Amateurastronom entdeckt Doppelnukleus
von
Stefan Deiters astronews.com
12. Februar 2020
Die Galaxie NGC 4490 im Sternbild Jagdhunde bildet zusammen
mit NGC 4485 ein wechselwirkendes Galaxiensystem und wurde dank seiner
Entfernung von nur rund 30 Millionen Lichtjahren bereits gründlich untersucht.
Doch offenbar nicht gründlich genug: Ein Elektroingenieur im Ruhestand und
Amateurastronom stellte nun fest, dass NGC 4490 über zwei Kerne verfügt.
Der Amateurastronom und Elektroingenieur Allen Lawrence war an
der Entdeckung eines Doppelnukleus der Galaxie NGC 4490
beteiligt. Foto:
Iowa State University / Christopher Gannon [Großansicht] |
Der heute 77-jährige Allen Lawrence ist schon seit langer Zeit passionierter
Amateurastronom und verdiente seinen Lebensunterhalt als Elektroingenieur und
Inhaber eines Beratungsbüros. Im Ruhestand erfüllte er sich dann einen
Traum und begann ein Astrophysikstudium an der University of
Wisconsin-Madison, in dessen Rahmen er sich auch an der
aktiven Forschung beteiligen wollte.
Man bot ihm daraufhin zwei Objekte zur näheren Untersuchung an: Er entschied
sich für NGC 4490, eine kleine Balkenspiralgalaxie, die zusammen mit der
kleineren NGC 4485 ein wechselwirkendes Galaxienpaar bildet, das unter der
Bezeichnung Arp 269 bekannt ist. Es befindet sich rund 30 Millionen Lichtjahre
von der Erde entfernt im Sternbild Jagdhunde.
Nach einem Blick auf Infrarotaufnahmen von NGC 4490, die mit dem Wide-field
Infrared Survey Explorer der NASA gewonnen wurden, fiel Lawrence auf, dass die
Galaxie so aussah, als würde sie über einen seltenen Doppelkern verfügen -
der eine Kern war nur bei Beobachtungen im sichtbaren Bereich des Lichtes zu
sehen, der andere zeigte sich nur im Infraroten und bei Radiobeobachtungen.
Nach einigen Jahren weiteren Untersuchungen veröffentlichte Lawrence, der
2018 an der Iowa State University seinen Master gemacht hat,
jetzt
zusammen mit anderen Astronomen eine Studie, in der detailliert dargelegt wird,
dass NGC 4490 tatsächlich über einen doppelten Kern verfügt. "Ich habe den
Doppelnukleus erstmals vor etwa sieben Jahren gesehen", erinnert sich Lawrence.
"Er wurde zuvor nie beobachtet oder es hat sich niemand dafür interessiert."
Das könnte einen recht simplen Grund haben: So wäre es möglich, dass
Astronomen bei ihren Beobachtungen im sichtbaren Bereich des Lichtes einen der
beiden Kerne gesehen haben, während andere Astronomen bei ihren Untersuchungen
im Radiobereich den anderen Kern gesehen haben. Nur haben beiden Gruppen nie
verglichen, was sie genau beobachtet haben und dadurch den doppelten
Galaxienkern einfach übersehen.
Beiden Kerne haben in etwa eine ähnliche Masse und Helligkeit und könnten ein
Hinweis darauf sein, dass NGC 4490 vor langer Zeit durch die Kollision und
Verschmelzung von zwei Galaxien entstanden ist. Dies würde auch erklären, warum
das System von einer ungewöhnlich großen Wolke aus Wasserstoff umgeben ist. Das
Besondere an NGC 4490 ist, dass es sich um ein vergleichsweise kleines System
mit einem Doppelnukleus handelt.
Für das Team ist der Nachweis ein neuer Beleg dafür, dass es sich lohnt,
astronomische Objekte in verschiedenen Wellenlängenbereichen zu beobachten, um
ein Gesamtbild zu erhalten. Die Studie über die Galaxie NGC 4490 und ihren
Doppelnukleus wurde von der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal
zur Veröffentlichung angenommen.
|