Erfolgreicher Jungfernflug für Vega
Redaktion
/ Pressemitteilung der ESA astronews.com
13. Februar 2012
Die neue ESA-Trägerrakete Vega hat heute ihren
Qualifikationsflug erfolgreich absolviert und kann nun als Ergänzung zu
den Raketen Ariane 5 und Sojus ihren Betrieb
aufnehmen. Damit lassen sich von Kourou aus nun alle denkbaren Missionen
starten - von kleinen Satelliten für Wissenschaft und
Erdbeobachtung bis hin zu Schwerlastmissionen wie dem ESA-Raumfrachter
ATV.

Start der Vega zu ihrem Jungfernflug.
Bild: ESA / S. Corvaja |
Die neue europäische Trägerrakete Vega hob um 11 Uhr MEZ (7.00
Uhr Ortszeit) von ihrer neuen Startanlage auf Europas Raumflughafen in
Kourou in Französisch-Guayana ab und absolvierte einen tadellosen
Qualifikationsflug. Die auf leichte Nutzlasten ausgerichteten
Startkapazitäten der Vega sind für ein breites Spektrum an
Satelliten zwischen 300 und 2.500 Kilogramm in vielen verschiedenen
Umlaufbahnen, von äquatorial bis sonnensynchron, ausgelegt. Typisches
Missionsprofil ist der Start eines 1.500 Kilogramm schweren Satelliten
in einen 700 Kilometer hohen kreisförmigen, sonnensynchronen Orbit.
Damit ergänzt die Vega die europäische Startdienstpalette, also den
Schwerlastträger Ariane 5 und die mittelgroße Sojus,
die sich bereits im Einsatz befinden. Die Bündelung des Betriebs dieser
drei Systeme von Französisch-Guayana aus bringt auch eine gesteigerte
Effizienz für die europäischen Startinfrastrukturen mit sich, da die
Betriebskosten auf eine größere Anzahl an Starts verteilt werden können.
"In kaum mehr als drei Monaten hat Europa die Zahl seiner
einsatzbereiten Träger von eins auf drei erhöht und damit die Palette
der vom europäischen Betreiber Arianespace angebotenen
Startdienste erheblich erweitert", so ESA-Generaldirektor Jean-Jacques
Dordain. "Es gibt keinen einzigen europäischen Satelliten mehr, der
nicht mit europäischen Startdiensten ins All befördert werden kann.
Heute ist ein großer Tag für die ESA, ihre Mitgliedstaaten und besonders
Italien, wo die Vega geboren wurde, für die europäische Industrie und
für Arianespace."
Die Entwicklung des Vega-Trägers wurde 2003 in Angriff
genommen. Sieben Mitgliedstaaten - Belgien, Frankreich, Italien, die
Niederlande, Spanien, Schweden und die Schweiz - haben Beiträge zu dem
Programm geleistet. "Dies ist ein stolzer Tag für Europa wie auch für
die rund 1.000 Menschen, die an der Entwicklung dieses weltweit
modernsten und wettbewerbsfähigsten Trägersystems für Kleinsatelliten
beteiligt gewesen sind", freute sich Antonio Fabrizi, ESA-Direktor für
Raumfahrzeugträger. "Innerhalb eines Entwicklungszeitraums von weniger
als zehn Jahren hat die ESA gemeinsam mit der technischen Unterstützung
der italienischen und der französischen Raumfahrtagentur sowie 40 vom
Hauptauftragnehmer ELV SpA koordinierten Industrieunternehmen diese
enorme Herausforderung in die Realität umsetzen können."
Beim Jungfernflug liefen alle drei Feststoffantriebsstufen der Vega
nach Plan. Die Oberstufe steuerte anschließend auf 1.450 Kilometer Höhe
in eine kreisförmige, um 69,5 Grad gegen den Äquator geneigte Umlaufbahn
und setzte dort ihre wichtigste Nutzlast, den zur Erforschung von
Relativitätsfragen mittels Laser gebauten Satelliten LARES, aus.
Dieser auf Basis einer Wolframlegierung gefertigte kugelförmige Satellit
mit einem Durchmesser von 37,6 cm ist mit 92 Laser-Retroreflektoren
bestückt. Die Spiegel ermöglichen hochpräzise Entfernungsmessungen zur
Untersuchung des von Einsteins Relativitätstheorie vorhergesagten
Thirring-Lense-Effekts.
Mit einem weiteren Manöver erreichte die Oberstufe daraufhin auf nur 350
km Höhe den niedrigsten Punkt einer elliptischen Umlaufbahn, um den
Technologiemikrosatelliten ALMASat-1 und die sieben winzigen, von
Hochschulen finanzierten Cubesat-Pikosatelliten auf ihren
Umlaufbahnen auszusetzen. Nach ausgeführtem Auftrag setzte die Oberstufe
ihren restlichen Treibstoff frei und wurde abgeschaltet. Um Risiken
durch neuen Raumfahrtschrott einzudämmen, verbleibt die Vega-Oberstufe
auf einer Umlaufbahn, von der aus sie in wenigen Jahre wieder in die
Erdatmosphäre eintreten und dort verglühen wird, so dass nur kleinere
Teile die Erdoberfläche erreichen können.
Auf dem Jungfernflug VV01 wurden große Mengen an Daten über die Leistung
der Vega und das Umfeld, dem die Nutzlasten ausgesetzt waren,
gesammelt. Diese Daten werden in den kommenden Wochen ausführlich
analysiert, um die volle Qualifikation des Vega-Startsystems
bestätigen zu können, das anschließend an Arianespace für die
Vermarktung und den Betrieb übergeben wird.
Mit der ersten Vega-Stufe P80FW wurde die Funktionsfähigkeit
neuer Technologien für große Feststofftriebwerke unter Flugbedingungen
unter Beweis gestellt. Dieses größte jemals eingesetzte monolithische
Feststofftriebwerk besteht aus einer Verkleidung aus Verbundwerkstoffen,
einer hochmodernen Düse und elektromechanischen Aktuatoren zur Steuerung
- weltweit eine Premiere für ein Triebwerk dieser Größenordnung. Diese
Technologien werden selbstverständlich auch bei künftigen Vega-Starts
zum Einsatz kommen. Darüber hinaus werden sie jedoch auch für
ESA-Studien über künftige Raumfahrzeugträger im Rahmen der Initiative
für einen Träger der nächsten Generation zur Verfügung stehen.
Für die Vega beginnt nun eine neue Phase, die im Zeichen des Programms
VERTA (Begleitendes Forschungs- und Technologieprogramm für Vega) stehen
wird. Im Rahmen von VERTA sind Vega-Starts für verschiedene
wissenschaftliche und technologische Missionen vorgesehen. Der nächste
Start ist für Anfang 2013 geplant, um den ESA-Fernerkundungssatelliten
Proba-V und mehrere zusätzliche Nutzlasten in den Orbit zu
bringen. Zu den weiteren im Rahmen des VERTA-Programms geplanten
ESA-Missionen gehören ADM-Aeolus zur Überwachung von
Windeigenschaften, LISA Pathfinder zur Demonstration von
Technologien zur Aufspürung von Gravitationswellen sowie das vorläufige
experimentelle Fahrzeug IXV zur Flugerprobung fortschrittlicher
Wiedereintrittstechnologien.
Der erste kommerzielle Vertrag für die Vega wurde von der
Betreibergesellschaft Arianespace bereits unterzeichnet,
Verhandlungen über weitere Verträge sind im Gange. Arianespace
erhielt im Dezember 2011 ferner im offenen Ausschreibungsverfahren den
Zuschlag für den Vertrag zum Start der Satelliten Sentinel-2B
und Sentinel-3B mit einer Vega-Trägerrakete. Diese
Missionen sind Teil des ESA-Programms für die Globale Umwelt- und
Sicherheitsüberwachung (GMES).
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