Erforschung von Schwarzen Löchern ausgezeichnet
von
Stefan Deiters astronews.com
6. Oktober 2020
Der Physik-Nobelpreis geht in diesem Jahr erneut an
Forscherinnen und Forscher, die sich mit einem astrophysikalischen Thema
beschäftigt haben: mit Schwarzen Löchern. Andrea Ghez und Reinhard Genzel wurden
für den Nachweis des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße
ausgezeichnet, Roger Penrose für seine theoretischen Arbeiten über Schwarze
Löcher.
Die Preisträger und die Preisträgerin des diesjährigen
Physik-Nobelpreises: Roger Penrose (von links), Reinhard
Genzel und Andrea Ghez.
Bild: Nobel Media / Niklas Elmehed[Großansicht] |
Und wieder geht der Physik-Nobelpreis an drei Forscherinnen und Forscher,
die sich mit astrophysikalischen Fragestellungen befassen, diesmal mit
Schwarzen Löchern. Dass die Preisträgerinnen und Preisträger - nach der Auszeichnung von Exoplaneten-Entdeckern
im vergangenen Jahr - auch in diesem Jahr wieder aus der Astrophysik kommen, hat
manche überrascht.
Das Nobelpreis-Komitee in Stockholm gab heute Vormittag
bekannt, dass der Physik-Nobelpreis 2020 zur einen Hälfte an Roger Penrose von
der University of Oxford geht, "für seine Entdeckung, dass die
Entstehung von Schwarzen Löchern eine sehr sichere Vorhersage der allgemeinen
Relativitätstheorie ist." Die andere Hälfte des diesjährigen Preises teilen
sich Andrea Ghez von der University of California in Los Angeles und
Reinhard Genzel vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, "für die
Entdeckung eines supermassereichen Objekts im Zentrum unserer Milchstraße."
Mit Roger Penrose wird ein theoretischer Astrophysiker geehrt, der nach dem
Tod Einsteins eine der wichtigsten Beiträge zur allgemeinen Relativitätstheorie
lieferte. Er zeigte, dass sich auf Grundlage dieser Theorie tatsächlich Schwarze
Löcher bilden können und beschrieb sie detailliert. Der verstorbene Stephen
Hawking dürfte ähnlich wichtige Beiträge auf diesem Gebiet geliefert haben,
allerdings werden Nobelpreise nur an noch lebende Personen verliehen.
Ganz konkrete Beobachtungen eines Schwarzen Lochs wurden mit der anderen
Hälfte des diesjährigen Physik-Nobelpreises ausgezeichnet: Die Forschungsgruppen
von Reinhard Genzel und Andrea Ghez bemühten sich beide darum, etwas mehr über
das im Zentrum der Milchstraße vermutete zentrale Schwarze Loch zu erfahren -
indem sie die Sterne beobachteten, die in direkter Umgebung um dieses
massereiche Objekte kreisen. Ihre Bahnen werden also extrem von der
Anziehungskraft des Schwarzen Lochs beeinflusst und verraten somit auch etwas
über dessen Masse.
Während Ghez mit ihrer Gruppe die Teleskope des Keck-Observatoriums auf
Hawaii nutzte, machten Genzel und Co. die Beobachtungen unter anderem mit dem
Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO in Chile. Beiden Gruppen
gelang es unabhängig voneinander die Bewegung der Sterne um das zentrale
massereiche Objekt zu vermessen und damit auch dessen Masse abzuschätzen: Sie
betrug mehr als vier Millionen Sonnenmassen. Damit konnte es sich bei diesem
Objekt praktisch nur um ein supermassereiches Schwarzes Loch handeln.
Mit Ghez wird erst die vierte Frau überhaupt mit einem Physik-Nobelpreis
ausgezeichnet. In einer Stellungnahme nach der Bekanntgabe der Preisträgerinnen
und Preisträger sagte Ghez: "Ich hoffe, ich kann andere junge Frauen für dieses
Feld begeistern. Es ist ein Forschungsbereich, der so viele Möglichkeiten bietet
und wer eine Leidenschaft für Wissenschaft besitzt, wird hier ein weites
Betätigungsfeld finden."
"Die Entdeckungen der diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger haben
neue Wege für das Studium von kompakten und supermassereichen Objekten
eröffnet", so der Vorsitzende des Komitees für den Physik-Nobelpreis David
Haviland. "Allerdings geben uns diese exotischen Objekte noch immer Rätsel auf,
die nach Antworten verlangen und weitere Forschung motivieren. Dabei geht es
nicht nur um Fragen über ihre innere Struktur, sondern auch darum, wie man
unsere Gravitationstheorie unter den extremen Bedingungen in der unmittelbaren
Nähe von Schwarzen Löchern testen kann."
Der Physik-Nobelpreis ist mit zehn Millionen Schwedischen Kronen dotiert, was
knapp einer Millionen Euro entspricht. Fünf Millionen Kronen gehen an Penrose,
Ghez und Genzel teilen sich die anderen fünf Millionen Kronen. Die offizielle
Verleihung der Nobelpreise finde am 10. Dezember in Stockholm statt, nur der
Friedensnobelpreis wird in Oslo verliehen.
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