumfahrtagentur CNES, mit dem elektromagnetische Phänomene in der
oberen Atmosphäre untersucht werden sollten, die bei Gewittern entstehen.
Die Vega-Rakete ist die kleinste Rakete im Angebot des Unternehmens Arianespace. Sie kann Nutzlasten von bis zu 1,5 Tonnen in niedrige polare
Umlaufbahnen zwischen 300 und 1500 Kilometer Höhe einbringen. Der 30 Meter lange
Träger mit einem Durchmesser von drei Metern verfügt über drei
Feststoffantriebsstufen und eine Flüssigstoffantriebsstufe. Dabei kann die
Vega mehrere Nutzlasten mit einer Mission in den Weltraum befördern.
Nach dem erfolgreichen Erstflug der Vega im Februar 2012 konnten sich die
Verantwortlichen in Europa über 13 weitere erfolgreiche Missionen freuen. Die
15. Mission im Juli 2019 war allerdings ein Fehlschlag, pandemiebedingt konnte
der nächste Start dann erst im September 2020 stattfinden, dieser wieder
erfolgreich. Mit dem jetzigen Verlust sind zwei von drei der letzten
Vega-Missionen gescheitert - eine für das Vertrauen in die Rakete zumindest
psychologisch unschöne Serie.
Inzwischen erklärte Arianespace das Scheitern der Mission mit zwei
vertauschten Kabeln für die Steuerung in der Avum-Oberstufe. Dadurch sei es nach
deren Zündung zu einem Schlingern und schließlich zum Kontrollverlust gekommen.
Man sei überzeugt, dass es sich um einen Produktionsfehler, mangelnde Kontrolle
und menschliches Versagen handele, so ein Vertreter von Arianespace und nicht um
ein grundsätzliches Problem mit dem Design der Stufe.
Dieser Punkt dürfte entscheidend sein, soll doch bald die neue,
leistungsfähigere Vega-C in Betrieb gehen, die jedoch praktisch über die
gleiche Oberstufe verfügen wird. Ein grundsätzliches Problem damit hätte den
Erstflug der neuen Vega-Variante sicherlich deutlich verzögert. Aber auch jetzt
wird erst einmal eine gründliche Untersuchung klären müssen, ob die schnelle
Analyse der Arianespace-Fachleute tatsächlich zutreffend ist. Einen
Zusammenhang mit dem gescheiterten Flug im Sommer 2019 schloss Arianespace aus.
|